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Merani und die Schlange unter dem Meer

Merani und die Schlange unter dem Meer

Titel: Merani und die Schlange unter dem Meer
Autoren: Carl Hanser Verlag
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Meilen war. Damit war ihre Heimat, wie Kip sich ausgedrückt hatte, kaum mehr als ein Möwenschiss auf einem Segel im Vergleich zu den unbekannten Weiten, die sie umgaben. Allerdings war es ihrem Freund nicht gelungen, auf seinen Fahrten mehr als ein paar winzige, unbewohnte Inseln zu entdecken. Daher lächelten viele Leute über seine Begeisterung für etwas, das es offensichtlich nicht gab.
    Mera bemerkte, dass ihr Ehemann seinen Gedanken nachhing, und legte die Hand auf seinen Arm, um seine Überlegungen mitzuverfolgen. Dann nickte sie erleichtert. »Wenn die Welt wirklich so groß ist, wie Kip sagt, haben die Zauberstürme genügend Raum, sich auszutoben. Draußen auf See kann nichts passieren, denn die Eilande, die er entdeckt hat, sind für Ansiedlungen viel zu klein.«
     
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    Als die Bediensteten die Tische abräumten, war die Spannung im Thronsaal beinahe mit Händen zu greifen. Bis auf die weißen Meandhir-Anhänger hatten sich Vertreter aller magischen Farben eingefunden, darunter sogar die Hofmagier und Hofhexen einiger Reiche. Niemand wusste genau, weshalb das Magierkaiserpaar zu dieser Versammlung eingeladen hatte, aber jedem war klar, dass es mit den magischen Stürmen zu tun haben musste. Als Mera die Hand hob, um die Aufmerksamkeit der Anwesenden auf sich zu lenken, erstarben die leise geführten Unterhaltungen, und alle blickten erwartungsvoll zu ihr hoch.
    »Freunde, Magier, geehrte Damen und Herren! Es ist nun sechs mal sechs Jahre her, dass mein Gemahl und ich noch als halbe Kinder diesen Thron hier bestiegen haben, um zu verhindern,dass er noch ein weiteres Mal so missbraucht werden kann, wie es bereits zweimal geschah. In dieser Zeit vermochten wir mit seiner Hilfe vieles zu vollbringen. Doch seit einigen Monaten quälen uns große Sorgen. Es begann vor einem Jahr mit dem ersten magisch aufgeheizten Unwetter, das wir nur mit großer Mühe von den bewohnten Inseln fernhalten konnten. Damals hegten wir noch keinerlei Befürchtungen, denn es sind immer mal wieder magische Stürme entstanden, und all diese vermochten wir aufzulösen, bevor sie Schaden anrichten konnten.
    Doch seit jenem schlimmen Tag folgt ein magischer Sturm dem anderen, und ihnen wohnt so viel Kraft inne, dass sie sich nicht mehr durch den Feuerthron beherrschen lassen. Daher können wir die entfesselten Gewalten nur so steuern, dass sie über das Meer davonziehen und sich in der Ferne austoben. Vor einigen Wochen ist jedoch etwas noch Erschreckenderes geschehen. Der Feuerthron hat sich bei einem dieser Unwetter gegen uns gewandt und den Sturm auf uns gezogen. Nur mit viel Glück und der Unterstützung unserer Tochter ist es uns gelungen, auch diesen Sturm noch abzulenken. Nun fragen wir uns, wie es weitergehen soll.«
    Als Mera schwieg, saßen ihre Gäste wie erstarrt da. Bis jetzt hatten sie das Magierkaiserpaar auf dem Feuerthron als Garant für die Sicherheit ihrer Inseln angesehen. Doch wenn es selbst diesen beiden nicht mehr gelang, das Artefakt zu beherrschen, würde ihre Welt unweigerlich in den katastrophalen Unwettern untergehen.
    Nach einigen Minuten betretenen Schweigens erhob sich Torrix aus Ilyndhir. »Diese Nachrichten erfüllen mich mit großer Sorge. Schon jetzt kann es kein Schiff mehr wagen, sich von den Küsten der Inneren See zu entfernen, wenn es nicht von den Stürmen verschlungen werden will, und in den östlichen Hafenorten von Ilyndhir gab es bereits zerstörerische Hagelschläge, Gewitter und Überschwemmungen, denen auch Menschen zum Opfer gefallen sind. Meine Magier und ich versuchen zwar, zu retten, was zu retten ist. Doch unsere Macht ist im Vergleich zu der Euren eine kleineFlamme gegen das helle Licht der Sonne. Wenn ihr die Stürme nicht mehr beherrschen könnt, wer vermag es dann noch zu tun?«
    »Niemand!«, rief Etharan, der junge Hofmagier von Malvone, erregt aus. Das magische Licht, das ihn erfüllte, flackerte nur schwach, und Mera vermochte ihn anzublicken, ohne dass sich ihre Sinne gegen sein intensives Grün sträubten.
    Er verneigte sich tief vor Girdhan und Mera. »Erhabenes Kaiserpaar, verehrte Anwesende! Ich muss mich den Ausführungen des Herrn Torrix anschließen. Die Innere See können auch wir Malvoner nicht einmal mehr unter magischen Schutzschirmen befahren, und unsere Küsten werden ebenfalls von verheerenden Wolkenbrüchen und Überschwemmungen heimgesucht. Dabei hatten wir bislang noch Glück. Wäre nur einer dieser Stürme über Malvone selbst gezogen, hätte er große
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