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Mein Leben Als Suchmaschine

Mein Leben Als Suchmaschine

Titel: Mein Leben Als Suchmaschine
Autoren: Horst Evers
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erzählen sollte. Immerhin ist ein Großteil dieser Angebote von »Poker-online-Diensten«, und gerade Banken sind für sowas ja besonders anfällig. Viele von ihnen können es aber nicht sonderlich gut, weil sie ihre Gier nicht zügeln können, und sowas ist ja nun beim Pokern der sichere Untergang.
    Meine Altersvorsorge hat mittlerweile 23 Säulen. Von den Cent-Stücken in der Blechdose über das ganze Flaschenpfand in der Speisekammer bis hin zu meiner Sammlung seltener Gaststättenservietten.
    Ein Freund sagte mir kürzlich, bei Säulen käme es ja eigentlich gar nicht so sehr darauf an, wie viele es sind, sondern wie stabil sie sind. Das war als Kritik an meiner Altersvorsorge gemeint und ist natürlich Quatsch.
    Langfristig gesehen beweist doch die gesamte Menschheitsgeschichte, bei Säulen kommt es weniger auf die Stabilität an, sondern mehr auf die Frage, ob sie denn auch schön sind. Nehmen wir alleine mal die Akropolis. Dort stehen ja nun wohl die berühmtesten Säulen überhaupt. Stabil waren diese Säulen aber nicht gerade. Im Gegenteil, ist ja so ziemlich alles kaputt auf der Akropolis. Trotzdem kommen jedes Jahr Hunderttausende, um sich das anzugucken. Hätte man die Akropolis jetzt zum Beispiel aus Schnellbeton gegossen, würde da zwar heute vielleicht noch alles stehen. Aber das wollte sich doch keiner angucken. Es wäre quasi wertlos. Nein, bei einer Altersvorsorge und ihren Säulen muß man viel, viel langfristiger denken. Die Säulen meiner Altersvorsorge sind sozusagen wie die Akropolis.
    Stabil ist das alles nicht, aber in Hunderten von Jahren werden Millionen von Touristen durch die Trümmer meiner Altersvorsorge stapfen und darüber staunen, wie die Menschen früher einmal gelebt haben.
    Natürlich gibt es darüber hinaus auch noch andere Ebenen bei einer vernünftigen Altersvorsorgung. Zum Beispiel sollte man Zusehen, daß man möglichst stetig Dinge erlebt. Damit man später was zum Erinnern hat. Erinnerungen sind so ziemlich die wichtigste Säule der Altersvorsorge. Insofern ist sinnlos verpraßtes Geld mit ordentlichem Erlebniswert natürlich auch eine sehr solide Anlage fürs Alter.
    Außerdem ist es sinnvoll, sich selbst möglichst früh als alt zu begreifen. In dem Moment, wo man nämlich mal alt ist, ist praktisch jede weitere Ausgabe für sich selbst eine Investition in die Altersvorsorge. Ab dann ist man wirklich auf der sicheren Seite.
    Mein Freund, der schon meine 23 Säulen nicht stabil genug findet, behauptet, mein Konzept der Altersvorsorge habe ein bißchen was von Selbstbetrug. Da hat er natürlich recht, warum auch nicht. Wenn ich schon betrogen werde, dann doch am besten gleich direkt von mir selbst. Alles andere bringt doch früher oder später nichts als Ärger.

Intelligente Hosen

    Nicht nur die Kühlschränke, auch die Milchpackungen selbst werden intelligent. Sie bekommen ihre eigenen kleinen Gehirne, die RFID-Chips. Radio-Frequency-Identity-Chips, die in Kürze die Strichcodes an Lebensmitteln oder auch anderen Produkten in Supermärkten oder Kaufhäusern ersetzen sollen. Lustige, fingernagelgroße Mikroarchive, welche aber auch senden und empfangen können. Für Kleidung, also zum Beispiel Hosen, werden sie heute schon vereinzelt eingesetzt. Dann sind alle Hosen im Laden in permanentem Kontakt untereinander. Können sich über die Kunden austauschen, Kaufhaustratsch verbreiten, und vor allem wissen sie immer, wie viele sie noch sind. Natürlich auch in welcher Größe und so. Wenn jetzt also ein Kunde eine Hose anprobiert, und die ist ihm zu eng, wissen die anderen Hosen sofort, ob sie diesem Kunden passen würden oder nicht.
    Ich glaube, meine Hosen wissen das schon jetzt. Auch ohne RFID-Chip. Die spüren das. Einzelne von ihnen haben deshalb Angst vor mir. Wenn ich nur den Schrank aufmache, sehe ich sie da manchmal liegen. Völlig verängstigte Hosen, die sich fürchten, ich könnte versuchen, sie noch mal anzuziehen. Ja, dann wird’s still im Schrank. Die sagen dann gar nichts mehr, sind starr vor Panik. Erst wenn ich den Schrank wieder schließe, höre ich manchmal ein erleichtertes Seufzen von innen. Diese RFID-Chips sind noch zu teuer. Nur aus diesem Grund sind sie noch nicht flächendeckend eingeführt. Bald jedoch, also in zwei, drei Jahren, werden sie an jeder Milchpackung haften.
    Dann wird man jede Milchpackung weltweit orten können. Und in der Wohnung kann sich die Milchpackung dann schön mit meinen anderen Lebensmitteln, aber auch meinen Hosen
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