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Mein ist dein Herz

Mein ist dein Herz

Titel: Mein ist dein Herz
Autoren: Patricia Adam
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besorgten Anruf ins Krankenhaus kamen. Sie wollten selbstverständlich wissen, was passiert ist und wann. Als ich dann dabei war, alles zu erzählen, zog sich Jane das Kissen über die Ohren und fing an, im Liegen hin und herzuwippen.
    Aus Angst sie aufzuregen, bat ich meine Eltern nach draußen und schilderte dort haarklein, wie ich uns alle in ein solches Unglück gestürzt habe.
    Im Endeffekt war das wahrscheinlich sogar besser, mit ihnen nach draußen zu gehen, weil meine Mutter bereits nach dem ersten Satz in Tränen ausgebrochen ist und zum Schluss etwas sagte, was Jane sicherlich genauso einen Stich verpasst hätte, wie es bei mir der Fall war.
    »Warum habt ihr uns nichts gesagt? Hätten wir gewusst, dass Janes Gesundheit eine Schwangerschaft erfordert, wäre das Problem längst aus der Welt geschafft. Ihr hättet schließlich auch bei uns leben können«, lautete ihre simple Lösung. Eine Möglichkeit, die keiner von uns in Betracht gezogen hat. »Mir persönlich ist es egal, dass das Auto kaputt ist. Was mir nicht egal sein kann, ist die Tatsache, dass mein Enkelkind dabei ums Leben gekommen ist! Nun bekommst du vielleicht deinen Führerschein wieder, aber Jane hast du für immer verloren!«
    Ich wollte ihr unbedingt widersprechen, versichern, dass alles wieder gut wird. Jedoch reicht eine einzige Erinnerung an Janes gegenwärtiges Verhalten vollkommen aus, um alle denkbare Verneinungen unverlautet runterzuschlucken. Etwas Wichtiges, etwas, was vorher MEINE Jane ausgemacht hatte, scheint zusammen mit unserem Sohn gestorben zu sein und es war ungewiss, ob sie sich jemals davon erholen würde ...

    E ine Woche ist bereits vergangen, in der ich alles mit dem Arbeitgeber von Jane unter Dach und Fach brachte. Meinen eigenen Chef anrief und auch drei Mal mit der Polizei in Kontakt getreten bin. Zudem organisierten wir einen Schrottplatz für meinen Wagen und meldeten ihn gleich ab.
    Trotz akutem Schlafmangel, zwinge ich mich zur Höchstleistung. Renne von einem Amt zum nächsten und versuche es sogar mit einer Klage gegen die Polizei. Allerdings werden die Hämatome, die meine Arme, ein paar Rippen und Schultern ›ausschmücken‹ von jedem belächelt. Ebenso wie die Aussage, die Polizisten hätten mir damit unrecht getan, indem sie mich in Handschellen zum Auto geschleppt haben. Für das Gericht zählen nur die Fakten: Ich wäre zum Ereigniszeitpunkt betrunken und aggressiv gewesen.
    Dem habe ich selbstverständlich widersprochen. Zwar nicht dem Punkt, dass ich betrunken war, aber dafür umso entschiedener der Behauptung der Polizisten, ich hätte sie angegriffen. Auch versuchte ich es mit der Erklärung, dass es viel mehr ein eindringliches Flehen war, einen Krankenwagen zu rufen. Etwas, was die Beamten meiner Meinung nach von Haus aus machen mussten, sobald sie die Unfallstelle erreicht haben.
    Sämtliche Stellungnahmen werden aber zusammen mit meinem Wunsch, Janes Zeugenaussage abzuwarten, kurzerhand vom Diskussionstisch gewischt. »Keine Zeugen, keine Tat!«, hieß es. Und Jane sei keine Zeugin, da sie nach dem Unfall, wie auch jetzt nachweißlich unter Schock stand. Die Entscheidung des zuständigen Richterkollegiums fiel demnach einstimmig aus, wodurch es die ganze Sache verkürzte: Ich muss eine Bußgeldstrafe zahlen und den MPU-Test machen, sofern ich meinen Führerschein jemals wiederhaben möchte.
    Da ein Unglück selten allein kommt, durfte ich mir lediglich eine Stunde später die Sorgen eines Arztes anhören. Er meinte, dass Janes Verhalten zwar nachvollziehbar, allerdings nicht normal ist. Ich sollte sie doch bitte im Auge behalten für den Fall, dass ihr seelischer Zustand sich verschlechtert.
    Genau das mache ich nun.
    Jane durfte nach Hause gehen, da aber ihre Mutter von alldem, was geschehen ist nichts weiß und ich überhaupt bezweifle, dass sie das jemals erfährt, nahm ich sie mit zu uns. Nun sitze ich stundenlang neben ihr und schaue sie an.
    Es hat zwar den Anschein, als ob sie mich hören würde, ich sehe ihr dennoch überdeutlich an, dass ihr die Stille lieber ist. Ausschließlich die glühenden Iriden hinter ihren von dunklen Ringen umrandeten Lidern erzählen, was in ihrem Inneren vor sich geht. Sie bilden auch die einzige Regung in ihrem ansonsten unbewegten Gesicht.
    Und obwohl ich mich eigentlich darauf eingestellt habe, Jane in ihrer Trauer beizustehen und ihre Tränen zu trocknen, passiert nichts dergleichen. Ungeachtet dessen, dass sie sicherlich weiß, wie befreiend das ist,
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