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Meine beste Feindin

Titel: Meine beste Feindin
Autoren: Megan Crane Sonja Hagemann
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Was mir klar geworden wäre, wenn ich nur richtig hingeschaut hätte.
    Aber ich hatte über Henry gar nicht nachdenken dürfen. Henry war tabu gewesen.
    Auf jeden Fall rückte Mitternacht näher, und das neue Jahr stand vor der Tür. Ich hatte Besseres zu tun, als mit dieser Unterhaltung Zeit zu verlieren.
    »Gus«, sagte Nate, »nicht Henry, okay? Nicht mein Mitbewohner . Zeig ein bisschen Respekt.«
    Ich schüttelte nur den Kopf und ließ ihn einfach stehen.
     
    Gemeinsam brüllten wir den Countdown, in New York senkte sich wie immer die Silvesterkugel und die Band spielte Auld Lang Syne . Ich umarmte Amy Lee und Oscar, und dann tanzte Georgia wild mit mir hin und her, bevor sie davonraste, um noch einmal zu telefonieren. In der Mitte der Tanzfläche kuschelten sich Paare eng aneinander, während ich eher am Rande Helen entdeckte, die Nate einen ihrer Komm-her-Baby-Blicke zuwarf.
    Henry stand neben ihnen, und unsere Blicke trafen sich.
    Ich lächelte.
    Er hielt einen Moment Blickkontakt und wandte sich dann ab.
    Das war es dann. Ein neues Jahr lag vor mir. Irgendwie würde Henry darin eine Rolle spielen. Da war ich mir sicher.
    In der Zwischenzeit blieb mir noch genau ein Tag, bevor ich die Schwelle zur Dreißig überschreiten würde.
    Es war ein langes, merkwürdiges Jahr gewesen. Das ganze Nate-Theater, mit dem aufregenden Anfang im Juli und dem ausgiebigen bitteren Ende. Die Henry-Geschichte. Oder Geschichten , besser gesagt. Helen. Amy Lees Ausraster und das neue Leben, das auf sie wartete. Georgia, die ein ganz neues Kapitel begann und endlich wissen wollte, was Chris Starling so zu bieten hatte.
    Vor einem Jahr hatte ich beschlossen, dass die letzten zwölf Monate vor dem großen Geburtstag die Krönung der letzten zehn Jahre sein sollten. Stattdessen hatte ich die Essenz dessen, was die Zeit zwischen zwanzig und dreißig so ausmacht, in ein einziges Jahr gepackt. Ach was, in ein halbes Jahr. Wenn ich ehrlich war, hatte ich Jahre damit verbracht, vor mir selbst wegzulaufen. Ich hatte mich hinter Dramen, Albernheit, Dummheit und Banalitäten versteckt. Ich hatte solche Angst, erwachsen zu werden. Ich hatte solche Angst, eine Beziehung einzugehen, in der ich genauso viel Liebe geben musste wie die, die mir zuteilwurde - anstatt mich in Sechstklässlerspielchen zu verstricken. Ich hatte mir selbst diesen ganzen Wenn-ich-erst-erwachsen-bin-Quatsch eingeredet, aber ich hatte insgeheim befürchtet, dass es niemals so weit kommen würde.
    Dieses Mal hatte ich allerdings wirklich etwas gelernt.
    Dieses Mal dachte ich, dass ich tatsächlich bereit war.
    Vielleicht ging es beim Erwachsensein gar nicht darum, irgendeine willkürlich festgelegte Altersgrenze zu überschreiten. Vielleicht ging es um etwas ganz anderes - um Stützräder und Fehler, um trial and error und darum, sich von Zeit zu Zeit zu fühlen, als ob man Flügel hätte.
    Die Idee gefiel mir so gut, dass ich nicht länger stillsitzen konnte. Ich stürmte auf die Tanzfläche, wo meine Freundinnen schon auf mich warteten. Wir hatten keine Flügel, aber wenigstens konnten wir tanzen.

Kapitel 24
    Ich verschlief den Beginn meines dreißigsten Geburtstags, weil ich nach den Anstrengungen der Silvesterfeierlichkeiten und der Versöhnung mit Amy Lee einfach nur erschöpft ins Bett gefallen war. Als ich am zweiten Januar aufwachte, hatte ich Ringe unter den Augen, lechzte nach einer Dosis Koffein, war wütend auf meinen lauten Hund und, allem Anschein nach, dreißig.
    Weniger spektakulär ging es wohl kaum.
    Nach der Silvesterparty waren Georgia, Amy Lee und ich fast die ganze Nacht aufgeblieben und hatten gekichert und getuschelt, als hätten wir uns nie zerstritten. Oscar war irgendwann im angrenzenden Zimmer verschwunden und schlief dort mit Linus an seiner Seite. Am nächsten Morgen hatten wir mit Blick auf die sturmumwehte Bucht zu unseren Füßen gefrühstückt und uns dann wieder in unsere Autos gezwängt, um den Rückweg nach Boston anzutreten.
    Sobald ich in meiner Wohnung war, die mich in ihrer bücherregaligen Pracht noch immer betörte, hatte ich mich so wie ich war aufs Bett geworfen. Gegen 23.00 Uhr war ich kurz aufgewacht, hatte die Jeans abgestreift und war unter die Bettdecke gekrabbelt, um die letzte Stunde vor meinem persönlichen Jahreswechsel in einer Art traumlosem Koma zu verschlafen.
    Schließlich bellte Linus vor der Schlafzimmertür. Mein fortgeschrittenes Alter und der Mangel an großartigen Träumen waren ihm völlig egal. Er wollte
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