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Meine Brüder, die Liebe und ich - Higgins, K: Meine Brüder, die Liebe und ich

Meine Brüder, die Liebe und ich - Higgins, K: Meine Brüder, die Liebe und ich

Titel: Meine Brüder, die Liebe und ich - Higgins, K: Meine Brüder, die Liebe und ich
Autoren: Kristan Higgins
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unserer Beziehung. Wir waren wandern, er konnte nicht mehr, und ich habe ihn Huckepack genommen, das war alles.
    „Du hast mich anderthalb Meilen auf dem Rücken getragen, Chastity. So was macht ein Sherpa, aber nicht die eigene Freundin.“
    „Es war schließlich nicht meine Schuld, dass du bei diesem lächerlichen Zwölfmeilentrip schlapp gemacht hast!“
    „Und noch etwas. Du schreist immer so.“
    „Ich schreie nicht!“, schreie ich und fange mich sofort
    wieder. „Ich habe vier Brüder“, fahre ich sehr viel leiser fort. „Da ist es nicht immer leicht, sich Gehör zu verschaffen.“
    „Meinst du denn wirklich, das hat noch einen Sinn?“, will Jason wissen. „Es tut mir leid. Ich finde dich einfach nicht so attraktiv.“
    „Schön. Dann kann ich dir ja verraten, dass du öfter duschen solltest. Diese pseudolässige ‚Ich wasch mich nicht und klatsch Patchouli drüber‘-Haltung ist ziemlich eklig!“
    „Wie du meinst … Hier.“ Er zieht sein Portemonnaie aus der Tasche und wirft ein paar Scheine auf den Tisch. „Das sollte für meinen Anteil reichen. Mach’s gut.“ Er windet sich aus der Sitznische.
    „Jason?“
    „Was ist?“
    „Du wirfst wie ein Mädchen!“
    Er verzieht das Gesicht und geht.
    Es ist mir vollkommen egal. Oder? Es ist ja nicht so, als wäre er „der Richtige“ gewesen! Er war nur ein Experiment, das Eintauchen eines einzelnen Zehs in das Verabredungsmeer von Upstate New York. Das Gute ist, dass ich seine haarlosen, sommersprossigen Beine nicht mehr zu sehen brauche. Und ich muss nicht mehr mit ansehen, wie er sein Essen in winzig kleine Puzzleteilchen zerschneidet, die er so lange kaut, bis sie nur noch aromatisierte Spucke sind. Ich muss nicht mehr dieses komische Nasenpfeifgeräusch hören, das er selbst überhaupt nicht wahrnimmt. Außerdem war er nur eins achtundsiebzig – fast fünf Zentimeter kleiner als mein Prachtkörper.
    Prachtkörper. Genau. Ich schiebe die Champignons beiseite – wie kann man jetzt noch Hunger haben? – und leere mein Weinglas in einem Zug. Nicht attraktiv genug. Arschloch. Jason sieht auch nicht gerade so sexy aus wie George Clooney. Er war nichts weiter als ein dünner, blasser, zottelhaariger Blödmann, der mich angesprochen hat. Er wollte mit mir ausgehen! Ich habe mich ihm nicht an den Hals geworfen. Ich habe ihn schließlich nicht entführt oder so etwas, ihm keinen Sack über den Kopf geworfen, Handschellen angelegt und in den Kofferraum meines Wagens verfrachtet. Ich musste keine Grube im Keller ausheben und ihn dort anketten. Warum bin ich ihm plötzlich nicht attraktiv genug?
    Das hat nichts zu bedeuten, beruhige ich mich. Jason hat nichts bedeutet. Er war einfach nur der erste Typ, mit demich seit meiner Rückkehr in die alte Heimat ausgegangen bin. Na ja, eigentlich der erste Typ, mit dem ich seit … ich weiß nicht wann ausgegangen bin. Seit langer Zeit, jedenfalls. Jason war nur ein Frosch, den ich geküsst habe, kein verzauberter Prinz. Natürlich will ich eine feste Beziehung. Aber vielleicht setze ich mich etwas zu sehr unter Druck, endlich zu heiraten und meine vier Wunschkinder in die Welt zu setzen.
    Ich bin fast einunddreißig – für Frauen wie mich ein schreckliches Alter. Wo sind all die Typen hin, die ich mit Mitte zwanzig kennengelernt habe? Es muss eine Art Schwelle geben, die wir Frauen überschreiten. College, Uni, der erste richtige Job … eine tolle Zeit! Aber wenn wir dann ein paar Jahre Karriere auf dem Buckel haben … Aufgepasst, Jungs! Sie will einen Ring!
    Mit der Hoffnung auf Gesellschaft sehe ich mich unauffällig im Restaurant um. Das Emo ist gut belegt – Familien, Pärchen aller Altersstufen, Freunde. Mein Status als frisch Abservierte hat sicher schon die Runde gemacht. Im Grunde ist es natürlich besser, als mit Jason zusammen zu sein, aber trotzdem. Ich bin der einzige Mensch, der allein dasitzt. Das Emo – ein Lokal, das meine Familie so oft besucht, dass eine Sitznische unseren Namen trägt – ist halb Bar, halb Restaurant; die beiden Bereiche sind durch Glastüren getrennt. Auch die Bar ist ziemlich voll. Meine geliebten Yankees bestreiten ein Heimspiel. Die ersten fünf Spiele der Baseball-Saison haben sie schon gewonnen. Ich frage mich, warum ich überhaupt mit Jason ausgegangen bin, wo ich stattdessen meinem Lieblingsspieler Derek Jeter hätte zusehen können.
    Ohne weiteres Zögern verlasse ich den Ort meiner Erniedrigung und Nahtoderfahrung, gebe der Bedienung ein Zeichen und gehe
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