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Melodie des Südens

Melodie des Südens

Titel: Melodie des Südens
Autoren: Gretchen Craig
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Wunde noch einmal aus. Stöhnend öffnete Peter die Augen.
    »Bleib still liegen«, befahl sie ihm. Mit der Hamamelis-Salbe auf einem Stück Gaze legte sie einen neuen Verband an, damit die Wunde aufhörte zu nässen. Dann band sie Streifen aus Leinen um den Fuß. Sie würde dafür sorgen, dass sich keine Fliegen über diese Wunden hermachten.
    Charles kam herein, elegant wie immer in seiner Butler-Uniform. In viel höflicherem Ton, als sie es gern getan hätte, schrieb sie eine Notiz an Mr McNaught und bat ihn, Lena vom Feld zu ihr zu schicken, damit sie bei ihrem Enkel Wache halten konnte. Nachdem das erledigt war, kühlte sie Peters heiße Haut mit einer Tinktur, bis Pearl mit dem Weidenrinde-Tee zu ihr kam.
    Marianne hob Peters Kopf an und hielt den Becher mit dem Tee an seine Lippen. Der bittere Geschmack ließ ihn ausspucken. »Ich weiß, das schmeckt nicht, aber du musst ihn austrinken«, erklärte sie dem Jungen, und zu Pearl sagte sie: »Du kannst jetzt die Sachen wegräumen und dann in die Küche gehen. Ich bleibe hier, bis Lena kommt.«
    Als Pearl die Hütte verließ, saß Marianne da und hielt eine Hand prüfend an Peters Stirn. Sie ist eine gute Herrin, dachte Pearl. Solange sie sich um ihn kümmert, hat er eine Chance, zu überleben. Sie selbst hatte immer noch Blut an den Händen und Armen. Am Brunnen wurde der Sand rot, als sie sich wusch. Ich muss Luke hierherbringen, dachte sie. Er soll sehen, wie die Hunde Petie zugerichtet haben. John Man hat die ganze Zeit geredet, wie leicht es wäre, abzuhauen. Wenn Luke das hier sieht, denkt er vielleicht noch mal darüber nach. Sie überprüfte ihre Fingernägel. Ein Baby, dachte sie. Wenn ich ein Baby kriege, dann bleibt er hier.
    Sie zog noch einen Eimer Wasser hoch und ging damit in die Hütte, die sie mit Luke teilte. Wann war sie jemals mitten am Tag allein hier gewesen? Das Sonnenlicht, das durchs Fenster schien, fing den Staub ein und warf Schatten in die Ecken. Sie blieb stehen und lauschte auf die Stille. Der Friede, der hier herrschte, ließ die Anspannung aus ihren Schultern verschwinden. Wenn man einmal gar nichts zu tun hatte und allein war, konnte man tatsächlich ausruhen. Wenn Luke sich auch einmal ausruhen könnte, wenn er nur ein bisschen Frieden finden könnte, wäre er nicht so erpicht darauf, wegzulaufen.
    Sie streifte das verschlissene graue Kleid aus Sackleinen ab und ließ das kalte Wasser über ihren Körper laufen, über ihren Bauch, der so flach war wie an dem Tag, an dem sie und Luke sich zum ersten Mal geliebt hatten. Ich brauche ein Kind, Herr, betete sie.
    Jeden Tag trank sie den Tee, den Mammy Lewis für sie gebraut hatte. Rebhuhnbeere und Keuschlamm, Löwenzahn und Brennnessel. Mammy hatte ihr versprochen, dass der Tee ganz sicher helfen würde. Aber jeden Monat kam das Blut, und sie wurde einfach nicht schwanger.
    Wie lange würde Luke wohl noch bei ihr bleiben, wenn sie kein Kind bekam? Er sagte, er würde bleiben, aber Männer wünschten sich ebenso sehr Babys wie Frauen. Sie hob den Kopf, als könnte sie durch das Dach hinauf zum Himmel blicken. Herr, vergiss mich nicht, ich bin hier unten und bete um ein Kind. Sie bekreuzigte sich, wie sie es bei Miss Marianne beobachtet hatte. Auch die alte Herrin hatte es so gemacht, bevor sie starb. Vielleicht machte das die Gebete stärker.
    Dann zog sie ihr zweites Kleid an, das einzige, das sie noch besaß. Es war fadenscheinig und zu eng an den Schultern, aber es würde schon gehen, solange das andere Kleid einweichte. So eilte sie zum Küchenhaus, zurück an die Arbeit.
    In Peters Hütte legte Marianne drei Finger an Peters Kehle, wo sie den Puls unter der braunen Haut spüren konnte. Durfte er so schnell sein? Sie drückte die Finger an ihren eigenen Hals, bis sie den Puls fühlte. Peters Herz schlug so viel schneller als ihres, sie war sicher, das konnte nicht gut für ihn sein. Sie hob ihn ein Stückchen hoch und setzte den Becher wieder an seine Lippen. Sie hatte ein wenig Minze in den Tee getan, um den bitteren Geschmack zu mildern, aber er verzog immer noch das Gesicht. »Beim nächsten Becher gibt es Honig«, versprach sie ihm. »Jetzt schlaf weiter.«
    Sie überprüfte die Verbände, um sicherzugehen, dass die Wunden nicht mehr bluteten. Seine Glieder waren so mager! Sie wischte ihm das Gesicht ab. Lange dunkle Wimpern lagen auf seinen Wangen, und die feinen braunen Augenbrauen wölbten sich auf einer glatten, hohen Stirn. Ein hübscher Junge, dieser Peter. Jedenfalls war
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