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Melina und das Geheimnis aus Stein

Melina und das Geheimnis aus Stein

Titel: Melina und das Geheimnis aus Stein
Autoren: Marlene Röder
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uns wirbeln dicke Flocken. Sie setzen sich auf den Kragen meiner Jacke, meine Haare. Bald werde ich eine Schneefrau sein.
    Ich strecke eine Hand aus und fange eine Flocke. Mama hat mir mal erklärt, dass jede Schneeflocke einzigartig ist. Aber bevor ich ihre Schönheit von Nahem bewundern kann, schmilzt sie in meiner Hand. Ich kann sie nicht festhalten.
    „Weißt du noch, wie Will mal wissen wollte, was Winter ist?“, fragt Pippa, während der Schnee sie langsam begräbt. „So ist der Winter. So fühlt er sich an. Als wäre Lappland zu uns gekommen.“
    Ich knie mich neben sie. Meine Tränen schlagen kleine Krater in den Schnee. „Nicht weinen“, flüstere ich.

Anubis erwacht
    Im Winter wird es in Lappland nicht richtig hell. Manchmal zweifeln die Menschen, die dort leben, sogar daran, dass die Dunkelheit je wieder vergeht.
    Lappland kam schon einmal zu mir, als mein Baby-Bruder starb. Erst als ich Will kennenlernte, wurde es in mir wieder hell. Jonas ist tot, daran kann niemand etwas ändern. Aber Will ist nur weggelaufen, da muss man doch noch was machen können!
    Vor einer Woche kam der Schnee. Seitdem streuen sie Salz. Seitdem schwänze ich die Schule und laufe mit Pippa durch die Stadt, um Will zu suchen. Doch ohne Erfolg.
    Auf dem Friedhof hat Hubertus es bisher nur geschafft, die Hauptwege zu räumen.
    „Ich sag dir doch, hier ist er nicht!“, keucht Pippa, die auf meine Anweisung hin den alten Apfelbaum an der Friedhofsmauer hochklettert. „Wir sollten lieber noch mal in einem der großen Kaufhäuser nachgucken – da, wo es warm ist. In seinem dünnen Mantel und den Flipflops würde der Kleine sich hier zu Tode frieren.“
    „Selber schuld, wenn er friert“, brumme ich, obwohl ich mir auch Sorgen mache. „Er könnte ja einfach zurückkommen. Warum muss er nur so ein störrischer Dickschädel sein?“
    „Das sagt die Richtige!“ Eine Ladung Schnee rieselt mir von oben ins Gesicht. Ich habe den Verdacht, dass Pippa das extra gemacht hat.
    „Findest du nicht auch, dass Will ziemlich undankbar ist?“, beschwere ich mich, während ich versuche, den Schnee aus meinem Jackenkragen zu klauben. „Ich hab ihm alles beigebracht, ihn mit zu mir nach Hause genommen … Sogar gestohlen hab ich für ihn! Ist es da wirklich zu viel verlangt, sich an ein paar Regeln zu halten?“
    „Auch Statuen werden erwachsen“, antwortet Pippa, die inzwischen oben in den feinsten und höchsten Zweigen des Apfelbaumes herumturnt. „Hey, von hier oben hat man wirklich einen super Ausblick: Schnee, Grabsteine, Bäume … Aber leider kein Will. Kleiner, wir vermissen dich! Bitte komm zurück!“, brüllt sie, so laut sie kann. Da sie nur vier Zentimeter groß ist, hört sich das Brüllen eher nach Vogelgezwitscher an. „Los, Melina, du musst mitmachen!“
    Aber ich presse die Lippen aufeinander. Hinten in meinem Kragen muss noch ein Rest Schnee liegen. Ich spüre, wie er schmilzt und mir eisig den Rücken hinunterläuft.
    „Achtung, ich komm jetzt runter!“, piepst Pippa, die das Rufen inzwischen aufgegeben hat. „Fang mich auf, okay?“ Sie lässt sich von einem der niedrigeren Äste plumpsen und landet in meinem Schal, den ich ausgebreitet habe wie ein Sprungtuch von der Feuerwehr.
    „Vielleicht müssen wir einfach Geduld haben und Will Zeit lassen“, sagt sie und kuschelt sich an mich. „Du weißt doch, wie gut er immer im Versteck-Fangen war. Wenn er nicht gefunden werden will, finden wir ihn auch nicht.“
    Ich denke darüber nach, während ich durch den knirschenden Schnee stapfe. Am Friedhofstor bleibe ich stehen.
    „Was ist?“, fragt Pippa. „Komm, lass uns nach Hause gehen.“
    Doch ich höre nur mit halbem Ohr zu. In Gedanken bin ich immer noch mit dem beschäftigt, was Pippa über das Versteck-Fangen gesagt hat. „Du hast Recht, wir werden Will nicht finden, wenn er nicht von uns gefunden werden möchte“, sage ich und laufe entschlossen los. „Deshalb brauchen wir jemanden, der uns beim Suchen hilft.“
    „Hmm, du könntest Hubertus fragen …“, schlägt Pippa vor. „Oder Jessie.“
    Ich schweige grimmig.
    „Hey, nach Hause geht’s aber da lang! Das ist die falsche Richtung!“ Pippas Stimmchen klingt angespannt. „Wohin gehen wir, Melina?“
    „Wir gehen zu jemandem, der Will ganz sicher finden kann, egal wo er sich versteckt.“
    „Das ist nicht dein Ernst“, flüstert Pippa entsetzt. „Du meinst … Anubis? Du willst ihn aufwecken und auf Will hetzen?“
    „Anubis hat mir doch seine
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