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Meine Schwester ist eine Mönchsrobbe - Frascella, C: Meine Schwester ist eine Mönchsrobbe

Meine Schwester ist eine Mönchsrobbe - Frascella, C: Meine Schwester ist eine Mönchsrobbe

Titel: Meine Schwester ist eine Mönchsrobbe - Frascella, C: Meine Schwester ist eine Mönchsrobbe
Autoren: Christian Frascella
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wie ein Gespenst oder eine dieser Verrückten, die in Schauerromanen in geheimen Burgverliesen eingesperrt werden. »Was machst du denn da?«, fragte sie.
    Ich zeigte auf den abgesoffenen Rasenmäher. »Ich spiele Karten, siehst du das nicht?«
    »Warum mähst du den Rasen?«
    »Warum springst du nicht aus dem Fenster?«
    »Lass deine Schwester in Ruhe«, drohte mein Vater. »An die Arbeit.« Und er tippte vielsagend auf die Gürtelschnalle.
    Ich versuchte, den Rasenmäher wieder in Gang zu setzen.
    »Ciao, Papa«, sagte Francesca.
    »Ciao, Schätzchen.«
    »Hast du gegessen? Soll ich dir was kochen?« Die heilige Franziska aus der Grabnische. Zum Kotzen.
    »Nein, danke.«
    »Ich hab Hunger«, sagte ich.
    »Du sollst arbeiten, hab ich gesagt!« Mit einem unglaublich langen Schluck erledigte er die nächste Dose.
    »Trink nicht so viel, Papa«, ermahnte ihn die Heilige. Und zu mir: »Und du mäh weiter.«
    »Halt den Mund«, sagte ich, »sonst komm ich mit diesem Ding rauf und schere dir deinen Damenbart und die Haare.«
    Ihr Kopf verschwand. Und der Scheißrasenmäher setzte sich wieder in Bewegung. Während ich mich durch die Savanne schlug, überlegte ich, dass es keine Gerechtigkeit auf der Welt gab. Zusammengeschlagen von einem Gehirnamputierten, der auf so was wie Terminator abfuhr; gedemütigt wegen einer Schlampe; von einem arbeitsscheuen Alkoholiker-Vater bedroht; Bruder einer durchgedrehten Klausurnonne, Sohn einer Mutter, die mit einem jungen Pumpenschwengel geflüchtet ist; potentieller Fische-Aufschlitzer; außerdem müde, verdreckt und zerbeult. Nee, Gerechtigkeit gab es wirklich nicht. Mein Leben lief nicht in die richtige Richtung.
    Ich sagte es laut: »Mein Leben läuft nicht in die richtige Richtung.«
    Mein Vater brach in schallendes Gelächter aus, schaukelte in seiner Hängematte und trank.
    Ich brauchte etwa vier Stunden, bis ich unter Keuchen und Fluchen den Bezirk um die Hängematte erreichte, den letzten Teil der Arbeit. »Entlaubung auf der Zielgeraden«, rief ich. »Aber Psychostress bereits über dem erträglichen Limit.«
    Ein wenig unsicher auf den Beinen – der Achterpack war seit geraumer Zeit geschafft, und er war fast eingeschlafen – stieg mein Vater aus der Hängematte und ließ seinen Blick über die Wiese schweifen. Das gemähte Gras lag in kleinen, unregelmäßigen Haufen herum. »Saumäßig schlechte Arbeit«, sagte er mit leiser Stimme.
    »Ich hab mir den Arsch aufgerissen, Chef, bedenke das bitte.«
    Er nahm mir den Lenker des Rasenmähers aus der Hand. »Verschwinde, ich mach weiter. Und wasch dich. Und beim nächsten Mal lässt du dich nicht fast totschlagen, du Trottel.«
    Noch bevor ich im Haus war, beugte er sich schon über den Rasenmäher, um sich mit Armen und Beinen in Richtung Gartenmauer vorzuarbeiten. Ich sah sofort, dass er viel schneller war als ich. Was mich ziemlich deprimierte.
    Bis zum späten Abend schuftete er mit dem Rechen, kehrte alles Gras zu einem einzigen Haufen zusammen und verweigerte das Abendessen trotz Francescas Protesten. Ich brachte ihm ein paar Biere, die er entgegennahm, ohne mich eines Wortes zu würdigen. Seine muskulösen Arme waren verschwitzt, die Hände schwielig, ein Büschel grauer Haare klebte ihm in der Stirn.
    Später, meine Schwester sah fern, beobachtete ich ihn vom Fenster aus. Von Zeit zu Zeit hielt er beim Rechen plötzlich inne, wandte sich ohne erkennbaren Grund dem noch blassen Viertelmond am Himmel zu und neigte den Kopf erst zur einen, dann zur anderen Seite, als versuchte er, irgendein seltsames Detail zu erspähen.
    Nach einer unruhigen Nacht wachte ich am nächsten Morgen mit Schmerzen am ganzen Körper auf. Als würden Kolben gegen jeden einzelnen Muskel und jedes Gelenk hämmern.
    Ich schaffte es, mich im Bett aufzusetzen. Durch das Fliegengitter vor dem Fenster fiel das schwache Licht des frühen Morgens. Scheiße. Ich tastete nach den Zigaretten auf dem Nachttisch und zündete mir eine an. Die Vorstellung, dass ich in einer Stunde in der Schule erscheinen musste, war unerträglich.
    Wenn der Kampf mit Schwarzy wenigstens unentschieden ausgegangen wäre, hätte ich es sogar auf mich genommen, in diesem jämmerlichen körperlichen Zustand in die Klasse zu gehen. Aber ich war zusammengeschlagen worden, und die Schande der Niederlage plus diverse Verletzungen, das war zu viel für einen Sechzehnjährigen.
    Als die Kippe ausgedrückt war, blieb ich eine Weile sitzen, um dem Klopfen meines Herzens zuzuhören. Ich
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