Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mein Name ist Eugen

Mein Name ist Eugen

Titel: Mein Name ist Eugen
Autoren: Klaus Schädelin
Vom Netzwerk:
zwischen den Beinen der Nachbarn herumkriechen.
    Dort unten im Untergrund hörte ich Wrigleys Baseldeutsch, hörte das Kollern der Bettflasche, und als mir nichts anderes übrigblieb, als wieder aufzutauchen, war ich einer klatschenden Ohrfeige sicher.
    Aber, o Wunder, Tante Melanie beachtete mich nicht, sondern sah geradeaus und klatschte nach diesem letzten Akt begeistert.
    Sie sagte hernach, diese Meisterleistung Wrigleys sei eine kleine Lüge und einen Kleiderraub wert gewesen, bloss solle man ihr so schnell wie möglich das lange Schwarze zurückerstatten, denn sie schäme sich nun doch, sich beim zweiten gemütlichen Teil im Dunkelvioletten zu zeigen.
    Ich war erlöst und schwebte die nächste halbe Stunde wie auf Wolken. Ich muss gestehen: Ich liebte diese Tante auf einmal ganz gegen meinen Willen, und erst spät kam ich auf den Gedanken, den Wrigley aufzusuchen, um ihm zu berichten, wie es glimpflich abgelaufen sei.
    Ich fand ihn nach langem Suchen bleich in der Garderobe, und er wollte sich von mir nicht trösten lassen.
    «Wrigley, Kopf hoch! Es ist alles im Blei!»
    «Ja, schön im Blei», murmelte er.
    Und nun erzählte er mir, was er wusste.
    Die Tante war nämlich richtig in der Garderobe erschienen, hatte hinter der spanischen Wand die Röcke vertauscht, war in den Saal zurückgekehrt, nachdem sie dem Wrigley die Wange getätschelt hatte. Aber kaum fünf Minuten seien vergangen, da sei sie wie ein zorniger Blitz und wie verwandelt zurückgekehrt, habe sich vor ihm postiert und ihm eine Lusche hinter die Ohren gehauen, dass er seither Mücken höre. Dann sei sie verschwunden mit den Worten: «Bürschchen, wir rechnen morgen ab!»
    Was in aller Welt denn geschehen sei?
    Ja, was war geschehen?
    Die Tante hatte sich im langen Schwarzen in den Saal zurückbegeben, dort sah sie der Eduard, und zwar nur von hinten, und weil er meinte, sie sei immer noch der Wrigley, ging er auf sie zu, hieb ihr gewaltig auf die Schulter und sagte:
    «Bist du eigentlich vom Aff gebissen?»
    Da kehrte sie sich um, und das Missverständnis war wenigstens für den Eduard aufgeklärt.
    Nun sass der Wrigley geknickt auf der Bank, derselbe Wrigley, der in der Schule Ohrfeigen der Lehrer hinnimmt, wie das tägliche Brot. Mit umwölkter Stirne brummelte er: Sich von einer Frau schlagen lassen, heisse für immer entehrt sein.
    Lieber Leser, spürst du die Moral?
    Wenn nicht, so rate ich dir, nur ja nie Röcke zu expropriieren.

KURZ VOR WEIHNACHTEN

    «Stälder, was hast du in deinem Pult?» fragte der Lehrer soeben den Wrigley, der mit einem roten Kopf über seinem Buche sass und tat, als habe er viel zu tun. Obschon er ein scheinbar gleichgültiges Mienenspiel hatte, sah man ihm an, dass vor einigen Sekunden ein Skandal seinen Anfang genommen hatte.
    Ja, wirklich, dem Wrigley war vorhin etwas Blödes passiert. Seit einer Woche hatte er mit dem sogenannten Kätheli Zeller eine Rechnung zu begleichen, weil er auf hinterlistige Weise von demselbigen verraten worden war, und weil wir wussten, dass dieses Mädchen vor Katzen ungefähr soviel Angst hat, wie normale Menschen vor den Löwen, hatte er die Cousine unserer Hauskatze mit in die Schule gebracht, um sie dem Kätheli in den Schulsack zu schmuggeln. Und wie das so geht, ausgerechnet an diesem Nachmittag musste die Zellerkäthle fehlen. Drum verstaute der Wrigley das Tierlein einstweilen in seinem Pult.
    Das hätte ja nichts geschadet, wenn das Biest nicht auf einmal begonnen hätte zu miauen, zuerst sehr zierlich, und dann so laut, dass der Lehrer zorngeschwellt nach hinten kam und wie schon beschrieben, vor dem Wrigley stehenblieb.
    «Will der Stälder vielleicht so freundlich sein, den Pultdäckel in die Höhe zu häben?» fuhr Herr Zacharias Lehmann mit seiner komischen Sprache fort und besorgte die Sache gleich selber, indem er dem Wrigley eine Ohrfeige klebte und mit einem kühnen Griff das Tierlein ans Licht beförderte.
    «Stälder, das ist kein schlächtes Beträgen, das ist eine schlächte Leistung! Note eins !» keuchte er und liess einen zweiten Schlag folgen.
    Und dann öffnete er genussreich das Fenster und warf das Kätzlein sage und schreibe vom ersten Stock auf die Strasse hinunter (gottlob hatte es Schnee). Anschliessend setzte dieser rohe Mensch den Wrigley vor die Türe und den Zwicker auf die Nase, nahm das Meerrohr aus der Ecke und verkündete:
    «Probe, elände Bande, Probe! Häfte rrauss, Näme oben rächts. Erschtens...»
    Und dann hatten wir eine, so eine
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher