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Meines Bruders Moerderin

Meines Bruders Moerderin

Titel: Meines Bruders Moerderin
Autoren: Irene Rodrian
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geschickt, ist, klug, umsichtig und ...«
    »Und dringend Geld braucht?«
    »Ja. Und der ohne ...«
    »Ohne Familie ist?«
    »Ja, der frei ist. Der Job enthält ein gewisses, allerdings kalkuliertes Risiko. Deshalb habe ich Sie ausgesucht. Sie sind mutig, aber nicht tollkühn, Sie nehmen es mit den Gesetzen und der Moral nicht übergenau. Sie haben keine Bindungen hier, richtig? Sie könnten also im äußersten Notfall Barcelona verlassen. Sie sind integer, haben einen ziemlich strikten Ehrenkodex. Und Sie können schweigen.« Er wandte sich ihr zu, leise und eindringlich. »Ich habe Sie ausgesucht, weil ich Sie brauche.« Seine grünen Augen schimmerten feucht. Theater? Tränen? Salzluft? Er sah hilflos aus und irgendwie verwirrt. »Bitte.«
    I've got you under my skin ... Plötzlich schallte Frank Sinatra vom Park hoch. Eine Gruppe junger Leute ließ sich zum Picknick unter den Palmen nieder. Frank Sinatra, ausgerechnet. Weil ich Sie brauche. Ein ohrenbetäubendes Krachen und eine Dreifachtarta in Violett, Silber, Grün und Rot. Fehlte nur noch die Sahne, dann wär's eine Hochzeitstorte geworden.
    Barbara zwang sich, cool zu antworten. »Anzunehmen, dass Sie keine zwei Millionen verschenken. Also ist das der Preis für eine kriminelle Handlung. Ein guter Preis. Wofür? Einbruch in ein hoch gesichertes Objekt? Juwelendiebstahl? Kunstraub?«
    »Mord.«
    Come fly with me , sang Sinatra. Die jungen Leute lachten, küssten sich und ließen Champagnerkorken knallen. Reimann beugt sich zu ihr herüber. Barbara wich nicht zurück.
    »Wen?«
    »Mich.«
    Schweigen. Sie sah sich in seinen Augen. Seine Hände umfassten ihr Gesicht. Lächeln. Er küsste sie.
    »Meine schöne Mörderin.«

3
    Vom Pati Llimona zum Polizeipräsidium in der Laietana waren es zu Fuß keine zwanzig Minuten. Pia liebte es, durch die engen und krummen Gassen zu gehen, Freunde zu sehen, Leute zu grüßen und kurz vor Dienstbeginn noch einen americano doble im Mesón del Café zu trinken. Es gab sowieso im ganzen barrio kaum Parkplätze, und sie benutzte ihren alten Toyota so gut wie nie. Er hatte einen Standplatz in der Tiefgarage an der Plaça Regomir gleich um die Ecke und rostete da friedlich vor sich.
    »Du musst doch nicht etwa ausgerechnet heute arbeiten«, Gabriel stellte ein Tellerchen mit fein gewürztem Blätterteiggebäck neben ihren Kaffee. Gabriel schrieb in seiner Freizeit Kriminalromane und verlegte sie selbst. Er interessierte sich brennend für ihre Arbeit und ihr Leben. »Von deiner Wohnung aus hättest du einen einmaligen Blick auf das Feuerwerk heute Nacht.«
    »Ja, und ich hätte eine Party geben und dich einladen können.«
    »Ich hätte für den Champagner gesorgt«, Gabriel grinste verlegen und wandte sich einem anderen Kunden zu. Sein kahler Kopf und seine massige Gestalt ließen ihn älter wirken als er war. Sein Urgroßvater hatte die Kaffeemaschine erfunden. Nicht ahnend, dass es sie schon längst gab. Er war ein guter Freund, Pia hätte mit ihm reden können. Sie sagte nichts. Zahlte nur und ging.
    Bumpin' on Sunset jazzte es von der Kreuzung hoch. Eine Gruppe tschechischer Rucksacktouristen aus dem Jugendhotel. Zwei Amerikaner kamen dazu, Saxophon und Gitarre, Pedro holte seine Trompete. Die Leute blieben stehen und kamen auf die Balkone heraus. Bierdosen kreisten. Einer Frau im vierten Stock rutschte die Schüssel mit dem Tomatensofrito aus der Hand. Pia konnte gerade noch wegspringen. Ein paar Spritzer erwischten sie trotzdem. Sie trug wie immer Jeans, Turnschuhe, Weste und T-Shirt. Es waren nicht die ersten Flecken.
    Pia hatte sich freiwillig zum Einsatz gemeldet. Erfahrungsgemäß gab es in dieser Nacht immer sehr viel Arbeit, jede Menge Körperverletzungen, Eigentumsdelikte, Überfälle und auch Morde. Da wurde jeder Kollege dringend gebraucht. Aber das war es nicht. Sie hatte die Karte voller Überstunden und eigentlich frei. Sie rannte fast, um der festlichen Stimmung zu entkommen. Als sie am beeindruckend großen Polizeipräsidium ankam, dem weißen Palast der Comisaría, der Jefatura Superior, war sie etwas außer Atem. Drei voll besetzte Mannschaftswagen schossen aus der Einfahrt und rasten hinüber zur Plaça de Sant Jaume. Demos und Umzüge. Rund um das Rathaus waren alle Straßen gesperrt. Pia grüßte Felipe und Manolo, die heute Wache halten mussten und in ihren geschniegelten Uniformen wie Zinnsoldaten aussahen.
    Manolo war ein gutmütiges Landei aus Andalusien, der mit seinem gesicherten Arbeitsplatz total
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