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Mercy Thompson 01 - Ruf des Mondes-retail

Titel: Mercy Thompson 01 - Ruf des Mondes-retail
Autoren: Patricia Briggs
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ließ McBride den Schutzzauber fallen, der ihn hatte menschlich wirken lassen. Er sah nicht gut aus, ganz im Gegenteil, aber jeder, der einmal einen Shar-Pei-Welpen gesehen hat, weiß, welches Charisma in einer gewissen Art von Hässlichkeit liegt. Einer der Gründe, wieso die Grauen Lords McBride ausgewählt hatten, bestand darin, dass Gartenkobolde sanftmütig und putzig anzuschauen sind. Seine bekümmerten, übergroßen braunen Augen zierten wochenlang die Titelblätter von Zeitschriften, für gewöhnlich zusammen mit alles andere als schmeichelhaften Fotos von Kincaids Frau, die später des Mordes an ihrem Mann überführt wurde.
    Und so traten die geringeren Angehörigen des Feenvolks,
die Schwachen und Ansehnlichen, auf Geheiß der Grauen Lords in die Öffentlichkeit. Die Großen und Schrecklichen, die Mächtigen oder mächtig Hässlichen aber blieben verborgen und warteten die Reaktion der Welt auf ihre verträglicheren Artgenossen ab. Hier, sagten die Imageberater der Grauen Lords, die auch McBrides Anwälte gewesen waren, hier sind die, die sich bisher verborgen hielten: die sanftmütige Koboldin, die zu einer Kindergärtnerin wurde, weil sie Kinder so liebt, der junge Mann, der eigentlich ein Selkie, ein Wassergeschöpf, ist und sein Leben aufs Spiel setzte, um die Opfer eines Schiffsunglücks zu retten.
    Zuerst sah es so aus, als würde sich die Strategie der Grauen Lords für alle Übernatürlichen positiv auswirken, Feenvolk oder nicht. In New York und L.A. entstanden Restaurants, in denen sich die Reichen und Berühmten von Waldelfen und kleinen Erdgeistern bedienen ließen. Hollywood-Mogule drehten eine Neufassung von Peter Pan mit einem Jungen, der wirklich fliegen konnte, und einer echten Fee als Tinkerbell – der Film spielte an den Kinokassen Rekordgewinne ein.
    Aber von Beginn an gab es auch Ärger. Ein bekannter Tele-Evangelist nutzte die Angst vor dem Feenvolk, um seinen Zugriff auf seine Herde und deren Bankkonten zu festigen. Konservative Gesetzgeber brachten mit Propaganda eine neue Registrierungspolitik ins Rollen. Die Regierungsagenturen legten insgeheim Listen von Angehörigen des Feenvolks an, die sie für nützlich hielten – oder die gefährlich werden konnten, denn auch überall in Europa und in Teilen von Asien waren die Geringeren aus dem Feenvolk von den Grauen Lords aus ihren Verstecken gezwungen worden.
    Als die Grauen Lords Zee, meinen alten Boss, vor fünf oder sechs Jahren anwiesen, sich zu zeigen, verkaufte Zee mir erst einmal die Werkstatt und ging dann in den Ruhestand. Er
hatte gesehen, was einigen vom Feenvolk zugestoßen war, die versucht hatten, weiterzuleben, als wäre nichts passiert.
    Es war in Ordnung, solange jemand im Unterhaltungsgeschäft oder als Touristenattraktion arbeitete, aber die Kobold-Kindergärtnerin wurde bald schon unauffällig in Pension geschickt. Niemand wollte so jemanden als Lehrer, Mechaniker oder Nachbar.
    Die Fenster von Angehörigen des Feenvolks, die in teureren Vorstädten lebten, wurden eingeschlagen, und boshafte Graffiti wurden auf ihre Häuser gesprüht. Jene, die an weniger gesetzestreuen Orten wohnten, wurden überfallen und geschlagen. Sie konnten sich nicht verteidigen, weil sie Angst vor den Grauen Lords hatten. Was immer die Menschen ihnen antaten, die Grauen Lords würden schlimmer sein, wenn sie sich wehrten.
    In den Staaten führte die Welle von Gewalt schließlich zur Schaffung von vier großen Reservaten. Zee erzählte mir, es gebe Angehörige des Feenvolks in der Regierung, die die Reservate als Schadenskontrolle betrachteten und legale und illegale Mittel einsetzten, um den Rest des Kongresses zu überzeugen.
    Wenn ein Angehöriger des Feenvolks zustimmte, in einem solchen Reservat zu leben, bekam er ein Haus und ein monatliches Gehalt. Ihre Kinder (wie Zees Sohn Tad) erhielten Stipendien für gute Universitäten, wo sie nützliche Angehörige der Gesellschaft werden konnten … immer vorausgesetzt, sie fanden nach ihrem Abschluss eine Stelle.
    Die Reservate riefen auf beiden Seiten eine kontroverse Diskussion hervor. Ich persönlich dachte, die Grauen Lords und die Regierung hätten sich besser erst einmal die unzähligen Probleme in den Eingeborenenreservaten ansehen sollen, aber Zee war überzeugt, dass all das nur einen ersten Schritt
in den Plänen der Grauen Lords darstellte. Ich wusste gerade so eben genug über sie, um zuzugeben, dass er recht haben könnte – aber ich machte mir trotzdem Gedanken. Wie auch
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