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Geographie der Lust

Geographie der Lust

Titel: Geographie der Lust
Autoren: Jürg Federspiel
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    Legenden sind selten erotisch, manchmal erbaulich – aber immer wunderbar: In Geographie der Lust, seiner bislang umfangreichsten Prosa, erzählt Jürg Federspiel eine märchenhafte Legende voller fabelhafter Erotik. Dieser Autor erweist sich – wieder einmal – als unbändig verspielter Fabulierer, der mit seiner sinnlichen und kraftvoll zupackenden Sprache in absurd-monströse Szenerien entführt, aber zugleich auch den Tonfall des »Es war einmal.« anschlägt, leise und voller Poesie. Jürg Federspiels Geschichte handelt in ihrem ersten Teil von Primo Antonio Robusti, einem »mächtigen Mann« aus Mailand, der in seinem Palazzo zum siebzigsten Geburtstag sich nicht nur in den eigenen Reichtum verliebt, sondern kurz darauf auch in ein neunzehnjähriges, kokett-naives Geschöpf namens Laura Granati; ein mädchenhaftes Objekt männlicher Phantasien, mit dem Robustis Schicksal »eine scharfe Wende« nimmt.
     
    Robusti will Laura Granati die Welt schenken – als ein nie gesehenes Kunstwerk. Und Lauras Körper wird selbst zum Kunstwerk als Geschöpf des Tätowierkünstlers Omai O'Hara aus Santa Fe, der auf Lauras Hintern, ihre »wunderbar satten Kugeln«, eine andere Kugel tätowiert, die der Welt: eine Geographie der Lust – die bei Jürg Federspiel vor grotesker Phantastik und Temperament strotzt. Im zweiten Teil seiner mit Leichtigkeit und hintergründig-makabrem Witz geschriebenen Geschichte, prall gefüllt mit erzählerischen Motiven, wird das lebende Kunstwerk Laura Granati zusammen mit der Freundin Lucia Florestano auf Amerika-Tournee gehen. Die beiden Italienerinnen werden bestaunt von senilen Senioren eines Geographie-Magazins, begafft von Dermatologen und den versammelten Ex-Potentaten dieser Welt. Denn auch davon handelt Federspiels Legende: »Endlich konnte jedes menschliche Wesen sich selbst zum Kunstwerk machen.« Schließlich werden Laura und Lucia von gnadenlosen Yakuzas verfolgt, japanischen Mafiosi, die den steigenden Marktwert tätowierter Haut zu schätzen wissen.
     
    Himmlisch aber ist das Happy-End für die berühmte Laura und ihre »unaufhaltsame« Liebe zu einem New Yorker Blinden. Denn unsere satanische Welt ist – wir sind es von Jürg Federspiel gewohnt – ein Protektorat engelhafter Mächte. Vielleicht sind es Engel, die in Jürg Federspiels Geographie der Lust die Hauptrolle übernommen haben.
     
    Jürg Federspiel, geboren 1931 in Kemptthal/Zürich, aufgewachsen in Davos, lebte u.a. in Basel, Paris, München, Berlin – und jetzt ›zwischen‹ Zürich und New York. Für sein literarisches Werk wurde Jürg Federspiel u.a. mit dem Züricher und dem Basler Literaturpreis ausgezeichnet.
     
    Im Suhrkamp Verlag erschienen von ihm bisher u.a.:
    Die beste Stadt für Blinde und andere Berichte (1980; st 979); Die Ballade von der Typhoid Mary (1982; 1986, BS 942); Massaker im Mond. Roman (1986; st 1286); Die Liebe ist eine Himmelsmacht. Zwölf Fabeln (1985; st 1529).
     
    Als Suhrkamp Taschenbuch erscheint im April 1990:
    Böses. Wahn und Müll.
     
    »Jürg Federspiel zählt zu den bedeutendsten und eigensinnigsten und eigenrichtigsten Autoren der gegenwärtigen Schweiz.«
    Beatrice von Matt, Neue Zürcher Zeitung
     
    »In der Tat: Jürg Federspiel ist ein hervorragender Schriftsteller.«
    Angela Carter; The New York Times
     
    Umschlag: Hermann Michels

 
    Jürg Federspiel
Geographie der Lust
     
    Roman
     
     
     
     
    Suhrkamp Verlag

Zweite Auflage

    1989 © Suhrkamp Verlag Frankfurt am Main 1989
    Alle Rechte vorbehalten
    Satz: IBV Satz- und Datentechnik GmbH, Berlin
    Druck: Spiegel Buch GmbH, Ulm
    Printed in Germany

 
     
    Die Haut
ist das Tiefste
am Menschen.

    Paul Valéry

 
Erster Teil

EINS
    Ein sehr mächtiger Mann, der angeblich aus Rom stammte und in Mailand lebte, verliebte sich an seinem siebzigsten Geburtstag in den eigenen Reichtum. Er durchwachte die ganze Nacht, blätterte in all den Papieren, die Geld bedeuten, er wog, nachdem er die Dienstboten außer Haus geschickt hatte, seinen Silber- und Goldbesitz auf einer Waage, prüfte die Karätigkeit des Goldes und notierte alles in einem Buch, das außer mit einem Geheimschloß auch mit einer elektronischen Alarmanlage versehen war. Nachdem er so die ganze Nacht im Keller seiner Villa verbracht hatte, stemmte er die schwersten und teuersten griechischen und ägyptischen Vasen in die Höhe und küßte ihre Standflächen. Über dem Safe, der hinter einer Klosettschüssel verborgen war, schlug er dreimal das
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