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Mein Freund Dewey, der beruehmteste Kater der Welt

Titel: Mein Freund Dewey, der beruehmteste Kater der Welt
Autoren: Vicki Myron , Bret Witter
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dachte nicht mehr über die vergangene Nacht nach, sondern darüber, was jetzt zu tun war. Der Tierarzt würde erst in einer Stunde seine Praxis öffnen. Aber dem Kätzchen war so kalt. Selbst in meinen Armen zitterte es noch.
    »Wir müssen etwas unternehmen«, beschloss ich.
    Jean holte ein Handtuch, und wir wickelten den kleinen Kerl so darin ein, dass nur noch sein rosa Schnäuzchen herausschaute und er uns mit seinen schönen, großen Augen aus den Handtuchfalten heraus ansah.
    »Jetzt bekommt es ein warmes Bad«, sagte ich. »Vielleicht hört es dann auf zu zittern.«
    Ich ließ in das Waschbecken in unserem Büro warmes Wasser einlaufen und prüfte die Temperatur mit dem Ellenbogen. Wie ein Eisblock rutschte das Kätzchen aus meinen Händen in das Wasser. Jean fand im Schrank mit den Bastelsachen etwas Shampoo und ich seifte die kleine Katze damit behutsam ein. Allmählich wurde das Wasser grauer, aber das Zittern ging in leises Schnurren über. Ich lächelte. Dieses Kätzchen war zwar sehr jung, aber auch zäh. Als ich es schließlich aus dem Waschbecken hob, sah es aus wie ein Neugeborenes. Seine großen Ohren standen von einem winzigen Kopf ab. Jetzt miaute das tropfnasse kleine Ding leise nach seiner Mutter.
    Wir trockneten es mit dem Föhn, mit dem wir in der Bastelstunde den Leim trocknen. Nach nur einer halben Minute hielt ich ein wunderschönes, rot getigertes Katzenbaby in der Hand, obwohl ich sein Fell vorhin noch für grau gehalten hatte.
    Inzwischen scharten wir uns zu viert im Büro um unseren kleinen Gast. Acht Hände wollten ihn fast gleichzeitig streicheln. Während ich nur Augen für das Kätzchen hatte und es wie ein Baby im Arm wiegte, redeten die anderen durcheinander.
    »Wo kommt es her?«
    »Aus der Bücherklappe.«
    »Nein! Das ist ja unglaublich!«
    »Ist es ein Junge oder ein Mädchen?«
    Ich schaute auf. Alle sahen mich an.
    »Ein Junge«, antwortete ich.
    »Er ist so schön!«
    »Wie alt ist er?«
    »Wie ist er in die Bücherklappe gekommen?«
    Ich hörte gar nicht richtig zu, denn ich musste die ganze Zeit das Katerchen anschauen.
    »Es ist draußen so kalt!«
    »Bitterkalt!«
    »Der kälteste Morgen des Jahres!«
    Eine Gesprächspause.
    Dann sagte eine Kollegin: »Jemand muss ihn in die Klappe gelegt haben.«
    »Das ist ja furchtbar!«
    »Vielleicht hat das jemand getan, um ihn zu retten.«
    »Ich weiß nicht. Er ist so hilflos.«
    »Er ist noch so klein!«
    »Und so wunderschön! Ein kleiner Herzensbrecher!«
    Ich setzte ihn auf den Tisch. Das arme Kätzchen konnte kaum stehen. Es hatte an den Ballen aller vier Pfoten Erfrierungen. (Im Laufe der nächsten Wochen würden sie sich weiß verfärben und abschälen.) Dennoch tat der kleine Kerl etwas wirklich Erstaunliches. Er fand sein Gleichgewicht und sah jeder von uns ins Gesicht. Dann wackelte er schnurrend auf jede Bibliothekarin zu, um sich streicheln zu lassen und sein Köpfchen an jeder Hand zu reiben. Es war, als wolle er jeder von uns persönlich für seine Rettung danken.
    Seit ich das Katzenbaby aus der Bücherbox herausgenommen hatte, waren kaum 20 Minuten vergangen, aber ich hatte bereits über ein paar Dinge nachgedacht: Darüber, dass es früher nicht unüblich gewesen war, Bibliothekskatzen zu halten. Darüber, wo man die Futternäpfe und das Katzenklo aufstellen könnte. Und über den vertrauensvollen Ausdruck, mit dem der kleine Kater, nachdem er sich an mich gekuschelt hatte, zu mir aufschaute. Deshalb war ich gut vorbereitet, als schließlich jemand die Frage stellte: »Was machen wir jetzt mit ihm?«
    »Ach«, sagte ich, als sei es mir eben erst eingefallen, »vielleicht können wir ihn ja hier in der Bücherei behalten.«

2
Es ist ein Junge!

    A m meisten wunderte ich mich darüber, wie zufrieden das Kätzchen an jenem ersten Tag war. Es hatte sich in einer völlig neuen Umgebung wiedergefunden, inmitten von Fremden, die es ständig an sich drücken und streicheln wollten, und war vollkommen gelassen. Gleichgültig wie oft es von einer zur anderen weitergereicht wurde und wie wir es hielten, es wurde nie nervös oder unruhig. Kein einziges Mal versuchte es, zu beißen oder wegzulaufen. Stattdessen entspannte sich der kleine Kater bei jeder von uns und sah uns einfach in die Augen.
    Man stelle sich nur ein winziges Fellknäuel vor, nicht größer als ein Getränkekarton, das einem liebevoll in die Augen schaut, und dann sein feuchtes Näschen an einem reibt, einem seinen Kopf auf den Arm legt und zu schnurren
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