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Meine Verfuehrung

Meine Verfuehrung

Titel: Meine Verfuehrung
Autoren: Lisa Renee Jones
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beschäftigt, um über den Traum oder den Mann nachzudenken.
    Aber es ist fast zehn Uhr, und ich hatte kaum eine Pause. Ich wurde von Gästen geradezu überrannt, und auch das kranke, schreckliche Gefühl, als ich auf das Wasser zujagte, nimmt mir immer noch die Luft. Es ist frustrierend und beunruhigend, dass ich diesen Albtraum nicht aus dem Kopf kriege. Es wirkt sich auf meinen Job aus und auf die Trinkgelder, auf die ich angewiesen bin.
    Ich werde das Gefühl nicht los, dass etwas nicht stimmt, dass etwas Schlimmes geschehen wird. So habe ich mich seit der Woche vor dem Tod meiner Mutter nicht mehr gefühlt. Es macht mich verrückt, und ich will nur, dass dieses Gefühl weggeht. Aber es geht nicht weg.
    Montag, 13. Dezember 2010
    Ich habe von dem Mann aus der Galerie geträumt, aber bemerkenswerterweise erinnere ich mich nicht an Details. Ich weiß nur, es war dunkel und köstlich, so wie man von einem Mann wie ihm träumen sollte. Warum kann ich mich an den Albtraum mit meiner toten Mutter erinnern, in dem ich in die Bucht stürze, doch der Traum von einem erotischen, mächtigen Mann zerrinnt? Wahrhaftig, ich weiß nicht, was im Moment in mir vorgeht, aber ich habe das Gefühl, mich nicht mehr in der Hand zu haben. Jedenfalls habe ich mich heute nicht in der Gewalt gehabt, und habe das getan, was ich nicht tun wollte: Ich habe über den Mann in der Galerie recherchiert. Ich meine, welchen Sinn hatte es zu denken, dass er potenziell lebensverändernd ist, wenn ich ihm aus dem Weg gehe?
    Er heißt Mark Compton und ist Besitzer und Manager der Galerie; seiner Familie gehört Riptide, das berühmte Auktionshaus. Das ist der Mann, der mich gefragt hat, ob ich mich um einen Job bewerben würde. Der Besitzer. Das ist wie ein Zeichen, es ist der Grund, warum er mir so wichtig vorkam, als ich ihm begegnet bin. Denn er kann mich in der Galerie, in meinem Traumjob einstellen. Und so verrückt es ist, darüber nachzudenken, geschweige denn, es aufzuschreiben – ich glaube, er wollte, dass ich mich um das Praktikum bewerbe. Ich glaube, er wollte mich einstellen.
    Ich verspüre den brennenden Wunsch, hinzugehen und mich zu bewerben, obwohl es wahrscheinlich zu spät ist. Diese Jobs werden schnell vergeben, und die Konkurrenz ist groß. Sich für den Job zu bewerben und ihn nicht zu bekommen, wäre vernichtend, doch ich bin so weit gegangen festzustellen, ob ich meine Arbeitsstunden in der Bar reduzieren könnte, um Zeit für einen zweiten Job zu haben. Nach all meinen Jahren dort war die Antwort des neuen Chefs: »Nein«. Es gibt nur wenige solcher Stellen, aber jede Menge Leute, die bereit wären, meinen Job ohne Sonderwünsche zu machen. Also könnte ich, wenn ich keinen flexibleren zweiten Job finde, das Praktikum ohnehin nicht machen.
    Es wäre Wahnsinn. Es geht nicht. Es funktioniert einfach nicht. Verdammt sei Mark Compton dafür, dass er mich in Versuchung geführt und mich dazu gebracht hat zu denken, dass ich vielleicht, nur vielleicht, diesem Traum noch einmal nachjagen kann.
    Mittwoch, 15. Dezember 2010
    Diesmal war der Albtraum noch schlimmer. Diesmal schießt der Straßenbahnwagen ins Meer, und die eiskalten Wellen schlagen über mir zusammen, während er sinkt und ich mich mühe hinauszuklettern. Ich bekomme Wasser in die Lungen und habe das Gefühl, dass sie platzen, als ich versuche, die rettende Luft zur Oberfläche zu erreichen. Ich dränge mit aller Macht nach oben und treffe dort meine Mutter, die mich wieder hinunterstößt.
    Ich bin zornig, zorniger, als ich es seit langer Zeit gewesen bin – und ich war oft zornig. Ich zürne ihr, weil sie mich verlassen hat. Ich zürne ihr, weil sie mich belogen hat. Ich zürne ihr, weil sie mich ins Wasser zurückgestoßen hat und … und was? Was zur Hölle bedeutet dieser Albtraum? Dieses Gefühl von Grauen, von Tod will einfach nicht verschwinden.
    Ich muss zur Arbeit, obwohl ich den Job hasse. Vielleicht gehe ich einfach nicht hin. Aber verdammt, ich muss. Wie sonst soll ich mein Leben finanzieren?
    Freitag, 17. Dezember 2010
    Ich habe versucht, nicht daran zu denken, dass mir mein erstes Weihnachtsfest allein bevorsteht. Ich habe versucht, die Bäume, die Lieder und den Festtagsjubel auszublenden, alles Dinge, die ich früher mochte. Es hat nicht funktioniert. Und nun denke ich auch noch über Neujahrsvorsätze nach. Ich hatte nie Vorsätze. Ich meine – warum? Wer hält sie schon ein?
    Aber ich denke an nächstes Jahr und an mein Leben im Allgemeinen. Wenn
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