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Melina und das Geheimnis aus Stein

Melina und das Geheimnis aus Stein

Titel: Melina und das Geheimnis aus Stein
Autoren: Marlene Röder
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Dienste angeboten, oder? Ich bitte ihn nur, Will heute Abend zum Friedhof zu bringen, damit ich noch mal mit ihm reden kann.“
    „Wer reden will, muss auch zuhören können! Aber du möchtest gar nicht hören, was Will zu sagen hat. Du willst nur deine eigene Meinung durchsetzen!“ Pippa kämpft sich aus den weichen Schlingen meines Schals und krabbelt an meinem Hosenbein hinunter auf die Erde. „Das ist ein bescheuerter, gemeiner und gefährlicher Plan. Ich mache da nicht mit!“, ruft sie und huscht davon. Nur ihre winzigen Spuren bleiben im Schnee zurück.
    Im nächsten Moment stehe ich nicht nur ohne meine Statue da, sondern auch noch ohne meine Pippa.
    Das Museum ragt heute noch größer und bedrohlicher vor mir auf als letztes Mal. Mein Geld reicht gerade so für eine Eintrittskarte. Unter der Woche sind nur wenige Besucher da. Meine Schritte hallen in den Gängen.
    Ohne Pippas Stimme fühle ich mich einsam. Seit ich sie geweckt habe, waren wir noch nie länger voneinander getrennt. Ich versuche mir einzureden, dass sie nur ein dummes, kleines Stück Plastik ist.
    Trotzdem wünsche ich mir sehr, dieses kleine Stück Plastik wäre jetzt bei mir, als ich den Saal mit den Steinsärgen betrete.
    In der Mitte des Raumes wartet die Statue des Anubis auf mich. Als ich vor ihr stehe, fällt ihr Schatten auf mich.
    „Ich … ich habe über dein Angebot nachgedacht“, krächze ich. „Ja, ich brauche deine Hilfe. Du musst einen Freund für mich finden. Er ist einer von deiner Art … mit Flügeln. Aber er kann nicht fliegen, er ist nur ziemlich gut im Versteck-Fangen.“
    Ich krame in meiner Hosentasche und ziehe den zerknitterten Teil von Jessies Geburtstagsbild hervor, auf dem Will neben mir zu sehen ist. „So sieht er aus. Wir … wir haben uns furchtbar gestritten und jetzt versteckt er sich vor mir. Er ist ganz allein da draußen und er kennt sich noch nicht aus in der Menschenwelt. Ich mache mir solche Sorgen. Bitte bring ihn zu mir zurück. Heute Abend, auf den alten Friedhof. Wenn du das tust, dann … dann wecke ich dich auf. Aber es ist nur für eine Nacht, hörst du!“
    Ich gehe um die Statue herum, versuche auf der Bilderstele Anubis’ Antwort abzulesen, aber vor Aufregung verschwimmen die Bilder vor meinen Augen.
    In meinem Kopf flüstert Pippas Stimme etwas von einem bescheuerten, gemeinen und gefährlichen Plan. „Also gut. Das ist die Abmachung“, sage ich laut, um sie zu übertönen. Es ist schließlich nur zu Wills Bestem.
    Hastig blicke ich mich um. Die Gelegenheit ist günstig, niemand ist in der Nähe.
    Ich presse meine Hand auf den schwarzen Stein.
    Das Gefühl ist ganz anders als bei Will oder Pippa. Da ist etwas Uraltes, Hungriges, das sich in mein Inneres verbeißt, daran reißt und zerrt. Ich spüre, wie die Lebenskraft aus mir herausströmt.
    Keuchend gelingt es mir, meine Hand loszureißen, bevor mich der Stein ganz verschlingt. Ich taumele rückwärts und sinke auf die Knie. Schwarze Flecken flimmern vor meinen Augen.
    „Mädchen, alles in Ordnung?“ Das Nächste, was ich wahrnehme, sind zwei alte Damen, die besorgt auf mich herabblicken. Verwirrt blinzele ich zu ihnen hoch und lasse mir von ihnen auf die Beine helfen.
    „Vielleicht sollten wir einen Arzt rufen?“, fragt die eine Omi ängstlich.
    „Nein, sie kriegt ja schon wieder Farbe in den Bäckchen. Sie muss sich nur ein bisschen ausruhen“, widerspricht die andere und führt mich zu einer Bank in der Ecke. „Meine Güte, Mädchen, deine Hand fühlt sich ja eisig an!“
    Es stimmt, meine rechte Hand ist taub vor Kälte. Ich werfe einen ängstlichen Blick zurück auf Anubis. Zu meiner Erleichterung hat sich nichts an ihm verändert, auch seine Augen sind noch immer aus stumpfem, leblosem Stein. Es hat nicht geklappt! Erleichtert atme ich auf.
    Da sehe ich, wie die steinernen Lider aufgleiten. Rote, unglaublich wache Augen starren mich quer durch den Raum an. Dann schließen sie sich wieder, unbemerkt von den anderen Besuchern. Anubis hat mir zugeblinzelt.
    Es ist wie in meinen Albträumen. Nur kann ich dieses Mal nicht aufwachen.

Die Wägung des Herzens
    Seit einer halben Stunde warte ich schon auf der Kreuzung, wo die beiden Hauptwege des Friedhofes aufeinandertreffen. Nun, da das letzte Tageslicht schwindet, spüre ich, wie die Kälte wächst, mir in die Knochen kriecht.
    Vielleicht hat Anubis es nicht geschafft, aus dem Museum auszubrechen? Und selbst wenn – vielleicht hat Will sich so gut versteckt, dass er ihn
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