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Mephistos Erben: Kriminalroman (German Edition)

Mephistos Erben: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Mephistos Erben: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Sophie Heeger
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ihr nach, wie sie durch den Raum schwebte, bis sie sich aufgelöst hatte. Sandra Kurz wartete ruhig ab.
    »Susanna hat Cleo informiert, dass Madeleine sie gewarnt hätte. Die dumme Gans! Nie wusste sie, mit wem sie es zu tun hatte.«
    Frau Kurz verzog keine Miene. »Und Cleo Hollmann hat Ihnen Bescheid gesagt?«
    »Sicher.«
    Ellen Langsdorf überprüfte den Lack ihrer Fingernägel, die den gleichen dunkelroten Farbton hatten wie ihr Lippenstift, von dem man jetzt nur noch Spuren in den Mundwinkeln erahnen konnte.
    »Cleo brauchte unsere Finanzspritzen. Sagte ich das nicht bereits? Sie konnte nicht riskieren, dass der Geldstrom versiegte.«
    »Wer waren die Männer, die Frau Doktor Johannsen festgehalten haben, als Sie ihr die Spritze verabreichten, und die sie später den Abhang im Wald hinunterstießen?«
    »Das sind Marcions Gorillas, irgendwelche Türsteher, die er für den Job verpflichtet hat.«
    »Wer hat Thierry Clerceau informiert?«
    »Marcion. Er hat sofort einen Brief an die Postfachadresse losgeschickt. Die Zahl und die Offenbarungen waren handschriftlich darauf notiert.«
    »Wieso handschriftlich?«
    »Was weiß ich. Datenschutz, Sicherheitsmaßnahmen oder so etwas. Laden Sie ihn ein! Vielleicht kommt er, und dann können Sie ihn fragen.«
    »Das haben wir vor.« Sandra Kurz lächelte so unverbindlich, als sei sie eine Flugbegleiterin und wünschte den Passagieren einen angenehmen Aufenthalt an Bord.
    Lea sah zu Franz Bender hinüber. Er strich sich mit einer müden Geste eine Strähne des schütteren Haares aus der Stirn und hustete einen unangenehmen, krampfartigen Husten.
    »Hätte ich ihr helfen können?«
    Der Kommissar hatte aufgehört zu husten und drehte sich zu Lea um. Er wusste sofort, von wem sie sprach. »Das ist keine gute Frage! Hören Sie, machen Sie sich bitte Folgendes klar: Sie können oft helfen, wer weiß, vielleicht haben Sie ihr sogar geholfen. Aber es konnte Susanna van der Neer nicht vor dem Tod bewahren.«
    Er setzte sich auf den leeren Stuhl, neben dem er gestanden hatte und sah Lea direkt in die Augen. »Man muss lernen zu akzeptieren.«
    Lea überlegte, was ihr das Akzeptieren gerade in dieser Angelegenheit so schwer machte, was sie von den sonstigen Erfahrungen mit Krankheit und Sterben unterschied. Schließlich sagte sie: »Ich denke, bei Krankheiten und Katastrophen bekommen wir es hin, es hat etwas Schicksalhaftes. Aber hier, bei diesem System, ausgeklügelt, mit psychologischem Geschick inszeniert … Und dann die ausgewählten Opfer, die ohnehin schon am Leben verzweifeln und Hilfe suchen. Ist das nicht besonders perfide?«
    Es war keine Frage, mehr eine resignierte Feststellung, und der Kommissar antwortete auch dementsprechend nur: »Ja, das ist es: perfide.«
    »Ich glaube, ich werde jetzt nach Hause gehen«, sagte Lea, »ich bin seit vier Stunden hier, und ich glaube, ich habe genug gehört.«
    »Das Wichtigste, denke ich«, sagte der Kommissar.
    »Auch wenn ich jetzt weiß, wie alles geschehen ist, fühle ich mich nicht befreit«, sagte Lea.
    »Das ist ganz normal. Die Erleichterung über die Aufklärung eines Falles mischt sich mit der Frustration, die durch die Kenntnis der wahren Umstände eines Verbrechens hervorgerufen wird. Solange wir die Einzelheiten nicht kennen, bleibt das Delikt vage. Die Brutalität, in die wir durch die Einzelheiten Einblick erhalten, hat Ernüchterung und Abscheu zur Folge.«
    »Auch nach all den Jahren?«, fragte Lea.
    »Ja, auch nach den ganzen Jahren. Manchmal denke ich sogar, das deprimierende Gefühl nimmt mit den Jahren sogar zu. Verstehen Sie das?«
    »Ich denke schon.« Auch Lea kannte das Gefühl.
    »Gehen Sie nach Hause zu Ihrem Mann und Ihren Kindern, und vergessen Sie das hier. Sie machen die Menschen gesund – und wir klären die Verbrechen auf.« Franz Bender kippelte auf dem Stuhl hin und her.
    »Haben Sie Familie?« Bevor Lea es verhindern konnte, hatte sie die Frage gestellt. Denn sie wünschte sich, Kommissar Bender könne nach einem solchen Tag nach Hause gehen, auf freundliche Menschen treffen, die sich um ihn sorgten, sich die Dinge anhörten, die er tagsüber erlebt hatte, und die mit ihm ein Glas Rotwein tranken.
    »Ich habe eine Tochter. Sie ist zweiundzwanzig und wohnt in Frankfurt. Vorher hat sie bei meiner Frau gelebt. Als wir geschieden wurden, war sie zwölf.«
    »Das tut mir leid.«
    »Schon gut, ich habe mich daran gewöhnt. Die Polizeiarbeit hat so ihre Tücken. Unregelmäßige Arbeitszeiten,
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