Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mein Freund Jossele

Mein Freund Jossele

Titel: Mein Freund Jossele
Autoren: Ephraim Kishon
Vom Netzwerk:
Schragele am untersten Treppenabsatz kurz vor der Haustür zu fassen, aber er wand sich heulend und jammernd aus meinem Griff, so dass mir nur sein Hemd in den Händen blieb. Ich zerfetzte es mit wenigen Schnitten.
    Unterdessen waren Herr und Frau Spiegel meinem Amoklauf voll tödlichem Entsetzen gefolgt und schrien mich an, was ich denn da eigentlich mache?
    »Ich gehe mit einem Messer auf ihn los«, antwortete ich keuchend. »Warum fragen Sie?«
    Dann, das blitzende Obstmesser in der geballten Faust, jagte ich Schragele durch das gesamte Straßenviertel. Inwieweit dieses Ereignis für seine Charakterprägung und damit den späteren Lebenslauf von Bedeutung sein wird, muss die Zukunft zeigen.
    Über die Situation nicht informierte Leute aus der Nachbarschaft umzingelten mich schließlich vor dem Friseurgeschäft, als ich gerade im Begriff stand, hinter Schragele her den Laternenpfahl zu erklimmen. Ich leistete nur unbedeutenden Widerstand.
    Ich habe das dunkle Gefühl, dass wir von Spiegels nie wieder eingeladen werden. Judo ist schon etwas Schönes.
    Herzl - Schmerzl
    Inflation arbeitet nach dem bekannten Prinzip der Kettenreaktion: Der Preis von Irgendwas geht rauf, deswegen verlangt Irgendwer einen höheren Lohn, was dazu führt, dass der Preis von Irgendwas wiederum noch mehr steigt und Irgendwer das zum Anlass nimmt zu streiken, um noch höheren Lohn zu erhalten. Mir ist es ein Rätsel, warum von allen Wirtschaftssystemen ausgerechnet dieses funktioniert. Natürlich könnte man, wenn man wollte, die Kettenreaktion dadurch unterbrechen, dass nur ein einziges Mal die Preise von Irgendwas und die Löhne von Irgendwem zur gleichen Zeit gleich hochgehen. Aber das scheint gegen die Spielregeln zu verstoßen, die eine abwechselnde Aktion erfordern, wie beim Tennis. Deswegen ist auch der Preis von Tennisschlägern vorgestern raufgegangen. Genau wie der Preis der Ketten für die Reaktion.
    »Also, Sie wollen mit Ihrem Unternehmen Konkurs anmelden, ist das richtig?«
    »Ja, Herr Konkursverwalter, wir haben keine andere Wahl.«
    »Was für ein Unternehmen war das, sagten Sie?« »Falschgeld.«
    »Israelisches Geld, nehme ich an.«
    »Ja. Wir waren spezialisiert auf die schöne Hundertpfundnote mit dem Kopf unseres Staatsgründers Theodor Herzl darauf.«
    »Warum haben Sie nicht klein angefangen?«
    »Haben wir ja. Zuerst stellten wir kleinere Noten her. Aber es hat sich nicht mehr gelohnt.«
    »Inflation, was?«
    »Natürlich. Es trifft eben immer zuerst den kleinen Fälscher von der Straße. Wissen Sie, wir haben grundsolide angefangen - sozusagen in Heimarbeit. Ein kleiner Keller, eine einfache Druckerpresse, nichts Großes, nichts Luxuriöses. Meine Frau half hin und wieder aus beim Farbenmischen und anderem. Damals, was glauben Sie, da habe ich noch leicht meine tausend Pfund am Tag gemacht.«
    »Nicht übel.«
    »Danke. Leider hat man mir letztes Jahr eingeredet, ich müsste unbedingt den Betrieb umstellen auf Fotodruck mit einer riesigen Offsetmaschine, um meine Produktion erhöhen zu können. Ich bestellte also eine moderne Druckereianlage aus den USA, die mich glatte 150000 Dollar gekostet hat.«
    »Und dann kam die Geldentwertung, stimmt's?« »Genau! Meine Frau und ich, wir haben Tag und Nacht geschuftet, wir haben Überstunden gemacht, um den Wertausgleich für das sinkende Pfund zu schaffen. Bis es nicht mehr anders ging und ich gezwungen war, mir Leute vom Arbeitsamt zu holen und denen auch noch blödsinnige Löhne zu zahlen.«
    »Was bekommt denn so einer heutzutage?«
    »Ein erstklassiger Fälscher bringt seine 6.000 Pfund jeden Monat nach Hause, drunter ist heute nichts mehr zu machen. Noch dazu weigern sich die meisten, in betriebseigener Ware bezahlt zu werden. Und dann dürfen Sie nicht vergessen, dass man unterdessen wieder einmal die Beiträge für die Sozialversicherung erhöht hat, für die Altersversorgung, die Krankenversicherung und alle anderen Sozialbeiträge. Da kommt unsereins nicht mehr mit.«
    »Haben Sie es einmal mit Akkordlohn probiert? Lohn entsprechend Leistung?«
    »Selbstverständlich. Ich habe meinen Leuten 700 von jeden 2.000 Pfund angeboten, die sie herstellen. Was haben sie getan? Sie haben es glatt abgelehnt. Nicht nur das, im letzten Jahr haben sie durch den Betriebsrat dreimal Sanktionen gegen mich eingeleitet.«
    »Was soll das heißen?«
    »Das soll heißen, dass sie die Geldscheine nur auf der einen Seite bedruckt haben. Ich musste einen Bankkredit aufnehmen, um die
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher