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Mein schwacher Wille geschehe

Titel: Mein schwacher Wille geschehe
Autoren: Harry Nutt
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tun müssen, ist, meine Anweisungen zu befolgen. Wenn Sie nur einmal den falschen Weg einschlagen, sind alle weiteren Anweisungen sinnlos.« Hier spricht ein Zuchtmeister des Lasters, der nicht daran denkt, sich länger mit liberaler Beliebigkeit aufzuhalten.
    Allen Carr stellt sich als vormals schwerer Raucher vor, der irgendwann begriffen habe, worauf es ankommt. Er verrät das Geheimnis, |42| wie man wieder davon loskommen kann, nicht gleich zu Beginn. So richtig verstehen tut man es auch am Schluss nicht, aber es soll viele Ex-Raucher geben, die in seinen Büchern wie in der Bibel lesen. Warum es mehrere solcher Bücher geben muss, ist vielleicht allzu ketzerisch gefragt. Neben dem großen Klassiker gibt es eine kompakte Kurzfassung für alle, die sich nicht lange mit den Qualen des Aufhörens abgeben wollen. Auch wenn er die sanfte Tour propagiert, sich das Rauchen abzugewöhnen, muss man sich Allen Carr und seiner nachsorglichen Belagerung doch rückhaltlos anvertrauen. Soviel Guru-Attitüde muss wohl sein. Carr breitet zunächst einmal das verfügbare Wissen über das Rauchen aus. Die Gründe, warum man es tut, aber eben auch das weite Feld der gesundheitlichen Folgen. Er greift dabei nicht auf früher übliche Schockmethoden wie das Präsentieren von Bildern geteerter Raucherlungen etc. zurück. Allen Carr geht ganz behutsam vor, im Ton eines sympathischen Gemeinschaftskundelehrers: »Seit ich das Rauchen aufgehört habe, war es mein Hobby und später mein Beruf, den vielen Rätseln, vor die uns das Rauchen stellt, auf die Spur zu kommen, Es ist ein verzwicktes, faszinierendes Puzzle und praktisch unlösbar wie ein Zauberwürfel.«
    Es sei gar nicht schwer, wenn man die Kniffe kennt. Man solle sich dessen bewusst sein, dass es sich beim Rauchen um eine Sucht handelt, die sowohl mentale und körperliche Formen der Abhängigkeit erzeugt. »Zum Glück ist es leicht, von dieser Droge frei zu kommen«, schreibt Carr, »doch erst einmal müssen Sie akzeptieren, dass Sie süchtig sind.« Wie beim klischeehaften Einführungstreffen der Anonymen Alkoholiker besteht die erste Übung darin, sich einzugestehen, dass man süchtig ist. Rauchen ist Sucht. Ich heiße Udo und bin abhängig. Solche Initiationsriten klingen immer ein wenig nach sektenhafter Unterwerfung. Selbst­erkenntnis verlangt stets Demut. Allen Carr erlöst einen aber schon bald: »Beim Nikotinentzug erleidet man keine körperlichen |43| Schmerzen.« Die Qualen des Rauchers sind anderer Natur. Für den Raucher, der beschlossen hat, sich das Rauchen abzugewöhnen, müssen die Ausflüchte vorbei sein. Die Vergiftung des Körpers, so Carrs Erkenntnis, ist nicht das Problem. Zwar wirkt Nikotin wie alle Drogen. Nach einer Zeit des Wohlbefindens fällt das Glücksempfinden nach unterbrochener Stoffzufuhr stark ab. Der Körper verlangt nach mehr, er will, dass man die Dosis steigert. Wer Raucher kennt, die sich trotz einer brennenden Zigarette bereits die nächste anzünden, muss bei ihnen nicht gleich Anzeichen einer beginnenden Amnesie vermuten. Es äußert sich darin vielmehr der Impuls eines Rauchers, die Dosis zu erhöhen. Im Gegensatz zu anderen Drogen greift Nikotin den Körper in puncto Abhängigkeit nicht dauerhaft an. (Die Schädigung der Lunge und anderer Organe steht auf einem anderen Blatt). Schon nach etwa vier Wochen Abstinenz, rechnet Carr vor, ist der Körper von seinem Verlangen nach Nikotin befreit. Dass Raucher dennoch sehr viel länger brauchen, um von ihrem Laster loszukommen, schreibt Carr einer mentalen Abhängigkeit zu, die er Gehirnwäsche nennt. »Wie ich sagte, existiert die Gewohnheit gar nicht. Der wahre Grund, warum jeder Raucher weiter raucht, ist jenes kleine Monster in ihm. Immer wieder muss er es füttern.« Das kleine Monster in uns, der innere Schweinehund. Noch in den härtesten Kampfansagen gegen die Neigung zur Indolenz wird bevorzugt auf eine verniedlichende Märchenmetaphorik zurückgegriffen. Im Tier, vor dem man sich ekelt, versucht man zu bannen, was man eigentlich gar nicht fassen kann.
    Allen Carr verwendet viel Energie darauf, vor den falschen Methoden der Rauchentwöhnung zu warnen. Die Benutzung von Nikotinpflastern oder nikotinhaltigen Kaugummis, die eine kontrollierte Nikotinzufuhr regeln, verlängern, warnt Carr, lediglich die Sucht. Auch die kleinen Tagessiege, auf die man stolz ist, weil es einem gelungen ist, weniger zu rauchen, helfen nicht weiter. Die Wenigraucher, die gelegentlich als Helden einer
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