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Menschen wie Götter

Menschen wie Götter

Titel: Menschen wie Götter
Autoren: Sergej Snegow
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Augenblicklichkeit vereint sind, das Weltall ist an jedem beliebigen Punkt, für jeden beliebigen Blick, in jedem beliebigen Augenblick unermeßlich ungleichzeitig. Eine reale Gleichzeitigkeit besteht nicht, man kann sie sich nur einbilden, physikalisch läßt sie sich nicht entdecken.
    Und das ist keine optische Erscheinung, keine Fata Morgana. Nein, die gleichzeitige Ungleichzeitigkeit ist ein realer physikalischer Prozeß, der grandioseste physikalische Prozeß, der Prozeß, der die gesamte Struktur des Weltalls bestimmt, die Wechselwirkung aller materiellen Objekte des Alls. Denn der Kosmos ist voller Gravitationswellen, Teilchen, Photonen, Gas, Staub ... Und all das bestrahlt, hüllt ein, zieht an, stößt ab. Und eins kommt aus dem Gestern, das andere aus einer Vergangenheit von Jahrmillionen, doch ihre summarische Wirkung an beliebiger Stelle erfolgt im gleichen Augenblick. Und jedes Objekt antwortet auf die Einwirkung dieser ungleichzeitigen Kräfte mit seiner Einwirkung, aber auch sie erreicht die Nachbarn ungleichzeitig, die nahen bald, die fernen in Jahrmillionen. Auf diese Weise ist die wirkende Zeit an jeder Stelle des Weltalls das Gleichgewicht aller vergangenen Epochen, der ganze unermeßliche Riesenbau der Jahrmilliarden, zu einem Augenblick zusammengefaßt.“
    Oleg unterbrach mich erneut. „Übrigens folgt hieraus, daß sich die Gegenwart niemals im Abgrund der Vergangenheit verliert. Nehmen wir an, ich strahle mein Abbild in den Raum, meine Felder, sozusagen alles, was ich als kosmischer Körper darstelle. Und wieviel Jahre auch vergangen sein mögen, in irgendeinem entfernten Winkel des Alls findet sich stets diese meine dahineilende Strahlung, und sie wird physikalisch auf die Objekte einwirken, denen sie begegnet.
    Meine Vergangenheit wird in meiner fernen Zukunft real existieren!“
    „Widerlegst du mich oder suchst du Bestätigung?“
    „Gehen wir zu den praktischen Fragen über“, schlug er vor. „Deine Konzeption ist interessant, aber ich würde gern ein Aktionsprogramm festlegen.“
    „Ich weiß nicht, wie praktisch ein Programm ist, das kann man nur im Laboratorium bestimmen.“
    Mein Plan lief auf folgendes hinaus: Unser Aufenthalt im Kern, im monolinearen Strom der Zeit, würde früher oder später mit unserem Untergang enden. Es war nicht gelungen, vorwärts, durch die Zukunft, oder rückwärts, durch die Vergangenheit, zu entkommen. Die Hauptgefahr bestand im Passieren der Nullzeit. Tote Materie hielt solche Übergänge leicht aus, für einen Organismus waren sie tödlich. Folglich mußte man aus der Monolinearität in die Zweidimensionalität der Zeit gehen, die Fesseln seiner Zeit überwinden und in die benachbarte Zeit gehen, in die Anderszeit, wie man sie nennen könnte. Man durfte sich nicht einfach von seiner Zeit lösen, sondern mußte sie krümmen, sie seitwärts ausweiten, und die Krümmung andauern lassen. „Und es ergibt sich“, sagte ich, „daß wir uns in jedem Augenblick vorwärts bewegen, in Richtung Zukunft, in der Summe aber mehr und mehr von ihr abweichen.
    Und an einem bestimmten Punkt trennen wir uns, wobei wir uns immer weiter vorwärts bewegen, von unserer Zukunft, obwohl wir die Nullzeit nicht kreuzen, und beginnen uns auf unsere Vergangenheit zuzubewegen, die nun unsere Zukunft ist.“
    „Du beschreibst eine Kreisbewegung, Eli.“
    „Völlig richtig. Darin besteht mein Gedanke, aus der eindimensionalen, geradlinigen Zeit in die zweidimensionale, ringförmige Zeit auszubrechen. Die Ringform ist erforderlich, um in unsere Vergangenheit zurückzukehren, ohne die gefährliche Nullzeit zu passieren.“
    „Der Ring der Gegenzeit!“ sagte Oleg nachdenklich. „Das klingt gut.“
    „Wenn dir die Bezeichnung gefällt, dann wollen wir die Operation so nennen: Rückkehr auf dem Ring der Gegenzeit. Willst du nicht ins Laboratorium gehen und mit Orlan und Olga einen Plan für die Experimente entwerfen?“
    Oleg nahm den Flugschreiber und trug ihn zum Safe.
    Ich fragte: „Warum hat dich plötzlich der zurückgelegte Weg interessiert?“
    Er brachte den Apparat schweigend zum Tisch zurück, drückte ebenso schweigend einen Knopf. Auf dem Bildschirm leuchtete die schon tausendmal gesehene Landschaft auf: ein wildes Durcheinander von Sternen, eine Explosion, die einst im Kern erdröhnt war und sich seitdem unaufhörlich vollzog. Auf den großen Sternenbildschirmen konnte man ebensolche trostlosen Landschaften beobachten, aber lebendige, rasch wechselnde, indes der
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