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Mein Tag ist deine Nacht

Mein Tag ist deine Nacht

Titel: Mein Tag ist deine Nacht
Autoren: Melanie Rose
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eigenen Leib erlebte!«
    »Ich glaube dir.« Karen legte mir den Arm um die bebenden Schultern. »Hast du ihm denn die Chance gegeben, das, was du ihm erzählt hast, zu verarbeiten, oder hast du ihn einfach schonungslos damit konfrontiert und bist dann weggelaufen?«
    Ich blinzelte sie durch geschwollene Augenlider an. »Okay, ich bin geflüchtet, aber er ist mir nicht gefolgt?«
    »Woher weißt du, dass er nicht gerade an deine Wohnungstür hämmert?«
    »Es würde keinen Unterschied machen«, jammerte ich und brach erneut in Schluchzen aus. »Ich kann einfach nicht mehr. Ich kann nicht zwei Personen sein. Das ist niemandem gegenüber fair, und mir gegenüber am wenigsten!«
    »Ich weiß, ich weiß«, beruhigte Karen mich. »Ich habe mich ohnehin schon gefragt, wie lange du das aushalten würdest. Aber Lauren, denk an die Kinder. Sie brauchen dich! Was würde ohne dich aus der Familie werden? Grant kommt allein doch kaum mit ihnen zurecht. Ohne dich läge ihr Leben in den Händen einer endlosen Reihe von Kindermädchen. Die Kinder lieben dich, Lauren, ich sehe doch, wie glücklich sie sind, seitdem du da bist.«
    »Aber ich bin eine Betrügerin! Ich bin doch gar nicht ihre echte Mutter! Ich lüge, während ich in Laurens Körper stecke, sie, Grant und alle anderen, denen ich begegne, an.«
    »Sähest du es lieber, sie hätten überhaupt keine Mutter?«
    »Du könntest dich um sie kümmern, Karen. Sie lieben dich.«
    »Sie lieben mich als Tante. Für das Mutterdasein bin ich nicht gemacht. Ich bin gern hier und helfe, aber mein Leben findet in London statt. Ich liebe meinen Job, Lauren, und ich liebe Jen. Glaubst du etwa, Grant würde mir und meiner Partnerin erlauben, hier einzuziehen?«
    Sie hielt inne, als ich unter Tränen lächelte. »Vermutlich nicht.«
    Sie spürte einen Moment der Schwäche und drückte mich. »Bitte, Lauren, ich weiß, ich verlange entsetzlich viel von dir. Und ich weiß nicht, was du in puncto Dan vorhast. Aber Lauren muss bleiben!« Ihre Lippen bildeten eine entschlossene Linie. »Na komm, steh auf. Wir könnten doch zusammen nach einem Schaukelgestell für den Garten schauen, wie du es vorgeschlagen hast.«
    »Ich habe jetzt keinen Kopf für so etwas!«, rief ich, warf das Kissen beiseite und marschierte ins Badezimmer, wo ich in den Spiegel spähte. »Mein Gesicht ist total verquollen!«
    »Es regnet, da merkt das kein Mensch«, versetzte sie. »Komm, ich habe schon die ganze Wäsche erledigt, während du dich nach Epsom verdrückt hast, und für später eine Hühnchenkasserolle in den Ofen geschoben. Die Zeit hast du also.«
    Es dauerte zwanzig Minuten, um Laurens Gesicht passabel genug aussehen zu lassen, dann fuhren Karen und ich zu dem Bauernhof, den wir in der Woche zuvor mit den Kindern besucht hatten. Mir war aufgefallen, dass sie Spielgeräte verkauften, und nun wollten wir dort ein riesiges Schaukelgestell bestellen. In der zum Restaurant umgebauten Scheune nahmen wir ein spätes Mittagessen, von dem ich allerdings kaum etwas probierte. Karen versuchte mich aufzumuntern, und zusammen wählten wir schließlich ein großes, buntes Gestell aus.
    »Ich bin froh, dass es geliefert werden kann«, meinte sie, als wir durch den Regen zum Auto zurückrannten. »Das hätten wir nie in euren Wagen hineinbekommen.«
    Ich lächelte schwach, erfreut darüber, dass sie mich aus dem Haus gelockt hatte. »Ich hoffe, Grant kann es zusammenbauen, wenn es kommt«, sagte ich und ließ den Motor an. »Ich bin in solchen Dingen ein hoffnungsloser Fall.«
    Bereit, den Rückwärtsgang einzulegen, blickte ich in den Rückspiegel, und gab dann einen langen Pfiff von mir.
    »Da ist ist mein Stalker.«
    Jason stand rittlings über seiner starken Maschine und beobachtete uns. In kleinen Bächlein lief das Wasser sein Gesicht hinab, und sein blondes Haar klebte ihm am Kopf.
    »Er muss verrückt sein, wenn er bei solch einem Wetter mit dem Motorrad unterwegs ist«, rief Karen, und drehte sich nach ihm um. »Was glaubt er denn, erreichen zu können, wenn er dir hinterherjagt?«
    »Keine Ahnung«, erwiderte ich aufgebracht und bahnte mir mit dem Auto den Weg durch Pfützen auf die asphaltierte Zufahrtsstraße. »Aber er muss uns von zu Hause gefolgt sein. Wahrscheinlich haben wir das gar nicht mitbekommen.«
    In diesem Augenblick kam das Motorrad an uns vorbeigerast, und Gischt spritzte auf.
    »Heiliger Strohsack!«, kreischte Karen, als die Maschine geradewegs vor uns stehen blieb.
    Ich stieg auf die Bremse,
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