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Mercy Thompson 01 - Ruf des Mondes-retail

Titel: Mercy Thompson 01 - Ruf des Mondes-retail
Autoren: Patricia Briggs
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Schlüssel drehte. Diesmal sprang der Dieselmotor sofort an und begann zu schnurren. Ich weiß nie, ob der Golf funktionieren wird oder nicht. Ich fahre ihn, weil er billig ist, nicht etwa, weil ich ihn für ein gutes Auto halte.

    Am Sonntag ging ich zur Kirche. Meine Kirchengemeinde ist so klein, dass sie sich den Pastor mit drei anderen teilt – eine dieser nicht konfessionsgebundenen Gruppen, die so damit beschäftigt sind, niemanden zu verdammen, dass sie nicht gerade über sonderlich große Anziehungskraft verfügen. Es gibt nicht viele Leute, die regelmäßig kommen, und wir lassen einander überwiegend in Ruhe. Da ich mich in der wahrhaft einzigartigen Position befinde, mir vorstellen zu können, wie die Welt ohne Gott und seine Kirchen aussähe, die das schlimmste Böse in Schach halten, nehme ich stets fromm an den sonntäglichen Gottesdiensten teil.
    Es liegt nicht an den Werwölfen. Werwölfe können gefährlich sein, wenn man ihnen in die Quere kommt, aber wenn man vorsichtig ist, lassen sie einen in Ruhe. Sie sind nicht schlimmer als ein Grizzly oder ein großer weißer Hai.
    Es gibt jedoch auch andere Geschöpfe, die sich im Dunkeln verbergen und erheblich übler sein können – und Vampire stellen dabei nur die Spitze des Eisbergs dar. Sie können ihr Wesen sehr gut vor der menschlichen Bevölkerung verstecken, aber ich bin kein Mensch. Ich erkenne sie, wenn ich ihnen begegne, und sie kennen mich ebenfalls; also gehe ich jede Woche zur Kirche.
    An diesem Sonntag war unser Pastor krank, und der Mann,
der für ihn einsprang, hatte als Thema seiner Predigt Exodus 22, 17 ausgewählt: »Die Hexen sollst du nicht am Leben lassen.« Bei seiner Interpretation schloss er auch das Feenvolk ein, und er verströmte eine solche Aura von Angst und Wut, dass ich beide Gefühle von meinem Platz aus beinahe körperlich wahrnehmen konnte. Es waren Menschen wie er, die dafür gesorgt hatten, dass der Rest der übernatürlichen Gemeinschaft sich weiterhin versteckte, beinahe zwei Jahrzehnte, nachdem das geringere Feenvolk gezwungen gewesen war, sich der Öffentlichkeit zu stellen.
    Vor etwa dreißig Jahren begannen die Grauen Lords, die machtvollen Magier, die über das Feenvolk herrschen, sich wegen der Fortschritte in den Naturwissenschaften Sorgen zu machen – besonders, was die forensische Wissenschaft anging. Sie sahen voraus, dass die Zeit des Versteckens bald ein Ende finden würde. Also beschlossen sie, den Schaden so gut wie möglich zu begrenzen und dafür zu sorgen, dass die Menschen die Magie der Welt so unbedrohlich wie möglich wahrnahmen. Sie warteten auf eine passende Gelegenheit.
    Als Harlan Kincaid, der ältere Immobilienmakler-Milliardär, tot neben seinen Rosenbüschen gefunden wurde, eine Gartenschere im Hals, fiel der Verdacht auf seinen Gärtner Kieran McBride, einen Mann mit leiser Stimme und freundlichem Gesicht, der viele Jahre für Kincaid gearbeitet und einige Preise für seine Gärtnerei gewonnen hatte.
    Wie beinahe alle Amerikaner sah ich Ausschnitte der Verhandlung im Fernsehen. Der sensationelle Mord an einem der reichsten Männer des Landes, der zufällig mit einer sehr beliebten jungen Schauspielerin verheiratet gewesen war, sicherte den Fernsehstationen hohe Einschaltquoten.
    Mehrere Wochen beschäftigte der Mord die Nachrichtenkanäle. Die Welt bekam Carin Kincaid zu sehen, über deren
von der Sonne Kaliforniens gebräunte Wangen Tränen liefen, als sie beschrieb, wie sie ihren toten Mann neben seinem liebsten Rosenbusch fand, der in Stücke gehackt worden war. Ihr Auftritt vor Gericht wäre sicher einen Oscar wert gewesen, aber was als Nächstes geschah, spielte sie locker an die Wand.
    Kieran McBride wurde von einer teuren Gruppe von Anwälten verteidigt, die unter viel Publicity zugestimmt hatte, den Fall umsonst zu übernehmen. Sie riefen ihren Mandanten in den Zeugenstand und brachten den Staatsanwalt geschickt dazu, McBride zu bitten, die Gartenschere in die Hand zu nehmen.
    Er versuchte es. Aber seine Hände begannen beinahe sofort zu qualmen, und er ließ die Schere fallen. Auf Bitten seines Anwalts zeigte er den Geschworenen die von Blasen überzogene Haut der Handflächen. Er konnte auf keinen Fall der Mörder sein, sagte der Anwalt dem Richter, den Geschworenen und dem Rest der Welt, denn Kieran McBride gehöre zum Feenvolk. Er war ein Gartenkobold, und er konnte kein kaltes Eisen anfassen, nicht einmal mit den dicksten Lederhandschuhen.
    In einem dramatischen Augenblick
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