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Meine Seele weiß von dir

Meine Seele weiß von dir

Titel: Meine Seele weiß von dir
Autoren: Sabine Ludwigs
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würde ich Kochrezepte lesen. Oder mein Horoskop. Andererseits - welches Sternzeichen? Bin ich Schütze? Waage? Oder Löwe?
    Wenn das Frühstück aufgetragen wird, steht der Mann auf und sagt: „Rainer Maria wartet.“ Dann geht er.
    Heute, so habe ich mir ganz fest vorgenommen, werde ich ihn fragen, woher er all die skurrilen Menschen kennt, von denen er mir erzählt. Und wer Rainer Maria ist.
    Doch die Worte kommen einfach nicht aus mir heraus, bleiben stecken auf ihrem Weg nach draußen, als er mir erklärt, dass er mich mitnehmen wird.
    Morgen.
     
     
    Kapitel 2
     
    Ich bekomme die ganze Nacht kein Auge zu. Morgen, denke ich unablässig, morgen.
    Die Zeit bis dahin vergeht eigenartig. Einerseits rast sie im Sekundentakt, andererseits schleppt sie sich über zähe Stunden dahin. Das bringt mich abwechselnd zum Frösteln und zum Schwitzen, dreht mich auf oder macht mich apathisch.
    Es ist früher Vormittag. Die Sachen, die ich anziehen soll – eine anthrazitgraue Leinenhose, eine bordeauxfarbene taillierte Bluse und schwarze Slingpumps - hat der Mann mitgebracht. Er hat sie vor dem Kleiderschrank abgelegt, in dem ich sitze und lausche, ob sich seine Schritte wieder entfernen. Was sie auch tun.
    Als ich nach einiger Zeit die leise quietschende Schranktür öffne und durch den Spalt hinausschaue, liegen die Sachen ordentlich gefaltet auf dem hellgrauen Linoleum.
    Ein Büstenhalter und ein Slip aus rosa Seide schimmern im Sonnenlicht wie schmelzendes Himbeereis.
    Ohne den Schrank zu verlassen, strecke ich eine Hand aus, greife nach dem BH und halte ihn unter meine Nase. Er duftet nach Waschmittel und Weichspüler, frisch und dezent nach irgendeiner Blüte. Jasmin, glaube ich, und ich denke: Aprilfrisch.
    Durch den Spalt angele ich hastig nach den restlichen Sachen, hole sie zu mir herein und ziehe die Tür wieder zu.
    Ich sitze im Halbdunkel und inhaliere den gleichen sauberen Geruch, der vermutlich an Tausenden anderer Slips, Hosen und Blusen auf der Welt haftet. Ein Geruch, der mir absolut nichts über die Frau verrät, der diese Kleider gehören. Nicht anders als die Unterwäsche, die leichten Nachthemden, der Morgenmantel und die Handtücher, die mir der Mann zuvor in die Klinik gebracht hatte. Alles duftet sauber.
    Nichts riecht nach dem Leben von Sina-Mareen.
    Hat sie einen Hund?
    Raucht sie?
    Welches Parfüm nimmt sie?
    Benutzt sie immer das gleiche Deo?
    Auf jeden Fall sind die Kleidungsstücke von guter Qualität und schlichter Eleganz. Die Stoffe fühlen sich weich und anschmiegsam an. Die Farbe der Bluse gefällt mir. So weit – so gut.
    Vorsichtig drücke ich die Schranktür auf. Das Zimmer liegt noch immer verlassen da. Leise komme ich hervor, ziehe das Nachthemd aus und die mitgebrachten Sachen an.
    In meiner Nervosität knöpfe ich die Bluse falsch zu. Bei der überschlanken Frau mit der blasslila Schläfe, die mich aus dem Spiegel heraus ansieht, steht die rechte Kragenseite hoch. Im Gegensatz dazu scheint das eine Blusenende kürzer als das andere. Mit verschwitz t en Fingern öffne ich die Knopfleiste und schließe sie noch einmal richtig. Ich schlüpfe in die Schuhe und jetzt entdecke ich die Handtasche, die auf dem Bett liegt.
    Ich öffne sie und erfahre , dass die Frau Chanel No. 5 benutzt. Mit dem Lidschatten und der Wimperntusche, die ich darin finde, schminke ich meine Augen. Der Puder überdeckt das Glänzen der Nase und den Bluterguss. Ich kämme das blonde Haar. Es fällt in leichten Wellen bis weit über meine Schultern. Den Lippenstift benutze ich nicht, aber das Parfüm tupfe ich nach kurzem Zögern in meinen Nacken und die Mulde zwischen meinen Brüsten.
    Wieder liegt ein Hauch von Jasmin in der Luft, diesmal begleitet von Rosenduft und dem zart-blumigen Aroma der Neroli.
    Die Frau im Spiegel scheint eine Schwäche dafür zu haben. Diesmal schaut sie nicht nur prüfend, vielmehr mustert sie mich eingehend. Sie scheint mich zu scannen, beinahe, als könnte ihr mein Anblick irgendetwas verraten.
    Oder ist es umgekehrt?
    In diesem Moment klopft es.
    Ich springe zurück in den Schrank und ziehe die Türe so hastig zu, dass ich mir die Finger einklemme. Ich zische vor Schmerz.
    Dann höre ich ihn.
    Meinen ... Mann.
     
    Er nähert sich dem Kleiderschrank und bleibt stehen. Es folgen das vertraute Geraschel, als er sich zu Boden sinken lässt und sich hinsetzt, seine Atemzüge und schließlich seine Stimme, deren Klang mich selig macht.
    „Elisabet wollte unbedingt mitkommen, dich
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