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Mercy Thompson 01 - Ruf des Mondes-retail

Titel: Mercy Thompson 01 - Ruf des Mondes-retail
Autoren: Patricia Briggs
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Werwolf verwandelt, der nicht weiß, was er ist.
    In meinem Kopf übersetzte ich Macs Hälfte des Gesprächs in das Bild eines Jungen, der einen Schulball verlässt, um mit seiner Freundin unter dem Vollmond zu schmusen, ohne zu wissen, was er ist. Neue Werwölfe können sich, solange sie nicht von einem starken, dominanten Wolf angeleitet werden, die ersten paar Male, wenn sie sich verwandeln, kaum beherrschen.
    Wenn Mac so ein neuer Werwolf war, würde das erklären, wieso ihm nicht auffiel, dass ich mich von den anderen Leuten in der Nähe unterschied. Er musste erst lernen, seine Sinne richtig zu nutzen.
    Hier in den Staaten wurden Werwölfe meist von ihren Freunden und ihrer Familie in ihre neue Situation eingeführt. Es gibt eine Hilfsorganisation, um den neuen Wolf auszubilden und dafür zu sorgen, dass er und alle in seiner Umgebung in Sicherheit sind – aber es kommt auch hin und wieder noch zu Angriffen durch abtrünnige Werwölfe. Eine der Pflichten eines Rudels besteht darin, diese Abtrünnigen umzubringen und ihre Opfer zu finden.
    Trotz der Geschichten verwandelt sich nicht jeder, der von einem Werwolf gebissen wird, selbst in einen. Es braucht eine so bösartige Attacke, dass das Opfer beinahe stirbt, damit die Magie des Wolfs am Immunsystem des Körpers vorbeischlüpfen kann. Solche Situationen tauchen in den Schlagzeilen für gewöhnlich als »Mann von tollwütigen Hunden angegriffen« auf. Im Allgemeinen stirbt das Opfer an den Wunden. Wenn es überlebt, erholt es sich schnell und wie durch ein Wunder – bis zum nächsten Vollmond, wenn es erfährt, dass es nicht wirklich überlebt hat –, zumindest nicht als die gleiche
Person. Meist wird ein Rudel einen neuen Wolf vor der ersten Veränderung finden und ihm bei seinem Weg in sein neues Leben helfen. Die Rudel behalten die Medien im Auge, um zu verhindern, dass ein neuer Wolf allein ist – und um ihre eigenen Geheimnise zu schützen.
    Vielleicht hatte niemand Mac gefunden. Vielleicht hatte er seine Freundin umgebracht, und nachdem er sich wieder in einen Menschen verwandelt hatte, nicht glauben wollen, was geschehen war. Wie auch immer, ich war davon ausgegangen, dass er sein Rudel verlassen hatte, aber wenn er wirklich ein neuer und vollkommen ahnungsloser Wolf war, stellte er tatsächlich eine Gefahr dar.
    Ich brach die verrostete alte Mutter ab, weil ich nicht mehr auf sie geachtet hatte. Als Mac von seinem Telefonat zurückkehrte, arbeitete ich mit einem Bolzenlöser, dem am unpassendsten benannten Werkzeug auf der Welt – es hat nichts an sich, das wirklich hilft, einen festgerosteten Bolzen zu lösen.
    Ich hatte nicht vorgehabt, etwas zu sagen, aber die Worte brachen trotzdem aus mir heraus. »Ich kenne vielleicht jemanden, der dir helfen kann.«
    »Niemand kann mir helfen«, erwiderte er müde. Dann lächelte er, was überzeugender gewesen wäre, wenn es nicht so traurig ausgesehen hätte. »Ich komme schon zurecht.«
    Ich legte den sogenannten Bolzenlöser hin und sah ihn an.
    »Ja, das denke ich auch«, sagte ich und hoffte, keinen Fehler zu machen, indem ich ihn nicht weiter bedrängte. Ich musste Adam unbedingt vor dem nächsten Vollmond von ihm erzählen. »Ich wollte dich nur daran erinnern, dass ich oft schon vor dem Frühstück sechs unmögliche Dinge glaube.«
    Seine Mundwinkel zuckten. »Lewis Carroll.«
    »Und da heiß es, die Jugend sei ungebildet!«, antwortete ich. »Wenn du mir vertraust, wirst du vielleicht feststellen,
dass meine Freunde dir besser helfen können, als du gedacht hättest.« Das Telefon klingelte, und ich wandte mich wieder der Arbeit zu. »Bitte geh ans Telefon, Mac«, sagte ich.
    So spät im Jahr war es bereits dunkel, als wir um sechs fertig wurden. Er stand auf und sah mich an, als ich aufblickte, und dachte offenbar über etwas nach. Ich konzentrierte mich auf das Schloss, um ihm Zeit zu lassen, aber er entscheid sich offenbar anders.
    »Bis Morgen«, sagte er schließlich.
    »Also gut.« Und dann frage ich impulsiv: »Hast du einen Schlafplatz?«
    »Sicher«, antwortete er lächelnd und ging so hastig davon, als hätte er irgendwo einen Termin.
    Ich hätte mir die Zunge abbeißen können, weil ich ihn zu einer Lüge gedrängt hatte. Sobald er begann, mich anzulügen, würde es schwieriger werden, ihn daran zu gewöhnen, mir die Wahrheit anzuvertrauen. Ich weiß nicht, wieso das so ist, aber so läuft es nun mal – zumindest nach meiner Erfahrung.
    Ich versetzte mir auf dem ganzen Weg nach Hause
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