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Mein ist dein Herz

Mein ist dein Herz

Titel: Mein ist dein Herz
Autoren: Patricia Adam
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wofür?«, wollte ich wissen und bekam eine umständliche, ellenlange Erklärung, für etwas, was man in einen Satz packen könnte: Irgendjemand muss entscheiden, ob die Schwangerschaft aufrechterhalten wird, oder nicht.
    Abgesehen davon, dass Jane offensichtlich Schmerzen hatte, gab es noch ein paar weitere Fakten, die darauf hindeuten, dass das Baby die nachfolgenden Stunden nicht überleben wird: Sie hatte Fieber, Wehen und blutete aus der Gebärmutter heraus.
    Außerdem befürchtete der Arzt, dass ihr Körper so viel Kraft für die Erhaltung der Schwangerschaft aufwendet, dass dadurch ihr eigenes Leben in Gefahr gerät. Kurzum müssten wir schleunigst eine Entscheidung treffen ...
    Wie lange ich im Endeffekt dasaß und den ›Wisch‹ anstarrte, den mir der Arzt vorgelegt hat, kann ich nicht mehr so genau sagen. In meinem Kopf rotierten tausende Gedanken, unteranderem versuchte ich mir vorzustellen, wie Jane sich entschieden hätte.
    Vergebens!
    Es ging einfach nicht, weil ich niemals nachvollziehen könnte, was eine Frau, eine ›Mutter‹ dabei fühlt. Konträr dazu erinnerte ich mich noch ganz genau an das Gefühl, welches mich draußen auf dem Feld übermannte, als Jane immer blasser wurde. Und dies war auch der Augenblick der Entscheidungsfindung.
    Nichts und niemand könnte dich mir jemals ersetzen! , dachte ich, unterdessen meine zitternde Hand den Kugelschreiber an der entsprechenden Stelle ansetzte und ich mich durch meine Unterschrift bereit erklärte, unser Baby zu opfern.

    W enn ich noch vor einer Woche bei dem Wort ›Geburt‹ unweigerlich an Aufregung im Kreissaal, lautes Anspornen der Mutter durch die Hebamme und zur Krönung an einen Babyschrei dachte, so hat sich das nun ein für alle Mal geändert. Das Ereignis, dem ich beiwohnen musste, hatte überhaupt nichts mit dem gemein, was jemand für gewöhnlich erlebt, wenn er sich mit seiner schwangeren Freundin in ein warmes, freundliches Geburtszimmer begibt. Beziehungsweise sich den Zugang zu dem Zimmer verschafft. Man hat mich eigentlich ins Wartezimmer verfrachten wollen und es brauchte eintausend Schwüre und etliche ›Bitten‹, bis ich mit rein durfte.
    Es stand bereits fest, dass bei Jane keinerlei Knochenbrüche vorliegen. Demnach sprach rein gar nichts gegen eine Entbindung auf natürlichem Wege, wohingegen der Anästhesist von einer Vollnarkose gänzlich abgeraten hat.
    Um die Geburt auszulösen, bekam sie also einen anderen Infusionsbeutel angehängt. Unterdessen ging ich der Krankenschwester zur Hand, die sich sofort dranmachte, Jane auszuziehen. Im Anschluss wurde sie in ein Krankenhaushemdchen gesteckt.
    Wenige Minuten darauf kam Dr. Wagner ins Zimmer und hantierte mit irgendwelchen Nadeln, Saugern und Spritzen. Ich weiß nicht genau, was er machte, wenn er mal wieder mit dem Kopf hinter dem Laken verschwand, den man Jane über Bauch und Beine gelegt hat. Stattdessen beobachtete ich jede Regung in ihrem überwiegend emotionslosen Gesicht.
    Da sie immer noch durch das Sedierungsmittel ruhiggestellt war, stöhnte sie nur beizeiten auf, oder biss sich auf die Lippe. Auch verstärkte sie dann und wann den Griff um meine Hand. Ansonsten regte sie sich überhaupt nicht ...
    Eine unbestimmte Zeit später hat mich die Hebamme doch noch von meinem Platz vertrieben, brachte Jane dazu, sich aufzusetzen und als das nächste, leise aber dennoch andauernde Stöhnen von Janessas zitternden Lippen ging, wusste ich, dass es vorbei ist. Allerdings fiel mir zeitgleich der geschockte Gesichtsausdruck des Arztes auf, was mich wie ferngesteuert auf ihn zukommen ließ, bis ich direkt neben ihm stand. Die Hebamme stellte sich mir in den Weg und erinnerte mich an mein Versprechen, welches ich dadurch gebrochen habe. Ich scherte mich aber einen Dreck darum.
    Meine ganze Aufmerksamkeit galt ausschließlich diesem kleinen, blutverschmierten Wesen und der Tatsache, dass ich bei dessen Anblick meinte, sterben zu müssen. Zwar war es gerade Mal so klein, dass es auf eine Handfläche passte, konnte man dennoch bereits klitzekleine Hände, Füße, Finger und Zehen erkennen.
    Aus einem Impuls heraus streckte ich meine Hände danach aus und sah Dr. Wagner deutlich den Hader an. Schlussendlich entschied er sich offensichtlich dafür, dass es jetzt auch nichts mehr ausmachen könnte, hüllte es in ein kleines Tuch und übergab mir das winzige Bündel.
    Da stand ich also. In einem warmen Raum mit gelben Blümchengardinen vor den Milchglasfenstern. Hinter ihnen brach der
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