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Mein Freund Jossele

Mein Freund Jossele

Titel: Mein Freund Jossele
Autoren: Ephraim Kishon
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Achtung, jetzt - !
    »Wo bist du, Papi?« fragte unsere Jüngste. »Man sieht dich ja gar nicht!«
    Tatsächlich. Diese Halunken hatten fast den ganzen Samurai im Bild gelassen, dazu etwas Hexe und die Ambulanz. Mich hatten sie geschnitten. Statt dessen trat irgendein offizieller Phrasendrescher vor die Kamera und sprach über Verkehrssicherheit und dergleichen überflüssiges Zeug.
    Die können lange warten, bevor ich wieder an einem ihrer Unfälle mitwirke!

Der Abend des langen Messers
    Die höchst delikate Situation unseres Miniaturstaates verlangt es nun einmal, dass wir unseren lieben Kleinen bereits von der Wiege an ein militärähnliches Training angedeihen lassen. Nun gut, vielleicht nicht immer von der Wiege an, aber zumindest ab Kindergarten ist ein guterzogenes Kind hierorts durchaus in der Lage, zurückzuschlagen. Diese Fähigkeit wird in den sommerlichen Ferienlagern weiter gefördert, indem kampferprobte Sportlehrer demonstrieren, wie man einen bewaffneten Überfall von zwölfjährigen Kriegern abwehrt. Ich spielte das einmal zu Hause durch.
    Diesmal war ich dran. Frau Spiegel hatte angerufen und uns zum Tee geladen. Nicht genug damit, ihr Mann hatte mir im Büro einen Zettel folgenden Inhalts hinterlassen:
    »Sie müssen unbedingt kommen. Schragele ist aus dem Ferienlager zurück!«
    Es hat wenig Zweck, es leugnen zu wollen: Wir waren verzweifelt. Nicht etwa, dass wir irgendetwas gegen die Spiegels gehabt hätten, ganz im Gegenteil, wir respektierten sie ungemein als ehrliche Steuerzahler, aber deswegen nun drei oder vier Stunden mit ihnen und einer Tasse Tee dazusitzen? Und auch noch mit Schragele?
    Nein!
    Also erklärte ich der besten Ehefrau von allen:
    »Ich jedenfalls gehe nicht. Wenn es keinen anderen Ausweg gibt, um aus der Geschichte herauszukommen, dann gehst du eben allein hin und sagst, ich hätte ganz plötzlich die Asiatische Grippe bekommen . . .«
    Um es kurz zu machen, den Spiegels tat es leid, dass ich allein gekommen war, und sie wünschten meiner Frau gute Besserung. Dann setzten wir uns hin, sprachen über den drohenden Ausbruch des Dritten Weltkrieges und stopften ein Stück Schokoladentorte mit Sahne in uns hinein. Soweit war es also ganz nett.
    Bis die Tür aufging und Schragele erschien. »Schragele«, zischte Spiegel seinem Sohn zu, »hast du Schalom zu dem guten Onkel gesagt?«
    »Nein«, antwortete Schragele klar und offen und wandte sich mir zu: »Onkel, geh mit einem Messer auf mich los.«
    »Wie bitte?« Ich blickte etwas hilflos von Schragele zu seinem Erzeuger. »Was will der Knabe von mir?«
    Die Mienen der Spiegels leuchteten auf in elterlichem Stolz.
    »Tun Sie, was er sagt«, bat Herr Spiegel mich freudestrahlend. »Gehen Sie mit einem Messer auf ihn los.« »Wie komme ich denn dazu?« protestierte ich. »Er hat mir schließlich nichts getan . . .«
    Geduldig erläuterte mir daraufhin Frau Spiegel, dass ihr Schragele im Ferienlager an einem Intensivkursus für Judo teilgenommen und dadurch die Fähigkeit erlangt hätte, jedweden Erwachsenen, der sich unvorsichtigerweise erdreiste, ihn anzugreifen, flach auf das Parkett zu befördern. Ich möge deswegen die Liebenswürdigkeit besitzen, etwas mehr Sinn für Kooperation zu zeigen.
    Ich bemühte mich, dieser unangenehmen Situation zu entrinnen, indem ich auf den Umstand hinwies, in solchen Angelegenheiten auf so gut wie keine praktische Erfahrung zurückgreifen zu können. Ich gestand, dass ich mich nicht erinnern könnte, wann ich das letzte Mal ein Kind mit einem Messer attackiert hätte.
    Meine Ausführungen fielen nicht auf fruchtbaren Boden. Herr Spiegel erhob sich schließlich und ließ deutlich erkennen, dass er nicht gewillt war, länger auf den Beginn der Demonstration zu warten.
    Er nahm das Messer von der Obstschale, drückte es mir in die Hand und schubste mich in Richtung Schragele.
    Ohne zu zögern trat der Knabe mit derartiger Wucht gegen mein linkes Schienbein, dass ich mich vor Schmerz krümmte. Als mir klar wurde, dass er sich fest vorgenommen hatte, danach auch meinem rechten Schienbein diese Behandlung zukommen zu lassen, stürzte ich mich mit dem Gebrüll eines ernstlich verstimmten Löwen auf Schragele. Schragele seinerseits ließ einen panischen Schrei ertönen und flüchtete aus dem Zimmer.
    Mit einem Ruck zog ich das inzwischen im Türrahmen steckende Obstmesser wieder heraus und lief ihm nach. Wollte er nun, dass der Onkel mit dem Messer auf ihn losging oder wollte er nicht?
    Ich bekam
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