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Meine Kuehe sind huebsch, weil sie Blumen fressen

Meine Kuehe sind huebsch, weil sie Blumen fressen

Titel: Meine Kuehe sind huebsch, weil sie Blumen fressen
Autoren: Paul Bedel
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mit wie dem Meer. Er beeinflusst das Wetter, aber auch die Milch, die Milch deiner Kühe, die schlechter
     wird.
    Bei uns regnet es Meerwasser!
    Das Gras wird von der Gischt gesalzen, und die Butter wird von selbst salzig.
    Wenn der Raz auf einmal austrocknen würde, würde man allerhand Strandgut finden. Oder zumindest das, was davon übrig geblieben
     ist. Wahrscheinlich nicht mal die Hälfte. Wenn du ihn so anschaust, wie er gegen das Ufer anrennt und dich anbrüllt, dann
     bist du so klein mit Hut. Du bist nicht eingebildet, aber Angst hast du auch nicht. Er ist mit dir und gegen dich, man muss
     ihn nur kennen.
    An der Passage, die wir
La Deroute
nennen, ist jeden Tag Krieg. Die besiegten Ströme werden geduckt.
    Der Raz, der mein Leben so sehr geprägt hat, ist ein Menschenfresser.
    Aber der »Fußfischer« ist auch ein reißendes Tier.

Der Felsengarten
    Ich gehöre zu den Landfischern, nicht zu jenen, die gern auf Boote gehen, die Meeresfischer, die Meeresluft schnuppern, und
     allmählich nehmen ihre Hände und ihre Kleidung den Geruch ihrer Boote an. Zu Fuß fischen hat meine Tante Fernande dazu gesagt,
     die ich sehr mochte. Sie war Schneiderin und hat mir meinen ersten Anzug gemacht, ich sollte »ein hübscher Junge« sein, wenn
     ich zur Schule ging. Natürlich fühlte ich mich darin regelrecht eingeschnürt.
    Schon als kleinen Jungen nahm sie mich mit, damit ich auf den Felsen herumklettern und den Tang absuchen konnte. Durch meine
     Großmutter habe ich ebenfalls Bekanntschaft mit dem Wasser gemacht, aber mehr beim Waschen. Ich marschierte über den grünen
     Algenteppich, während sie die Wäsche machte, und natürlich fiel ich rein. Sie erwischte mich gerade noch an den Beinchen,
     ich konnte ja nicht schwimmen   …
    Die Geschicklichkeit der alten Damen – die damals lange nicht so alt waren, wie sie aussahen – beeindruckte mich unglaublich,
     vor allem, wenn wir große Felsen hinaufkletterten. Sie fischten nicht wie die Männer, sie sammelten Strandschnecken und Garnelen,
     manchmal die bretonischen Abalonen. Auch die Krebse sind in unserer Familie Frauensache.
    Wenn du die kleinen, runden Seespinnen nimmst und ihnen den Kopf abtrennst, kommt alles auf einmal heraus.Sie schmecken stark nach Schlick, gleichzeitig ist ihr Fleisch sehr fein. Man saugt ihnen die Füße aus. So vergeht bei Tisch
     die Zeit, und das Gebiss wird auch gestärkt.
    Meine Tante aß Garnelen manchmal noch roh, gerade wie sie aus dem Wasser kamen. Sie schnitt ihnen nur den Kopf ab. Mir gab
     sie Napfschnecken zum Auslutschen, die sie mit einer geschickten Bewegung mit dem Messer vom Felsen löste. Und ich machte
     es ihr nach. Das ist ähnlich wie beim Brombeerpflücken, da steckst du dir auch zwischendrin eine in den Mund.
    Und die Frauen mischten sich nie in Männerangelegenheiten.
    Mit dem Meer haben uns trotzdem die Frauen vertraut gemacht. Wie mit der Erde auch. Bis ich etwa zehn Jahre alt war, bin ich
     den Frauen unserer Familie immer an der Schürze gehangen. Sie haben mir beigebracht, wie man melkt, harkt und das Getreide
     zu Garben bindet. Als ich dann älter wurde, übernahm mein Onkel meine Erziehung. Er hat mir gezeigt, wie man mit Angelhaken
     umgeht und all das. Er hat mir sein Territorium vermacht. Aber der Geschmack am
iâo
, am Meerwasser, der kommt von meiner Tante und meiner Großmutter. Die ihr Territorium im Übrigen an die Schwestern übergeben
     haben.
    Die Ebbe macht mich ganz kribbelig. Sobald das Wasser sich zurückzieht, lasse ich das Ufer nicht mehr aus den Augen, wenn
     ich auf meinen Feldern da oben arbeite. Ich habe schon aus alter Gewohnheit einen Blick für die Felsen, die dann sichtbar
     sind, und habe mir daraus so eine Art Landkarte gemacht.
    Diese Landkarte, die alle alten Leute haben, werde ich früher oder später an die Jungen weitergeben. Dannwerde ich ihnen erzählen, wie ich im Abstand von zehn Jahren zwei Frachtschiffe über die
Greunes
habe schrammen sehen. Die
Greunes
sind mehrere Felsen unter Wasser, einer hübsch hinter dem anderen. Die Spitzen sind selten sichtbar, meistens verdeckt sie
     die Gischt des Raz mit ein paar Handbreit Wasser. Man könnte fast sagen, dass sie sich unter der Flut verstecken. Niemand
     kann sie sehen, man muss raten, wo sie sind.
    Ich war beide Male auf meinen
côtis
, auf den hoch über dem Meer gelegenen Feldern, als die Frachtschiffe um die nordwestliche Spitze von La Hague kamen. Aufgrund
     des hohen Wellengangs war ihr Schiffsbug danach wohl
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