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Mein Leben als Superagent

Mein Leben als Superagent

Titel: Mein Leben als Superagent
Autoren: Janet Tashjian
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ich Mom helfe, neue Fotos an die riesige Collagen-Pinnwand in ihrem Wartezimmer zu stecken. Wenn jemand das erste Mal mit seinem Tier kommt, macht Mom immer ein Foto von den Besitzern mit ihren Hunden, Katzen, Echsen, Frettchen, Hamstern oder Vögeln und pinnt die dann an die Collage, die inzwischen schon eine ganze Wand einnimmt.
    Collage
    »Ich hab neulich zufällig Maria Rodriquez beim Einkaufen getroffen«, sagt sie.
    »Wen?«
    »Carlys Mutter. Wir haben darüber gesprochen, dass ihr zwei euch in diesem Sommer mal wieder treffen könntet.«
    »Also, erstens bin ich schon zu alt für Spielverabredungen, die du für mich arrangierst. Und zweitens ist Carly ein arschkriecherisches Mustermädchen, das ich einfach nur widerwärtig finde.«
    widerwärtig
    »Ach komm, so schlimm wird sie schon nicht sein.« Mom pinnt ein Foto von einem betagten Herrn mit einem Kakadu auf der Schulter an die Wand.
    betagt
    »Doch, ist sie, glaub mir.«
    Als sie fertig ist, holt meine Mutter ein Buch aus ihrer Tasche, schnippt ihre Schuhe von den Füßen und machtes sich in einem der gemütlichen Wartezimmersessel bequem. Mich kann sie damit nicht reinlegen.
    »Wenn du das nur machst, um mir zu demonstrieren, wie toll Lesen ist, vergiss es – das zieht bei mir nicht.«
    Mom klappt das Buch zu, lässt aber einen Finger zwischen den Seiten eingeklemmt. »Ob du es glaubst oder nicht, Derek, nicht alles auf dieser Welt hat etwas mit dir zu tun. Ich habe jetzt ein Stündchen frei und wollte mich nur etwas entspannen – wenn ich also bitten darf …« Sie scheucht mich mit einer Handbewegung fort und widmet sich wieder ihrem Buch.
    Ich lasse sie im Wartezimmer allein und statte den Tieren in der Pension einen Besuch ab. Da ist ein Basset namens Lionel, der hier ist, weil sein Herrchen gerade Urlaub macht, und dann sind da noch zwei Katzen, dieich noch nie gesehen habe. Ich stecke Lionel einen Hundekeks aus der großen Blechbüchse auf dem Empfangstresen zu und schaue dann um die Ecke ins Wartezimmer, wo Mom immer noch liest, obwohl sie nicht weiß, dass ich sie beobachte. Sie hat den gleichen zufriedenen Ausdruck im Gesicht, den auch Carly in Jamies Laden hatte, und ich frage mich, ob Bücher vielleicht nur weibliche Wesen glücklich machen. Dann fällt mir ein, dass auch Dad und Onkel Bob gerne lesen. Langsam glaube ich echt, dass ich das Problem bin. Vielleicht ist das genauso wie mit der Augen- und Haarfarbe – vielleicht gibt’s irgendwo ein Leser-Gen, das man bei der Geburt mitbekommt oder eben nicht.
    Blechbüchse
    zufrieden
    Als meine Mutter umblättert, sieht sie mich in der Tür stehen. »Der perfekte Zeitpunkt, um mit einem derBücher auf deiner Leseliste anzufangen«, sagt sie.
    »Nein, danke.«
    »Ich könnte uns ein paar Kekse holen.«
    »Nein, danke.«
    »Ich erkläre dir auch die Wörter, die du noch nicht kennst.«
    »Nein, danke.«
    »Zwei Schokokekse pro Seite?« Sie klopft auf den Sessel neben ihrem – eine Einladung für mich, mich hinzusetzen. »Zeig mir mal die Bilder, die du bisher so von deiner Wortschatzliste gemacht hast.«
    Einladung
    Ich renne ins Haus und hole mein Skizzenbuch, setze mich neben Mom und zeige ihr meine Zeichnungen.
    Sie lächelt. »Ein paar davon erinnern echt an die Zeichnungen deines Vaters. Weißt du eigentlich, dass er als Kind immer ausgeschimpft wordenist, weil er ständig seine Schulhefte vollgekritzelt hat?«
    Ich schüttele den Kopf.
    »Er hatte eine Lehrerin, die seine Zeichnungen immer ›Hühnergekrakel‹ nannte, und ›Zeitverschwendung‹. Die wäre bestimmt erstaunt, wenn sie wüsste, dass er damit inzwischen seinen Lebensunterhalt verdient.«
    Das bringt mich auf eine Idee und ich zeichne ein Bild von Dad als Kind, wie er mit einem riesigen Bleistift als Rammbock das Schultor von innen aufsprengt. Ich überlege mir wie immer sehr genau, welche Farben ich dafür verwende. Nachdem ich fertig bin, fragt Mom, ob sie das Bild haben darf. Als ich Ja sage, klebt sie es neben ihren Schreibtisch an die Wand.
    Den restlichen Nachmittag verbringe ich damit, die Details meiner Zeichnungen zu überprüfen. Ich binvielleicht kein Junge, der sein Bett macht, seine Klamotten wegräumt, die DVDs alphabetisch ordnet oder nach dem Baden die Pfützen im Badezimmer aufwischt, aber wenn es um meine Zeichnungen geht, bin ich unheimlich pingelig.

Ein neuer Freund
    Eine von Moms Assistentinnen in der Tierarztpraxis ist im Urlaub, deswegen darf ich mal wieder mitkommen und ihr bei der Arbeit helfen.
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