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Mephistos Erben: Kriminalroman (German Edition)

Mephistos Erben: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Mephistos Erben: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Sophie Heeger
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stand. Unwillkürlich zuckte Lea zurück. Plötzlich, ohne Ankündigung, kam ein irres Lachen aus Ellen Langsdorfs Kehle, ein Laut, der zu einem Kreischen anschwoll, unerträglich und durchdringend. Ihre Handtasche war zu Boden gefallen, ein goldfarbener Kugelschreiber rollte über das Linoleum und wurde von einem Tischbein gestoppt. Beeindruckt von dem Stimmungswechsel beugte Lea sich näher zur Scheibe. Genauso plötzlich, wie es eingesetzt hatte, verstummte es wieder. Ellen Langsdorf sah Bender mit einer eigenartigen Mischung aus Gleichgültigkeit, Überheblichkeit und Triumph an, bevor sie ausstieß: »Ich habe über ihre Existenzen bestimmt, über ihre Gedanken, ihre Gefühle, ihre Wünsche. Sie haben alles getan, was ich wollte. Ich hatte die Macht über ihr Leben. Verstehen Sie, Herr Kommissar, ich alleine!«
    Franz Bender schwieg routiniert, und Langsdorf sprach weiter. »Marcion«, sie lachte ein kleines, boshaftes Lachen, »hat auch gemacht, was ich ihm gesagt habe. Er war ein Kleinkrämer, ein Kleingeist. Er hatte ein paar Kurse aufgezogen, Esoterikquatsch, mit ihm als großem Guru.« Es folgte ein hämisches Lachen. »Einen Meditationskurs hier, ein bisschen Yoga dort; alles in einer kleinen schäbigen Wohnung im Hinterhof. Dann habe ich ihm gezeigt, wie man das große Spiel spielt.«
    Die Tür öffnete sich, und ein Beamter reichte Kommissar Bender ein tragbares Telefon.
    »Ja, sehr gut«, sagte er zu dem Anrufer, »ich denke, die wird sich freuen, ich mich natürlich auch.« Er schaute Frau Langsdorf an. »Wir haben die Handtasche von Frau Doktor Johannsen, ihre Armbanduhr und ihr rotes Handy bei Ihnen im Keller in einem Umzugskarton unter anderen Dingen gefunden, die vermutlich auch nicht Ihnen gehören.«
    Ellen Langsdorf zuckte gleichgültig mit den Schultern.
    »Interessant sind auch die Ampullen Midazolam, die Injektionsbestecke und das Cyclobarbital.«
    Der Anwalt schaltete sich ein. »Wenn Sie …«
    »Wenn Sie sich einen Moment gedulden könnten«, würgte Kommissar Bender den Satz ab, »ich bin mit meinen Ausführungen noch nicht fertig.« Herr Habermann schwieg mit beleidigter Miene. »Das Cyclobarbital kommt aus Frankreich, denke ich. Da wird Monsieur Clerceau den Pharmazieboten gespielt haben, oder?«
    Frau Langsdorf maß Bender mit einem abschätzigen Blick und blieb stumm. Der Kommissar ließ sich nicht aus dem Konzept bringen. »Die genaue Zuordnung der einzelnen Fundstücke werden wir noch vornehmen. Dass die Ampullen mit Midazolam und das Cyclobarbital Sie schwer belasten, ist Ihnen wohl klar. Warum haben Sie eigentlich die Medikamente und die anderen Sachen aufgehoben?«
    »Als Beweis.«
    »Ach, als Beweis! Wofür?«
    Keine Antwort.
    »Wofür, Frau Langsdorf?
    Franz Benders Stimme wurde lauter. Seine nächste Frage klang provokant. »Wie war das, Frau Langsdorf? Haben Sie sich abends in die Kammer gesetzt wie ein Mäuschen vor sein Stückchen Speck und die Vorräte begutachtet?«
    »Pah, ich ein Mäuschen, Sie haben keine Ahnung.«
    Aus ihren Augen loderte jetzt pure Feindseligkeit. Sie holte tief Luft, blickte Bender an – und dann brach es plötzlich aus ihr heraus, als habe man eine Schleuse geöffnet.
    »Ich, Herr Kommissar, ich habe sie alle getäuscht«, triumphierend blickte sie Franz Bender und Sandra Kurz an, »weil ich ihnen allen überlegen war!«
    »Überlegen, Frau Langsdorf? Sie nennen es überlegen, dass Sie in der Lage waren, Menschen, die bei Ihnen Hilfe suchten, in den Tod zu schicken?«
    Bender hatte nun den richtigen Ton zwischen Provozieren und Aushorchen gefunden. Lea verfolgte gebannt den Wortwechsel.
    »Ach, Herr Kommissar, was verstehen Sie denn schon? Sie alle sind gefangen in dem Quatsch, der sich ›gesellschaftliche Konvention‹ nennt, engstirnig und bieder.«
    Franz Bender war aufgestanden und sah auf die Frau hinab, die immer noch angriffslustig wie eine Giftschlange auf dem Stuhl saß. Er schüttelte den Kopf. »Frau Kurz, übernehmen Sie bitte.«
    Er kam in den Nebenraum und überließ es Sandra Kurz, das Verhör weiterzuführen.
    »Unglaublich«, sagte Lea, als Bender neben ihr stand.
    »Was meinen Sie? Den Hass? Die Überheblichkeit? Die Skrupellosigkeit? Vielleicht das fehlende Mitleid? Die Gier?«
    Der Kommissar hatte recht, Lea wusste nicht genau, was sie sich weigerte zu begreifen.
    »Das alles irgendwie«, antwortete sie wahrheitsgemäß. Bender lehnte sich an die Tischkante und beobachtete die Personen im Verhörraum.
    Die Stimme von Sandra
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