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 Mein spanisches Dorf

Mein spanisches Dorf

Titel: Mein spanisches Dorf
Autoren: Brigitte Schwaiger
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mir oder glaubst du es nicht, habe ich sie gefragt. Und sie hat mich wieder so angeschaut, daß ich gesehen habe, sie weiß nicht einmal, ob sie es glauben soll oder nicht. Sie war einfach zu dumm. Und am Abend vor dem Einschlafen habe ich ihr wieder aus dem Roman vorgelesen, und manchmal habe ich ihr von der Guggi erzählt, wie interessant es war mit ihr, und von der Frieda, wie sich alle gefürchtet haben vor ihr, aber es hat gar keinen Eindruck auf sie gemacht.
    Anstatt daß sie sich ein kleines Beispiel genommen hätte an der Guggi oder an der Frieda, ist sie einfach eingeschlafen.
    Dann haben sie außerhalb der Stadt die Fabrik gebaut, und es hat keine Dienstmädel mehr gegeben. Die Edeltraud ist sofort hinaus und eine Näherin geworden. Manchmal habe ich sie am Abend abgeholt, und ich wäre auch gern in der Fabrik gewesen statt in der Schule, weil die Edeltraud und ihre Freundin ein Zimmer gemietet haben in der Stadt, ganz unabhängig, und da sind oft Burschen aus der Kaserne zu Besuch gekommen.
    Dienstmädchen hat es nur mehr gegeben zu dreitausend Schilling im Monat mit Fernseher und jeden Sonntag frei. Aber durch einen Zufall ist dann die Angela ins Haus gekommen.
    Sie war nur vier Tage und zwei Nächte bei uns. Und sehr vielversprechend hat es angefangen. Es war am Allerheiligentag. Die ganze Familie auf dem Friedhof, nur ich nicht, wegen meiner empfindlichen Ohren. Und die Angela setzt sich auf den Küchentisch und zieht den Rock hinauf und sagt, das wird sie im Winter tun auf dem Ball, weil die Männer ganz verrückt werden, wenn sie Knie sehen. Und wenn ich will, nimmt sie mich mit, sie kennt so viele. Und sie hätte eine Schlagersängerin werden können mit ihrem Aussehen, aber weil sie einen inneren Kropf hat, ist nichts daraus geworden.
    Endlich ein Dienstmädel, die gleiche Interessen hat, habe ich mir gedacht.
    Aber am nächsten Abend war die Etagere im Badezimmer fast leer. Nur die Zahnbürste von der Mutter und der Rasierapparat vom Vater sind noch dort gelegen. Im Schrank von der Angela haben wir dann alles wiedergefunden: Das Rizinusöl, die Wimpernbürste, den Lippenstift, den Puder und den Haarspray. Die Mutter hat unter vier Augen und in aller Güte mit der Angela ein Gespräch geführt. Dabei ist die Angela ganz rot geworden und hat gesagt, sie wird es nie wieder tun. Aber am nächsten Abend waren alle Lockenwickler weg, und die Unterwäsche von der Mutter hat sie in ihrem Koffer auf dem Dachboden versteckt. Jetzt hat die Mutter wieder mit ihr geredet, unter vier Augen, und die Angela hat gesagt, sie wird es nicht mehr tun. In der darauffolgenden Nacht ist sie aber nicht heimgekommen, und meine Mutter hat gesagt, das geht nicht. Weil auch das Goldketterl von meiner älteren Schwester gefehlt hat.
    Meine Mutter hat mit der Mutter von der Angela ein Gespräch geführt, und die Mutter von der Angela ist mit der Angela gekommen und hat gesagt: Da, knie nieder und bitte um Verzeihung! Die Angela hat sich im Vorhaus hingekniet und um Verzeihung gebeten. Meine Mutter hat gesagt, einmal probiert sie es noch mit ihr.
    Aber dann war die Etagere wieder leer, und die Zigaretten vom Vater haben gefehlt, und der Vater hat gesagt, es ist besser, wenn uns die Angela wieder verläßt.
    Jetzt haben wir die Frau Knoll, die kommt dreimal in der Woche aufräumen, seit zwölf Jahren. Wenn sie fertig ist, kocht ihr die Mutter einen Kaffee. Dann sitzt die Frau Knoll und raucht, und man spürt deutlich, daß schon lange eine neue Zeit angefangen hat.

Die erste Ohrfeige
     
     
    Wie er in Graz eingezogen ist, haben sie im Radio durchgegeben, der Führer hat zu Mittag Erdäpfel und Spinat gegessen. Das hat meiner Mutter gefallen, und sie hat sich gedacht, er ist wirklich ein guter Mensch. Weil auch ihr die Tiere immer sehr leid getan haben.
    Und wie im Radio durchgegeben worden ist, der Führer ist im Reichsbunker gefallen, da hat sich meine Mutter gedacht, das kann eine Falschmeldung sein. Der Führer will sehen, welche noch zu ihm halten und welche nicht.
    Sie hat gebetet, daß es nicht wahr ist, und daß ihr der liebe Gott ein Zeichen gibt. In der Nacht hat sie das Bild vom Führer von der Wand heruntergeholt und auf die Tuchent gelegt. Wenn es morgen noch auf dem Bett liegt, hat sie sich gedacht, dann lebt er. Und wenn es auf dem Boden liegt, dann ist er tot.
    Sie hat recht vorsichtig geschlafen, aber wie sie aufgewacht ist, war das Bild auf dem Boden.
    Und wie sie mit meiner älteren Schwester, die ein Kind für
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