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Menschenskinder

Menschenskinder

Titel: Menschenskinder
Autoren: Evelyn Sanders
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»Könntest du vielleicht noch ein paar Minuten dranhängen? Da kommt nämlich ein Großeinkauf! Die Kundin hat schon zwei volle Wagen hier geparkt, jetzt baggert sie gerade den dritten zu.«
    Natürlich blieb ich, beriet sogar noch eine unentschlossene Dame, die zu einer hellvioletten Kerze das passende Band suchte, sich nicht entscheiden konnte und schließlich mit drei verschiedenen abzog, und dann stand ich wirklich noch eine halbe Stunde lang an der Kasse, holte Kartons, packte ein und um, tauschte einen etwas lädierten Engel gegen einen intakten aus und half der Kundin noch, den ganzen Einkauf in ihrem Kombi zu verstauen. Als ich den Kofferraum schloss, drückte sie mir fünf Mark Trinkgeld in die Hand! Vermutlich sah sie in mir eine rüstige Rentnerin, die sich gelegentlich ein kleines Zubrot verdiente. Ich war so verblüfft, dass ich mich nicht einmal bedankt habe.
    »Wenn sie das nächste Mal kommt, dann kläre sie bitte über ihren Irrtum auf«, bat ich Steffi, steckte das Geld ins Betriebsausflugssparschwein und verabschiedete mich zum zweiten Mal.
    »Jetzt mach aber wirklich, dass du in die Hufe kommst, sonst fährst du genau in den Ab-vier-Uhr-beginnt-dasWochenende-Stau rein! Ich rufe dich heute Abend an. Tschüss, danke noch mal und Gruß an Paps!«
    Rolf hatte mich noch gar nicht erwartet. »Ich dachte, du kommst erst morgen«, wunderte er sich, »sonst hätte ich doch vorher aufgeräumt.«
    »Das wäre auch angebracht gewesen«, giftete ich nach einem flüchtigen Blick in die Küche, »warum hast du das Geschirr nicht wenigstens in die Spülmaschine gestellt?«
    »Die ist voll!«
    »Dann stellt man sie an!«
    »Wollte ich ja, aber die Anzeige für Salz blinkt dauernd, und weil ich nicht genau weiß, wo das rein muss, habe ich die Finger davon gelassen. Aber Nicki will nachher vorbeikommen … wenn du bis morgen geblieben wärst, hättest du von diesem Chaos hier gar nichts mitgekriegt.«
    »Ich kann ja wieder zurückfahren.«
    Das wollte er aber doch nicht. Er brachte sogar noch am selben Abend einen Haken an der Haustür an, damit ich den Kranz aufhängen konnte. Dass ich ihn am nächsten Morgen auf der zweiten Treppenstufe wieder aufsammeln musste, hatte nach Rolfs Ansicht nur an dem doppelseitigen Klebeband gelegen; vermutlich sei es wohl schon etwas überaltert gewesen …
    Es war kurz nach neun, als das Telefon klingelte. »Wer ruft denn um diese Zeit noch an?«, ärgerte ich mich, denn Herr Matula hatte gerade dem vermeintlichen Mörder eine Falle gestellt, dabei konnte es der gar nicht gewesen sein, weil nur die Frau hatte wissen können… »Warum sieht eigentlich niemand mal ins Fernsehprogramm, bevor er zum Telefonhörer greift? Zehn Minuten später wäre der Krimi zu Ende gewesen.« Ich stand auf. »Pass aber genau auf, ob ich mit meiner Vermutung Recht habe! Als die Frau vorhin die Blumenvase auf den Schreibtisch gestellt hat, musste sie …«
    Das Telefon läutete zum dritten Mal. »Ja doch, ich komme schon!« Um Rolf nicht in seiner Konzentration zu stören, wollte ich in der Essdiele telefonieren. Sonst würde ich ja doch nie erfahren, ob die ungetreue Gattin ihren Ehemann gemeuchelt hatte. Nach dem fünften Läuten nahm ich endlich den Hörer ab. »Hallo?«
    Erst hörte ich nur undefinierbare Geräusche, ganz entfernt Stimmen, dann etwas lauter eine Art Schnorcheln, nicht genau zu erkennen, es konnte ein junges Kätzchen sein oder auch eine defekte Fahrradpumpe – dann endlich eine männliche Stimme: »Hörst du das?«
    Sascha! »Natürlich höre ich das, weiß bloß nicht, was es ist.«
    »Warte mal, ich gehe ein bisschen näher ran!«
    Jetzt wurde die Geräusche deutlicher, die Stimmen auch, blieben allerdings unverständlich.
    »Habt ihr ’ne Party?«
    »So könnte man es nennen, ja«, sagte Sascha.
    »Und was gurgelt immer so komisch dazwischen?«
    »Das ist dein Enkel!«
    »Mein … was???«
    »Dein Enkel! Gerade elf Minuten alt!«
    Ich sank auf den nächsten Stuhl. »Sag das noch mal!«
    »Du bist seit zwölf Minuten Oma, hast einen prachtvollen Enkel von fast sieben Pfund, ich würde ihm ja den Hörer geben, aber er wird gerade gebadet …«
    »Und Nastassja?«
    »Geht’s gut. Sie ist natürlich noch ein bisschen groggy, das müsstest du ja am besten wissen, aber es hat keine Komplikationen gegeben, falls du das meinst.«
    »Weshalb habt ihr denn nie etwas …«
    »… gesagt? Es sollte ganz einfach eine Überraschung werden.«
    »Die ist euch ja auch gelungen! Seid ihr
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