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Memo von Meena (German Edition)

Memo von Meena (German Edition)

Titel: Memo von Meena (German Edition)
Autoren: Nancy Salchow
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Situation zu trösten?" oder "Findest du nicht auch, dass es Zeit wird, sich der Verantwortung im Leben zu stellen?" brachten ihn ziemlich schnell dazu, das Weite zu suchen.
    Heute, einen Tag später, fängt das Mitleid, das ich noch gestern für ihn empfand, langsam an zu verblassen. Übrig bleibt nur der Gedanke an das blaue Shirt, das über unverschämt breiten Schultern spannt, das leicht zerzauste Haar, das förmlich danach schreit, von meinen Fingern durchfahren zu werden und eine Stimme, die so tief und warm ist, dass selbst die Wettervorhersage aus seinem Mund wie eine Offenbarung klingen würde.
    Und immer wieder murmele ich mir mein Mantra vor: Du hasst den Kerl, Meena. Erinnere dich daran! Besser jetzt als später. Sollte er sich noch mal erdreisten, an deiner Tür zu klingeln oder in anderer Form Kontakt zu dir zu suchen, jagst du ihn davon. Ganz egal, ob er ein blaues Shirt trägt oder sein Haar deine Finger zum Zucken bringt. Er ist ein Arsch. Immer dran denken, Meena. Ein Arsch!
     
     
    Oliver
      
    Ist es möglich, dass mir Meena ausgerechnet mit der Aufnahme, die sie als am wenigsten für eine Kolumne geeignet empfindet, die beste Idee vor die Füße wirft?
    Raja sagte was von Emotionen. Von Liebe. Und dass die Leserinnen das brauchen. Vielleicht hat sie recht. Vielleicht hat Meena recht. Ohne dass sie es ahnt. Ich sollte einige von ihren Gedanken zitieren. Denn wer könnte näher an Meena dran sein als Meena selbst?
     
     
    *
     
     
    Meenas Blick aus dem Fenster
    Heute: Der Mann auf dem Thron
     
    Immer wieder frage ich mich: Sind wir Frauen nur dann fähig, Männer wirklich uneingeschränkt zu bewundern, wenn sie sich wie Schweine benehmen? Werden wir angetrieben von dem ständigen Anreiz, aus einem Arschloch einen besseren Menschen zu machen? Ein Anreiz, der unsere Liebe mit jedem Tag wachsen lässt, nur damit sie stirbt, sobald er sich von ebendiesem Arsch zu einem liebenswerten Kerl gewandelt hat? Wächst eine Liebe nur so lange ins Unermessliche, wie sie unerwidert scheint, zumindest nicht in dem Maße erwidert wird, wie man es sich erhofft? Und ist jede Sehnsucht dazu bestimmt, sich in graue Emotionslosigkeit zu wandeln, sobald sie gestillt wird?
    Eine Freundin von mir hat gerade erst wieder eine gehörige Standpauke von mir zu hören bekommen, weil sie sich tatsächlich dazu hat hinreißen lassen, von ihrem Ex zu schwärmen. Der Ex, der sie jahrelang schlecht behandelt hat, sie unter seinem Geiz und seiner Selbstsucht hat leiden lassen. Und was ist es, das sie so an ihm anzieht? Sie selbst nennt es seine einzigartige Fähigkeit, ständig auf sie herabzuschauen, sich auf einer Art Thron zu befinden, der ihn von ihrer Position aus betrachtet einfach perfekt erscheinen lässt.
    So absurd ich ihre Argumente auch finde, ich muss ganz ehrlich zugeben, dass meine Freundin mit ihrem Geständnis unzähligen Frauen einen großen Schritt voraus ist: Sie ist im Gegensatz zu den meisten anderen nämlich in der Lage, sich das einzugestehen, was andere Frauen selbst unter Folter nicht zugeben würden. Sie liebt Männer eben ganz besonders dann, wenn sie sich wie Arschlöcher benehmen. Sicher ist sie mittlerweile an dem Punkt angekommen, sich vor den Folgen dieser Tatsache zu schützen, immerhin hat sie sich gerade deshalb von diesem selbstsüchtigen Egoisten getrennt. Trotzdem hat meine Unterhaltung mit ihr viele Fragen in mir aufgeworfen, angefangen mit der wichtigsten: Warum fällt es so vielen Frauen so schwer, Respekt für einen Mann zu empfinden, der liebenswert, aufmerksam und absolut tadellos in seinem Verhalten ist? Warum brauchen wir ihn, diesen einen Mistkerl in unserem Leben, den wir bewusst oder unbewusst, heimlich oder offenkundig, bewundern können? Den wir beweinen, dem wir nachtrauern können? Und warum haben genau diese Scheißkerle immer wieder die Macht, uns die Beziehungen mit den wirklich liebenswerten Exemplaren des männlichen Geschlechts zu ruinieren, selbst dann, wenn sie gar nicht in der Nähe sind? Einfach, indem wir an sie denken, von ihnen träumen oder uns vorstellen, wie unsere gemeinsamen Kinder aussehen würden, während der nette Frauenversteher auf dem Sofa neben uns zur Schlaftablette mutiert?
    Wie auch immer man es dreht und wendet, es läuft vermutlich stets auf dasselbe Fazit hinaus: Frauen wollen schlecht behandelt werden, nur dann schlägt ihr Herz wirklich laut. Da diesen Zustand auf Dauer aber keine von uns wirklich aushalten kann, werden wir früher oder
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