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Mein Freund Jossele

Mein Freund Jossele

Titel: Mein Freund Jossele
Autoren: Ephraim Kishon
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beantragte, den ganzen Apparat auszuwechseln. Sie haben sofort gierig nach dieser Lösung gegriffen . . .«
    »Haben sie gewechselt?«
    »Warten Sie ab. Ein Fachmann kam mit einem neuen Apparat. Aber als er den alten abmontierte, fragte er: >Wozu brauchen Sie einen neuen Apparat? Der alte ist völlig in Ordnung, da muss nur das Dingsda ausgewechselt werden.< Ohne ein einziges Wort ging ich ins Nebenzimmer und lud meinen Revolver. Aber in der Zwischenzeit hatte der Mann ein Dutzend Dingsdas aus seiner Tasche geholt und das kaputte Dingsda ausgewechselt. Seitdem funktioniert mein Telefon einwandfrei.«
    »Und warum sind Sie dann so nervös?«
    »Das macht die Hitze.«
    Vergesslichkeit wird allgemein als ein Altersleiden hingestellt: Das Gehirn wird weicher, je härter die Arterien werden, oder so ähnlich. In unserem heißen Land hat sich die Vergesslichkeit jedoch zu einer liebgewordenen Gewohnheit entwickelt, man könnte fast sagen, zu einer Nationalleidenschaft.
    Vor einiger Zeit wurde eine Gruppe bedeutender Psychiater damit beauftragt, eine Untersuchung über Ursache und Wirkung dieses Phänomens durchzuführen, doch die Sache geriet irgendwie in Vergessenheit, ich weiß nicht mehr warum.
    Ich traf Weinreb oben auf der Treppe vor der Oper. Ich stürzte sofort auf ihn zu und erinnerte ihn daran, sich unbedingt morgen früh mit dem Rechtsanwalt in Verbindung zu setzen.
    »Mach' ich«, sagte Weinreb. »Wenn ich's nicht vergesse.«
    »Was heißt, wenn ich's nicht vergesse?« fragte ich fassungslos. »Sie wissen genauso gut wie ich, von welcher ungeheuren Wichtigkeit es ist, dass Sie sich . . .« »Weiß ich«, entgegnete Weinreb beschwichtigend. »Aber ich habe in letzter Zeit so viel um die Ohren, dass ich bis morgen die ganze Sache längst wieder vergessen habe. Das beste wird sein, Sie rufen mich morgen früh um sechs Uhr an und erinnern mich noch mal.«
    »Um sechs bin ich im Badezimmer. Absolut unabkömmlich. Wäre es nicht im Bereich der Möglichkeit, dass Sie sich selbst erinnern, es nicht zu vergessen?« »Versuchen kann ich es, aber ich kann nichts versprechen. Ich bin so früh am Morgen immer noch im Halbschlaf und weiß nicht, wo ich bin und wer ich bin, bevor ich meine erste Tasse Kaffee getrunken habe.«
    »Und wie ist es nach dem Kaffee?«
    »Da weiß ich, wo ich bin. Ich verlasse auf der Stelle das Haus und -«
    »Und setzen sich mit ihm in Verbindung!« frohlockte ich.
    »Mit wem?«
    »Mit dem Rechtsanwalt.«
    »Gut, dass Sie mich erinnern. Ich hatte ihn vollkommen vergessen. Hören Sie, es hat keinen Zweck. Machen Sie sich keine Illusionen. Ich weiß genau, morgen habe ich so viel zu erledigen, dass die Sache mit dem Rechtsanwalt mir wieder glatt entfallen wird.«
    »Was tun wir also?«
    »Keine Ahnung.«
    Wir gingen ein paar Stufen hinab, gesenkten Hauptes und in bedrücktem Schweigen. Durch mein Gehirn schossen die abenteuerlichsten Ideen.
    Plötzlich kam mir die Erleuchtung. »Ich hab' es, Weinreb!« rief ich triumphierend. »Wir wäre es, wenn Sie sich einen Knoten in Ihr Taschentuch machten?« Weinreb sah zu mir auf. Sein müdes, gütiges Lächeln bewegte mich zutiefst.
    »Und wer«, fragte er zögernd, »wer, bitte, erinnert mich, was der Knoten zu bedeuten hat? Nein, die einzige Lösung, die ich im Augenblick sehe, ist leider die: Sie rufen mich um sechs Uhr früh an.«
    »Also gut, vielleicht.«
    »Wieso vielleicht?«
    »Weil ich möglicherweise den Anruf vergesse. Sie glauben nicht, wie auch mein Gedächtnis in diesem Sommer nachgelassen hat. Wissen Sie was? Es ist alles kein Problem, wenn Sie mich morgen früh um zehn vor sechs anrufen und mich erinnern, Sie anzurufen.« »Gern. Nur, Sie wissen, ich werde es vergessen.« »Dann notieren Sie es sich irgendwo.«
    »Und was soll mich daran erinnern, dass ich mir etwas notiert habe?«
    »Das!« fauchte ich, hob meinen rechten Fuß und hieb ihm die Schuhspitze voll gegen das Schienbein. »Jetzt«, fügte ich erläuternd hinzu, »dürften Sie kaum noch einen Schritt machen können, ohne zu humpeln. Sie werden beim Humpeln ständig daran denken, warum sie humpeln. Und warum?
    Weil Sie mich um zehn vor sechs . . .«
    »Das wird nicht klappen«, seufzte Weinreb, während er auf der untersten Treppenstufe hockte und sich das Schienbein rieb, »wie ich mich kenne, werde ich auch das Humpeln vergessen. Deshalb wäre es das Beste, wenn Sie mich, sagen wir, um fünf Uhr vierzig morgen früh anrufen würden, um mich zum Humpeln zu bringen. Okay?«
    »Okay.
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