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Melina und das Geheimnis aus Stein

Melina und das Geheimnis aus Stein

Titel: Melina und das Geheimnis aus Stein
Autoren: Marlene Röder
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lasse es.
    Stattdessen versuche ich, ganz ruhig zu bleiben. „Das stimmt nicht“, erkläre ich. „Meine Mutter war bloß traurig wegen meinem Bruder, das versteht doch wohl jeder.“
    „Du Dummi“, sagt Jessie, aber es klingt nicht unfreundlich. „Depression ist das Wort für Traurigsein. In Ärztesprache halt. Wenn es so schlimm ist, dass es eine Krankheit wird.“ Sie hält den Ball jetzt fest und guckt mich an. Als würde ich ihr leidtun und als wollte sie, dass es mir besser geht.
    Ist die Traurigkeit bei Mama so schlimm, dass es eine Krankheit ist? In Ärztesprache klingt alles irgendwie schlimmer.
    Jessie wirft mir den Ball zu, ganz sachte. Ich fange ihn auf und werfe ihn wieder zurück. „Außerdem geht es meiner Mutter schon wieder viel besser“, sage ich laut und versuche, selbst daran zu glauben.
    Der Ball fliegt wieder auf mich zu, genau wie Jessies Worte: „Aber du musstest neulich trotzdem für sie einkaufen gehen.“
    Das mit dem Einkaufen war zwar eine Lüge gewesen, aber Jessie hat trotzdem Recht. Das macht mich so wütend, dass ich ihr den Ball mit aller Kraft gegen die Brust schmettere. „Uff!“, ächzt Jessie. „Guter Wurf.“
    Ich habe mich weggedreht und blinzele die Wand an, bis das Verschwommene weggeht.
    „Bist du sauer, Melina?“, fragt Jessie hinter mir. „Blitzmerkerin!“, zischt Pippa. Ich drehe Jessie weiter eisern den Rücken zu, aber ihre Stimme kann ich noch hören. Und die klingt ziemlich niedergeschlagen: „Wieso passiert mir das dauernd? Ich sage doch nur, was ich denke. Wenn das falsch ist, kann man mir das ja sagen: Jessie, du redest Blödsinn. Aber die anderen Mädchen, die machen das nicht, die lästern hinter meinem Rücken. Und dann werde ich nicht zum Geburtstag eingeladen, obwohl ich nicht mal weiß, was ich falsch gemacht habe.“ Sie seufzt. „Mit Jungs ist es viel einfacher.“
    Ich drehe mich um und funkele sie an. „Ja, ich bin sauer. Du hast Blödsinn geredet, Jessie.“
    „Ich wollte nichts Gemeines sagen. Tut mir leid.“ An Jessies Gesicht kann ich sehen, dass sie es auch so meint.
    „Zu meinem Geburtstag lade ich dich trotzdem nicht ein.“
    „Ich dich auch nicht“, antwortet Jessie und grinst breit. Ich gehe los, Richtung Friedhof. Hinter mir höre ich Jessies Ball wieder gegen die Mauer dotzen.
    „Eindeutig: Buche!“, erklärt Pippa und stolziert über den Naturführer, den ich mir in der Schulbücherei ausgeliehen habe. Über ihrem rosa Plastikkleid trägt sie einen Rock aus gelben Blättern. „Experten wie ich erkennen das an dem gewellten Blattrand.“
    Ich verdrehe die Augen, stecke das Blatt vorsichtig in eine Klarsichthülle und mache einen Haken hinter „Buche“. Auf der Liste, die uns der Biolehrer ausgeteilt hat, stehen ziemlich viele Baumnamen. Auch welche, die ich noch nie gehört habe, wie zum Beispiel „Robinie“.
    „Du hast Glück, dass Will und ich dir bei den Hausaufgaben helfen“, sagt Pippa selbstgefällig. „Allein würdest du völlig planlos über den Friedhof irren und das Heburium würde nie fertig werden.“
    „Es heißt ‚Herbarium‘“, verbessere ich sie. „Das ist das lateinische Wort für Pflanzensammlung.“
    „Hab ich doch gesagt, Heburium“, behauptet Pippa. „Du wirst sehen, eines Tages geh ich von dir weg und werde eine weltberühmte Forscherin. Will kann vielleicht mein Gehilfe werden. Du leider nicht, du bist zu ungeschickt.“ Das reicht! Ich schnippe Pippa mit dem Finger von meinem Naturführer wie ein lästiges Insekt.
    „Pippa, schau mal! Was ist das?“ Will ist auf die Friedhofsmauer geklettert, um ein Blatt vom untersten Ast eines knorrigen Baumes zu rupfen.
    „Könnte ein Apfelbaum sein“, piepst Pippa, die sich gerade aus einem Mooshaufen herauskämpft. „Hat das Blatt Zacken?“
    Aber Will antwortet nicht, er starrt auf etwas, was jenseits der Friedhofsmauer liegt.
    „Will, was ist da? Was siehst du?“
    Die Mauer ist hoch, aber ich bin neugierig. Meine Füße finden in den Ritzen zwischen den Mauersteinen kaum Halt, mit schmerzenden Armen ziehe ich mich neben Will nach oben.
    „Du hättest mir ruhig mal helfen können“, beschwere ich mich und halte Ausschau nach dem, was Will so fasziniert. Aber es ist nichts Besonderes zu sehen, nur eine kleine Seitenstraße.
    „Was ist das?“, fragt Will aufgeregt und zeigt auf ein paar ganz normale Häuser.
    „Ähm, das sind Häuser.“
    „Was sind Häuser?“
    Ich versuche, geduldig zu bleiben. „Da wohnen Leute.“
    „Die
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