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Melville

Melville

Titel: Melville
Autoren: Natalie Elter
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Firmenleitung, als der akademische Titel. Es
braucht auch einen Charakter, der dem Ganzen gewachsen ist. Ein
Geschäftsführer muss in der Lage sein sich mit anderen seines
Ranges gütlich auseinanderzusetzen. Die Theorie allein lehrt einen
nicht das Leben, Melville.”. Ich werde wütend, als ich erkenne,
dass sich seine Bedingungen wohl auf mehr ausdehnen, als nur die, die
ich bisher kannte.
    „Also
muss ich ebenso rumhuren und meinen Kopf in einen ständigen
Vollrausch versetzen, wie es bei Jonathan der Fall ist, damit du mich
in Betracht ziehst? Willst du mir das damit sagen, Vater?”, meine
Stimme ist zwar ruhig, aber leicht zittrig.
    „Du
merkst doch sicherlich selber, dass du bereits jetzt nicht in der
Lage bist deine Interessen vernünftig zum Ausdruck zu bringen. Wie
soll das erst später werden, Melville?”. Ich starre ihm in das
Gesicht, fassungslos wie er mir vor den Kopf stößt. Er seufzt kurz
leise auf und sagt
    „Wenn
Jonathan dieses Jahr seinen Abschluss nicht schafft, kann ich dir ein
Praktikum in der Firma anbieten und euch dann beide hier anstellen.
Und dann kannst du zeigen, ob du wirklich besser bist als er. Doch
werde ich dir nicht versprechen, dass du der nächste Firmenbesitzer
werden wirst.”.
    „Danke,
Vater. Ich brauche nur eine Chance, um mich zu beweisen. Du wirst es
nicht bereuen.”.

    Mit
viel Fleiß, Mühe und durchgelernten Nächten schaffe ich meinen
Abschluss als Jahrgangsbester im gleichen Jahr wie Jonathan. Denn
auch ihm gelingt es, erstaunlicherweise, mit einem Titel die
Universität zu verlassen. Doch fast drei Notenstufen trennen uns.
Unser Vater muss mir auch einfach eine Stelle geben, er wäre ein
Narr und töricht es nicht zu tun. Doch er enttäuscht mich auf
ganzer Linie. Kaum wieder in Bristol angekommen, erfahre ich, dass
Jonathan bereits als stellvertretender Geschäftsführer eingeführt
wurde. Er muss nicht einmal eine Bewährungszeit durchlaufen, um
diese Ehre zu erhalten. Und zur Feier seines Einstandes, bin auch ich
in die Geschäftsräume eingeladen. Ich gehe nur hin, um meinem Vater
ein letztes Mal verständlich zu machen, dass er sich irrt. Doch er
speist mich nur ab.
    „Ich
habe gesagt, wenn Jonathan es dieses Jahr nicht schafft...“ und
widmet sich dann wieder Sekt anstoßend meinem älteren Bruder zu,
der bereits mit einer Sekretärin flirtet.

    Der
unkontrollierbare Zorn in mir scheint mich in einem Strudel davon zu
reißen und ich schwöre mir selbst, dass ich solange hart arbeiten
werde, bis ich es mir aus eigenen Mitteln erlauben kann, diesen
dreckigen, stinkenden Familienbetrieb aufzukaufen und meinen Vater zu
vernichten. Still verlasse ich die Party, hinterlasse keine Botschaft
und melde mich die nächsten Jahre auch nicht mehr bei ihnen. Anonym
verfolge ich die unverdiente Karriere meines Bruders, während ich
mit aller Macht nach oben strebe. In London erhalte ich, dank meiner
Qualifikation, schnell eine Anstellung und bald auch mehr
Verantwortung. Mit vierundzwanzig Jahren erlange ich eine
Abteilungsleitung und lerne schnell mich im harten und gnadenlosen
Alltag der Geschäftswelt zurechtzufinden. Kaufen, zerstückeln,
verkaufen. Einen Kleinbetrieb in Geldnöten nach dem anderen raffe
ich dahin, immer bedacht auf größtmöglichen Profit, an dem ich
direkt beteiligt bin. Viele Neider zeugen von meinem Erfolg und kurz
darauf kann ich mit meinem Ersparten ein eigenes
Wirtschaftsunternehmen gründen: Lancaster Ltd. Der Markt für
Kreditgeschäfte und spekulativen Handel expandiert kräftig und ich
bin ein großer Nutznießer dieser Entwicklung. Meine erste verdiente
Million wird noch im gleichen Jahr von folgenden Millionen
aufgestockt.

    Ich
möchte nicht gleich, dass mein Vater weiß, wer seine Firma kauft.
Denn auch wenn Jonathan jetzt offiziell Geschäftsführer ist, ist er
es doch, der die Fäden in der Hand hält.
    Durch
Zukäufe und embargoartige Bedingungen der Firma meines Vaters
gegenüber, treibe ich ihn langsam an den finanziellen Ruin. Und es
ist ihm nicht bewusst, warum seine Partner ihn plötzlich im Stich
lassen. Denn letztendlich ist eine Geschäftsbeziehung nichts wert,
wenn der Druck des Geldes stärker ist. Über eine eigens dafür
gegründete Firma in Taiwan, lasse ich die insolventen Reste des
Familienbetriebes aufkaufen. Als sein unbekannter neuer
Firmeninhaber, lasse ich ihn in sein eigenes Büro antreten, dabei
wiege ich ihn in dem Glauben, es ginge um seine weitere Anstellung in
diesem Hause.
    Ich
trage einen Anzug,
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