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Memo von Meena (German Edition)

Memo von Meena (German Edition)

Titel: Memo von Meena (German Edition)
Autoren: Nancy Salchow
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irgendwie so gar nicht mit den Lebensinhalten anderer Frauen in meinem Alter übereinstimmen.
    Klar, so gesehen stehe ich mit 34 in der Blüte meines Lebens. Da weiß man, was man will, heißt es doch immer. Da hat man sich schon selbst gefunden, lässt sich nichts mehr vormachen, kennt die Richtung, die man einschlagen möchte. Bei mir ist das allerdings irgendwie anders, denn es kommt mir vor, als wäre ich mit meinen Leidenschaften bei Anfang 20 stehengeblieben, während mein biologisches Alter einfach weiterläuft. Ich treibe mich noch immer, wie zu Jugendzeiten, am liebsten in der ersten Reihe bei Rockkonzerten rum, kenne die Tourdaten meiner Lieblingsband auswendig und schlafe am liebsten bis mittags. Ein Grund, warum ich so glücklich über meinen Job bin, der mir die Möglichkeit gibt, mir meine Arbeitszeiten selbst einzuteilen. Ich habe einfach das Gefühl, dass ich auf dem Stand meiner Jugend stehengeblieben bin, zumindest, was meine Vorlieben angeht. Sollte es mich also beunruhigen, dass ich noch immer keinen geeigneten Mann für die Familiengründung gefunden habe? Dass ich keine Sehnsucht nach gutbürgerlicher Spießigkeit habe, die so viele meiner ehemaligen Freundinnen inzwischen zu ihrem Lebensinhalt erklärt haben? Austausch von Back- und Kochrezepten. Kaffeetrinken bei Schwiegermutter. Sonntagnachmittage auf der Couch, am liebsten mit Strickzeug in der Hand.
    Aber sind diese Gedanken und vor allem: ist diese Feststellung brauchbar für eine Kolumne? Dass ich nicht zu meinem Alter passe? Oder ist es vielmehr mein Alter, das nicht zu mir passt?
    Gib’s auf, Meena, mit diesen Gedanken wirst du keinen Blumentopf gewinnen. Und erst recht kein interessantes Thema für die nächste Kolumne.
     
     
    Oliver
     
    Ich erwische mich dabei, dass ich mir ihre Aufnahmen mittlerweile sogar mehrmals hintereinander anhöre und stelle fest: Meine Prioritäten verschieben sich. Statt mich auf die Suche nach einem potenziellen Thema zu konzentrieren bzw. Ideen für dieses Thema in ihren Audiomemos zu suchen, ertappe ich mich immer häufiger dabei, ihre Gedanken mit meinen eigenen zu vergleichen, über sie zu schmunzeln, mich zu wundern oder mich mit ihr zu freuen. Und mit jedem dieser Gefühle entferne ich mich ein Stück weiter von der Professionalität, die ich eigentlich an den Tag legen müsste, um meinen Job wirklich gut zu erledigen.
    Andererseits: Ist nicht genau dieser Hang zur Emotion die Voraussetzung dafür, Meena von Mal zu Mal ähnlicher zu werden? Immerhin erwartet man doch von mir, dass ich wie sie denke, funktioniere und vor allem schreibe.
    Vermutlich denke ich einfach zu viel nach. Und zu viele Gedanken haben noch niemandem gut getan.
     
     
    Meena
     
    Carlo. Er geht mir einfach nicht aus dem Kopf. Und allein für die Tatsache, dass ich gerade in diesem Moment schon wieder über ihn rede, wenn auch nur mit mir selbst, hätte ich Schläge verdient.
    Er ist ein Arsch. Er hat mich nicht verdient, keinen einzigen Gedanken von mir. Und doch denke ich seit seinem Auftauchen neulich ununterbrochen an ihn. Noch schlimmer, er tut mir sogar leid. Die Tatsache, dass diese Jennifer versucht, und das anscheinend auch erfolgreich, ihm ein Kind unterzujubeln, lässt tatsächlich so etwas wie Mitgefühl in mir wach werden. Ich meine, er hätte sie ja auch verlassen können, aber nein – er steht zu seiner Verantwortung und ist sogar bei ihr geblieben. Zumindest bis jetzt.
    Und dann sage ich mir wieder: Versuch dich zu erinnern, wie er damals zu dir war, als du dir ein Kind von ihm gewünscht hast. Die Kühle, mit der er deinem Wunsch begegnet ist. Vielleicht hätte ich es einfach wie diese Jennifer machen sollen, dann wäre ich inzwischen glückliche Mutter und vermutlich längst mit ihm verheiratet.
    Aufwachen, Meena, du willst diesen Scheißkerl nicht. Weder als Ehemann noch als Vater deines Kindes. Du bist einfach nur frustriert vom Singledasein – das allein ist der Grund für deine wirren Gedanken.
     
     
    Oliver
     
    Ich hasse ihn, ohne ihm je begegnet zu sein. Genauso wie ich fasziniert von ihr bin, ohne sie zu kennen. Ist das möglich?
    Ich meine, was will sie von diesem Idioten? Sollte sie wirklich so naiv sein, sich von seinem Rumgeheule einlullen zu lassen? Meine Befürchtung wächst, dass das Kind, das Meena erwartet, doch von ihm ist.
    Ich kann nur hoffen, dass ihre anderen Aufnahmen etwas weniger informativ sind, was ihre Gedanken zu diesem Carlo betrifft, denn langsam gerät dabei mein
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