Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Menschenjagd

Menschenjagd

Titel: Menschenjagd
Autoren: Stephen King
Vom Netzwerk:
wie ein Schwall kalten Wassers. Das Feuerzeug war zu einer Fackel geworden, und sein Inneres stand in Flammen.
    Durch die zweite Klasse. Schon besser. Der Sog nicht so stark. Jetzt über McCones Leiche (bitte die Füße heben) und dann durch die erste Klasse. Blut floss unwillkürlich aus seinem Mund.
    Vor der Bordküche blieb er einen Augenblick stehen und versuchte seine Eingeweide einzusammeln. Er wusste, dass es ihnen draußen nicht gefiel. Kein bisschen. Sie wurden ganz schmutzig. Er wollte um seine armen, empfindlichen Därme weinen, die nicht um dieses Abenteuer gebeten hatten.
    Er konnte sie nicht wieder zurückstopfen, alles war durcheinandergeraten. Horrorbilder aus seinen Highschool-Biologiebüchern rauschten an ihm vorbei. Biologieunterricht. Allmählich dämmerte die unabwendbare Wahrheit. Dies war wirklich sein Ende. Durch einen Mund voller Blut heulte er kläglich auf.
    Aus dem Flugzeug kam keine Antwort. Alle waren verschwunden. Alle außer ihm und Otto.
    Alle Farbe schien aus der Welt zu fließen, so wie ihm das hellrote Blut aus dem Körper strömte. Vornübergebeugt lehnte er am Türrahmen wie ein Betrunkener an einem Laternenpfahl und beobachtete, wie die Welt um ihn herum fließend geisterhaft ergraute.
    Das war’s dann. Ich sterbe.
    Er schrie erneut auf und sah die Welt wieder unerträglich scharf. Noch nicht. Darf nicht.
    Er stolperte durch die Bordküche, seine in sich verschlungenen Gedärme hinter sich her schleifend. Erstaunlich, wie viel von dem Zeug man in sich hatte. So rund, so fest, so vollgestopft.
    Er trat auf einen Teil, der aus ihm heraushing, und etwas in seinem Inneren zog. Der Schmerz war unglaublich, nicht von dieser Welt, und er schrie auf, wobei das Blut aus seinem Mund an die gegenüberliegende Wand spritzte. Er verlor das Gleichgewicht und wäre hingefallen, wenn die Wand ihn nicht in einem Winkel von 60 Grad aufgehalten hätte.
    Bauchschuss. Ich hab einen Bauchschuss.
    Wahnsinnigerweise antwortete sein Gehirn darauf mit: Ratter-ratter-ratter.
    Eins musste er noch erledigen.
    Bauchschuss war so ziemlich das Übelste. In einer Mitternachtspause hatten sie einmal darüber diskutiert, welche Todesart die schlimmste wäre, damals als er Maschinenputzer gewesen war. Gesund und munter, voller Blut, Urin und Sperma waren sie da noch gewesen, hatten ihre Sandwiches gemampft und die verschiedenen Vorzüge von radioaktiver Verseuchung, Erfrieren, Vergiftung, Sturz aus großer Höhe, Zu-Tode-geprügelt-Werden, Ertrinken miteinander verglichen. Und jemand hatte den Bauchschuss erwähnt. Harris vielleicht, der Dicke, der während der Arbeit schwarz gebrautes Bier trank.
    Es tut verdammt weh, hatte Harris gesagt. Und es dauert lange. Und sie hatten alle zustimmend und feierlich genickt, ohne die geringste Vorstellung von SCHMERZ.
    Richards schleppte sich, die Hände zum Stützen an beiden Wänden, durch den Gang. Vorbei an Donahue. Vorbei an Friedman mit seiner radikalen Zahn-OP. Seine Arme wurden langsam taub, aber der Schmerz in seinem Bauch (in dem, was einmal sein Bauch gewesen war) wurde schlimmer. Und trotzdem bewegte er sich vorwärts, und sein zerfetzter Körper versuchte die Befehle des wahnsinnigen, in seinem Schädel eingesperrten Napoleon auszuführen.
    Mein Gott, ist dies wirklich Ricos Ende?
    Er hätte nie geglaubt, wie viele Totenbett-Klischees er in seinem Gehirn gespeichert hatte. Es schien, als würde sein Verstand sich jetzt nach innen kehren und fräße sich selbst in seinen letzten fiebernden Sekunden.
    Eine. Sache. Noch.
    Er stolperte über Holloways Leiche und blieb dort, urplötzlich schläfrig, liegen. Ein Schläfchen. Ja. Superidee. Viel zu schwer, jetzt aufzustehen. Otto summt so schön, summt das Geburtstagskind in den Schlaf. Pscht, pscht, pscht. Schlaf, Kindchen, schlaf. Der Vater hüt’ die Schaf.
    Er hob den Kopf – eine enorme Anstrengung, sein Kopf war aus Stahl, aus Roheisen, aus Blei – und starrte auf die beiden Zwillingskonsolen, die immer noch ihren Tanz vollführten. Weit hinten konnte er durch die Plexiglasfenster Harding erkennen.
    Viel zu weit weg.
    Er liegt unter dem Heuhaufen und schläft ganz fest.

… Minus 004 Countdown läuft …
     
    Das Funksprechgerät krächzte beunruhigt: »C-eins-neun-acht-vier, bitte melden. Sie fliegen zu tief, C-eins-neun-acht-vier. Bestätigen. Bestätigen. Be…«
    »Leck mich«, flüsterte Richards.
    Schwerfällig kroch er auf die wippenden und schwankenden Kontrollen zu. Vor und zurück bewegten sich die
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher