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Mein Tag ist deine Nacht

Mein Tag ist deine Nacht

Titel: Mein Tag ist deine Nacht
Autoren: Melanie Rose
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nach Pflegeheimen umgesehen hatte, dachte ich grimmig.
    »Jason, ich verlasse die Kinder nicht«, sagte ich leise.
    Er lehnte sich rasch noch ein Stück weiter durchs Fenster und küsste mich wieder voll auf den Mund. Als ich nicht reagierte, wich er zurück, schien mich eine Ewigkeit anzusehen, entfernte sich dann vom Auto und ließ den Motor seiner Maschine aufheulen. Einen schrecklichen Augenblick lang dachte ich, er würde wieder auf uns zurasen und den Wagen rammen, doch er wendete.
    »Wenn ich dich nicht haben kann, dann soll er dich auch nicht haben!«, schrie er.
    Schreckensstarr beobachteten wir, wie Jason den Motor hochjagte und davonbrauste, während wir dem im Dunst und Regen schwächer werdenden Motorradgeräusch lauschten.
    Hinter uns hupte jemand, und wir zuckten beide zusammen. Ich merkte, dass wir die Zubringerstraße zum Teil blockierten. Zitternd kurbelte ich das Lenkrad herum, bis der Wagen von der Böschung rutschte, winkte dem anderen Fahrer einen Dankesgruß für seine Geduld zu und fuhr auf die Hauptstraße zurück.
    »War das eine Morddrohung?«, fragte ich Karen auf dem Heimweg mit bebender Stimme. Mein Mund war wie ausgedörrt. »Sähe er mich lieber tot als mit Grant zusammen?«
    Sichtlich besorgt, legte Karen die Stirn in Falten. »Bestimmt das leere Geschwätz eines verschmähten Liebhabers. Aber wir müssen hoffen, dass er nichts anstellt.«
    »Was meinst du, sollten wir die Polizei einschalten?«
    »Ich glaube nicht, dass die viel ausrichten könnte. Er hat dir ja nichts getan, oder? Und ich glaube auch nicht, dass er es täte. Der ist doch einfach nur völlig vernarrt in dich.«
    Ich musste daran denken, wie Dan mir gesagt hatte, er sei völlig verrückt nach mir. Armer Jason, dachte ich. Armer Dan.
    Wieder daheim, tranken wir schweigend eine Tasse Tee, nicht sicher, was wir einander sagen sollten. Draußen goss es weiterhin in Strömen. Es war fast schon Zeit, die Kinder von der Schule abzuholen, und ich bat Karen mitzukommen, falls Jason einen weiteren Versuch startete, seine Geliebte zurückzuerobern.
    »Und wie verhalte ich mich jetzt Grant gegenüber?«, fragte ich, als wir einmal mehr durch den Regen fuhren. »Lauren hatte ja offensichtlich Angst um sich und Teddy.«
    »Das könnte Jason auch nur erfunden haben«, warnte mich Karen. »Der hätte doch alles gesagt, um dich zurückzugewinnen.«
    »Nein.« Ich schüttelte den Kopf. »Das ergibt schon alles einen Sinn. Grant ist so herrschsüchtig. Der hätte Lauren nie gehen lassen. Und von Jason hat er eindeutig gewusst, deshalb hat er auch meinen Gedächtnisverlust bezweifelt. Vermutlich konnte er sein Glück kaum fassen, dass ihm, gerade als seine Welt zusammenzubrechen drohte, eine neue Chance offenbart wurde. Lauren konnte sich weder an die Affäre noch an die Tatsache erinnern, dass er sie geschlagen hatte. Und es erklärt, wieso er nichts von dem Pflegeheim für Teddy wusste. Das hat Lauren wahrscheinlich heimlich in die Wege geleitet.«
    Als wir beim Kindergarten eintrafen und davor parkten, war es stockdunkel. Falls Jason irgendwo auf mich lauerte, wären wir gar nicht imstande gewesen, ihn zu sehen.
    Toby und Teddy kamen zusammen heraus. Wir lauschten ihrem aufgeregten Geplapper, aber mit den Gedanken war ich anderswo. Die Mädchen waren nicht so gut gelaunt, da man ihnen viele Hausaufgaben aufgebrummt hatte, aber ich munterte Nicole bald auf, indem ich sie daran erinnerte, dass sie am nächsten Tag Ginny mit in die Schule nehmen könnte.
    Sobald wir ins Haus traten, wehte uns aus dem Ofen der Duft von Karens Kasserolle entgegen, und die Kinder verlangten lauthals, sofort essen zu dürfen. Ich hastete in die Küche, hielt nur inne, um mir eine Schürze umzubinden, und war gerade dabei, den Tisch zu decken, als es an der Tür klingelte.
    »Kannst du bitte aufmachen?«, rief ich Karen zu, während ich die feuerfeste Form auf die Küchentheke stellte und den Deckel abnahm. Ich hatte begonnen, mit einer Suppenkelle die Hühnchenportionen auf die Teller zu verteilen, als Karen aschfahl in die Küche kam.
    »Was ist denn?«, fragte ich fassungslos.
    Hinter ihr erschienen zwei uniformierte Gestalten in marineblauen Mänteln, die ihre flachen Mützen in den Händen herumdrehten.
    »Es geht um Grant«, erwiderte Karen tonlos. »Er hatte einen Unfall.«
    »Es tut mir sehr leid, Mrs.Richardson.« Einer der Polizeibeamten trat auf mich zu. »Der Wagen Ihres Mannes war an einer Mehrfachkollision beteiligt, und Ihr Mann wurde vom
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