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Mercy-Thompson 03 - Spur der Nacht-retail-ok

Titel: Mercy-Thompson 03 - Spur der Nacht-retail-ok
Autoren: Patricia Briggs
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Ruf verantwortlich waren.
    Zee trommelte unglücklich mit den Fingern auf dem
Lenkrad herum – Fingern, denen man deutlich ansah, dass ihr Besitzer sein Leben mit der Reparatur von Autos verbracht hatte, zäh und vernarbt, und mit so tief sitzenden Ölflecken, dass nicht einmal Bimssteinseife sie entfernen konnte.
    Es waren die richtigen Hände für den Menschen, als der Zee sich ausgab. Als die Grauen Lords, die mächtigen und unbarmherzigen Wesen, die insgeheim über das Feenvolk herrschten, ihn vor ein paar Jahren gezwungen hatten, gegenüber der Öffentlichkeit zuzugeben, was er war, hatte Zee sich nicht die Mühe gemacht, sein Äußeres zu ändern.
    Ich kannte ihn ein wenig länger als zehn Jahre, und dieses mürrische Altmännergesicht war das einzige, das ich je gesehen hatte. Er hatte noch ein anderes, das wusste ich. Die meisten Angehörigen des Feenvolks, die unter Menschen lebten, benutzten einen Schutzzauber, selbst wenn sie offiziell zugaben, was sie waren. Die Menschen waren einfach nicht dazu in der Lage, mit dem wahren Aussehen des Feenvolks fertig zu werden. Sicher, einige von ihnen sahen beinahe menschlich aus, aber sie alterten nicht. Zees schütter werdendes Haar und die faltige Haut mit den Altersflecken waren deutliche Anzeichen, dass er nicht sein wahres Gesicht zeigte. Seine mürrische Miene stellte allerdings keine Verkleidung dar.
    »Iss oder trink nichts, wenn wir dort sind«, sagte er plötzlich.
    »Ich habe die Märchen gelesen«, erinnerte ich ihn. »Nichts essen, nichts trinken. Niemandem einen Gefallen tun. Und ich werde mich auch bei niemandem bedanken.«

    Er grunzte. »Märchen. Verdammte Kindergeschichten.«
    »Ich habe auch Katherine Briggs gelesen«, widersprach ich. »Und Grimms Märchen in der ursprünglichen Fassung.« Überwiegend hatte ich versucht, dort einen Angehörigen des Feenvolks zu finden, der Zee hätte sein können. Er redete nicht darüber, aber ich denke, er war einmal eine wichtige Person. Also hatte ich eine Art Hobby daraus gemacht, herausfinden zu wollen, wer er war.
    »Besser. Aber nicht viel.« Er trommelte schneller. »Briggs war eine Archivarin. Ihre Bücher sind nur so korrekt wie ihre Quellen, und die sind überwiegend gefährlich unvollständig. In den Geschichten der Brüder Grimm steht mehr der Unterhaltungswert im Vordergrund als die Wirklichkeit. Sie sind beide nur Schatten …« Das Letztere sagte er auf Deutsch. »Nur Schatten der Wirklichkeit.« Dann warf er mir einen raschen, suchenden Blick zu. »Onkel Mike ist auf die Idee gekommen, dass du uns bei dieser Sache helfen könntest. Ich dachte, es wäre eine bessere Bezahlung, als du sonst erwarten könntest.«
    Damit ich den Vampir töten konnte, der immer mehr von dem Dämon übernommen worden war, der ihn zu einem Zauberer gemacht hatte, war Zee bereit gewesen, sich dem Zorn der Grauen Lords auszusetzen, um mir ein paar Schätze des Feenvolks zu leihen. Ich hatte diesen Vampir tatsächlich umgebracht, und dann auch den, der ihn erschaffen hatte. Und wie in den Geschichten hat es Folgen, wenn man ein Geschenk des Feenvolks einmal zu oft benutzt.
    Wenn ich gewusst hätte, dass das hier Bezahlung für
die erwiesenen Gefallen sein würde, wäre ich vorsichtiger gewesen: Als ich das letzte Mal einen Gefallen erwidern wollte, war das nicht gut ausgegangen.
    »Schon in Ordnung«, sagte ich trotz des Knotens in meinem Magen.
    Er sah mich mürrisch an. »Ich habe nicht daran gedacht, was es bedeuten könnte, dich nach Einbruch der Dunkelheit zum Reservat zu bringen.«
    »Es gibt doch auch andere, die ins Reservat gehen«, sagte ich, obwohl ich nicht wirklich sicher war, ob das stimmte.
    »Nicht Leute wie du, und nach Einbruch der Dunkelheit gibt es keine Besucher.« Er schüttelte den Kopf. »Wenn ein Mensch das Reservat betritt, sieht er, was er sehen soll, besonders bei Tageslicht, wenn Menschenaugen leichter zu täuschen sind. Aber du … Die Grauen Lords haben verboten, Menschen zu jagen, aber es gibt Raubtiere unter uns, und es fällt ihnen schwer, gegen ihre Natur zu handeln. Besonders, wenn die Grauen Lords, die diese Regeln aufgestellt haben, nicht hier sind – nur ich bin hier. Und wenn du etwas siehst, was du nicht sehen solltest, wird es Leute geben, die behaupten, nur schützen zu wollen, was sie schützen sollten …«
    Erst als er ins Deutsche überging erkannte ich, dass er überwiegend mit sich selbst geredet hatte. Dank Zee war mein Deutsch inzwischen besser als nach zwei Jahren auf
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