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Mein Leben in 80 B

Mein Leben in 80 B

Titel: Mein Leben in 80 B
Autoren: Anja Goerz
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und noch heute tauschten wir uns fast täglich über alle wichtigen und unwichtigen Dinge des Lebens aus. Früher redeten wir über Hausaufgaben und Jungs, heute ging es um unsere Jobs, gemeinsame Bekannte und Männer. Nach außen versuchte meine beste Freundin immer, stark zu wirken, als könnte sie nichts erschüttern. Aber im Kern war sie weicher als Butter in der Sonne. Inzwischen kommunizierten wir vor allem per E-Mail, weil Elissa als Restauranttesterin in Westerland auf Sylt arbeitete. Sie bezeichnete sich selbst als zufriedene Ein-Personen-Familie und versicherte mir immer wieder, dass sie weder Kinder noch einen Mann dauerhaft in ihrem Leben brauche.
    Und wenn ich Antonio nicht getroffen hätte, befände ich mich heute vielleicht ebenfalls als Single auf Sylt oder in Hamburg oder vielleicht sogar in London und nicht im ehemaligen Osten zwischen Dessous und Gartenarbeit. Aber das Leben hatte mit mir etwas anderes vorgehabt und mich hier glücklich gemacht.
    «Also, mir gefällt das hier. Gibt’s das auch in Schwarz?» Man sah Susanne auf drei Kilometer Entfernung an, dass sie eher zur schlichten und konventionellen Sorte gehörte. Dementsprechend hatte sie sich einen einfachen, sandfarbenen Baumwoll- BH mit passendem Schlüpfer herausgesucht (Modell
Susanne
, leichte, in sich gestreifte Mikrofaser mit zarter Picotkante für einen eleganten Look, wahlweise mit Hüftstring, Hüftslip oder Panty ab 39 , 90  € pro Kombination). Ein Set, das ich meiner Mutter letztes Jahr zu Weihnachten geschenkt hatte. In Susannes Schlafzimmer musste es ja richtig abgehen. Die hatte wahrscheinlich auch Biberbettwäsche mit Feen-Bildern, Engelchen-Drucke an der Wand und ein Frottéhandtuch auf dem Nachtschrank, um Flecken auf dem Laken zu vermeiden.
    «Ja, das gibt es in Schwarz, Weiß und Creme. In den Größen siebzig bis neunzig, Körbchen Doppel-A bis Doppel-D, mit Schalen- BH oder mit Bügel. Ein echter Klassiker. Und heißt wie du: Modell Susi.»
    Susanne verschwand mit ihrer Abtörn-Garderobe ebenfalls in Richtung Schlafzimmer zur Anprobe.
    «Sag mal, habe ich dir eigentlich schon erzählt, dass mein Männe mich zu einem vorweihnachtlichen Einkaufsbummel und Wellness-Weekend nach Westerland eingeladen hat? Er hat da geschäftlich zu tun und nimmt mich einfach mit. Schickes Hotel am Strand, tolle Suite mit Blick aufs Meer, da werde ich es mir mal so richtig gut gehen lassen. Ein bisschen Wellness, die Nordsee und die gute Luft da oben, da perlt der ganze Vorweihnachtsstress förmlich von einem ab.»
    Sylvia hatte es gerade nötig, über Stress zu klagen. Keine Kinder, keinen Job, aber dafür eine Haushälterin, die das Essen kochte, sowie eine Putzfrau, die jeden zweiten Tag antrabte. Und einen Gärtner, der jetzt im Winter in aller Herrgottsfrühe auf der Matte stand, um die Gehwege vor dem Monster aus Glas und Beton, genannt «Häuschen», vom Schnee zu befreien.
    «Ach, tatsächlich? Sylt ist ja wirklich ein Traum in der Vorweihnachtszeit, sagt Elissa jedenfalls. In welchem Hotel seid ihr denn untergebracht?» Nicht dass es mich interessierte, in welches Bett Sylvia ihren designten Popo legen würde, aber Konversation war alles bei diesen Dessous-Events. Vor allem bei Sylvia funktionierte es glänzend. Ich musste nur aufpassen, dass ich im Laufe des Abends auf der gelegten Schleimspur nicht ausrutschte.
    «Wir sind natürlich im Mirabell. Das liegt ganz wunderbar, wenn man shoppen und gleichzeitig die Natur genießen will. Gleich um die Ecke befinden sich die besten Restaurants und die Fußgängerzone von Westerland, und zum Strand sind es nur ein paar Stufen. Einfach perfekt. Ich freue mich schon wahnsinnig, auch wenn mein Männe sicher nicht so viel Zeit für mich hat, der ist dann ja den ganzen Tag in Meetings. Aber er hat mir versprochen, dass er mindestens einen ausgiebigen Einkaufsbummel mit mir macht. Also, ich nehme das hier, und dann suche ich noch etwas in Rot, darf ruhig etwas schärfer ausfallen, das gefällt meinem Männe.» Sylvia hob vielsagend die Augenbrauen und wedelte mit Modell
Doreen
vor meiner Nase herum (zarte hellrosa Spitze mit kleinen Röschen in Creme, anschmiegsame Mikrofaser und sehr weicher Tüll mit feinen Guipure-Motiven, trägerloser Bügel- BH ab 73 , 90  €, passender String 44 , 95  €). Zielsicher hatte die Gastgeberin eines der teuersten Modelle herausgegriffen, die ich heute mitgebracht hatte.
    Ganz im Ernst: Ich konnte mir schon nicht vorstellen, dass es irgendwo auf der
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