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Mephistos Erben: Kriminalroman (German Edition)

Mephistos Erben: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Mephistos Erben: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Sophie Heeger
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auszubeuten, mit ihnen zu spielen und sie dann in den Tod zu schicken, ergriff Besitz von ihr. Es war die absolute Vergeltung. Lea betrachtete dieses Gesicht hinter der Scheibe, in dem sich Spuren von Hass, Verbitterung und Triumph eingegraben hatten.
    »Welche Rolle haben Frau Hollmann und Frau Faradiz gespielt?«, fragte nebenan Frau Kurz weiter.
    »Die gute Cleo! Die hat auch jemanden gebraucht, der ihr unter die Arme greift. Das Frauenzentrum hat sich geradeso über Wasser halten können. Die Boomzeiten sind vorbei, und diejenigen, die sich für Selbsterfahrung und Reinkarnation interessieren, wird sie wohl in naher Zukunft im Seniorenwohnheim besuchen müssen. Außerdem hatten die allermeisten kein Geld zur Verfügung. Cleo hat die vermögende Klientel herausgepickt und an uns vermittelt.«
    »Dafür hat sie eine ordentliche Provision erhalten?«
    »Ja.«
    »Und Frau Faradiz?«
    »Auch. Sie hat Vorträge in Städten gehalten, in denen traditionell Reiche unterwegs sind. Das war natürlich auch meine Idee, aber sie hat ihren Job ganz gut gemacht.«
    »Sie hat auch Geld erhalten?«
    »Ja.«
    »Wussten Frau Faradiz und Frau Hollmann von den vorgetäuschten Suiziden?«
    »Sie können sie ja fragen.«
    Hinter der Scheibe schüttelte Lea irritiert den Kopf. »Wieso gibt sie das jetzt alles preis?«, fragte sie Bender, ohne ihre Aufmerksamkeit von den Vorgängen im Nebenraum abzuziehen.
    »Schwierig zu sagen.« Der Kommissar blickte ebenfalls durch die Scheibe in den Nebenraum auf Ellen Langsdorf, die nun aufrecht, mit übereinandergeschlagenen Beinen, den schmalen Rock über die Knie gezogen, dasaß, als sei sie im Gespräch mit einem Bankberater und lege ihm eine geniale Geschäftsidee zwecks Finanzierung dar.
    Nach einer Weile gemeinsamer Beobachtung bot Bender Lea die beste Erklärung an, die ihm zu ihrer Frage eingefallen war. »Manche Verbrecher reagieren so, wenn sie mit erdrückenden Indizien konfrontiert werden. Ihr kriminelles Tun erlangt für sie eine eigene, herausragende Qualität.« Lea hörte skeptisch zu. »Ich weiß, das ist schwer vorstellbar, doch es ist wohl so«, bekräftigte Bender sein Erklärungsmodell, »der Stolz auf ihr ausgeklügeltes System ist es dann, der sie zum Reden bringt. Für uns ist es natürlich gut, wenn Hochmut zum Geständnis führt.«
    Im Nebenraum wurde gerade nach Madeleine Desault gefragt. Ellen Langsdorf schilderte die Experimente, die sie mit Hypnoseverfahren durchgeführt hatten. Sie berichtete, dass die Schwestern aus Frankfurt die Ersten gewesen seien, bei denen sie die Methode des posthypnotischen Selbstmordbefehls ausprobiert hatten. Experimentiert hätten sie und Marcion allerdings schon längere Zeit davor. Die posthypnotischen Befehle bezogen sich auf alltägliche Dinge. So sollte die Versuchsperson auf die Post gehen und ein Einschreiben an eine bestimmte Person aufgeben, selbstverständlich beim ISG, um den Erfolg zu kontrollieren. Oder sie sollte ihre Anstellung kündigen oder einen Flug buchen. Bei den Befehlen, die mit emotionalem Widerstand einhergingen, zum Beispiel bei Trennungen von vertrauten Personen, bei Beleidigung von Familienangehörigen oder bei einer Affäre mit jemandem, der nie in Betracht gekommen wäre, hatte sie festgestellt, dass die Befehle sicherer ausgeführt wurden, wenn sie in spirituelle Begriffe eingepackt wurden. Auch mussten die betreffenden Personen über längere Zeit vorbereitet werden. Die beiden Schwestern aus Frankfurt seien ideale Kandidatinnen gewesen, da sie schon zwei gemeinschaftliche Selbstmordversuche hinter sich hatten und ohnehin schon über Jahre auf der Suche nach dem Erlöser, dem Heil und einer besseren Welt gewesen waren.
    »Was war mit Madeleine Desault?«
    »Madeleine war von Anfang an schwierig. Sie hat ständig nachgefragt, wohin das alles führen solle, war ungeduldig. Und beim Consolamentum wollte sie zuerst nicht unterschreiben. Marcion hat die Situation nur mühsam wieder in den Griff bekommen. Nun ja, wie ich schon sagte, er war nicht der Guru, für den er sich selbst hielt. Aber Madeleine war weiterhin misstrauisch und wurde zu einem Sicherheitsrisiko.« Ellen Langsdorf machte eine Pause und zündete sich eine Zigarette an, die sie aus ihrer Handtasche hervorholte. »Ich darf doch?«
    Frau Kurz nickte. »Wann haben Sie mitbekommen, dass es nicht nur Misstrauen war, sondern dass Madeleine Desault vielleicht sogar aussteigen wollte?«
    Ellen Langsdorf blies eine kleine Rauchwolke in die Luft und schaute
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