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Mein Boss, die Memme

Mein Boss, die Memme

Titel: Mein Boss, die Memme
Autoren: Patrick D. Cowden
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Top-Managers wie ein Warn­zeichen. In den nächsten Minuten – von denen es später auf Unternehmensseite heißen würde, dass diese ein deutliches Signal nach innen und außen waren – schossen die Sätze des Mannes auf der Bühne wie Kanonensalven in die Reihen der Manager. Auch wenn die Botschaft als schwer zu dechiffrierender Zahlenmix verkleidet war, traf sie doch mitten ins Ziel. Alle im Saal verstanden schnell, was ihnen ins Gesicht geknallt wurde.
    Erstens: Es lag an ihnen, dass das Unternehmen nun schwer unter so vielen unzufriedenen Kunden litt.
    Zweitens: Sie und ihre Mitarbeiter waren ein nicht länger vertretbarer Kostenfaktor.
    Drittens: Beides würde man in Kürze ändern.
    Die Temperatur in dem bis auf den letzten Platz besetzten Konferenzsaal schien von einem auf den anderen Moment in den Minusbereich zu stürzen. Um mich herum erstarrte das Publikum. Reihenweise fiel die verzweifelte Zuversicht aus den Gesichtern.
    Als der Redner seinen Vortrag siegesgewiss beendete, applaudierten stoisch ein paar hundert Schafe dem Raubvogel, der über ihnen seine Kreise zog.
    Nach oben zu nicken und Ja zu sagen, das erwartete man von ihnen. So hatte man es ihnen auf ihrem Weg durch das Unternehmen beigebracht, und sie taten es auch jetzt. Als die Managerschar missmutig den Saal verließ, schaute ich in die Gesichter der Menschen um mich herum.
    Ich sah verbissen dreinblickende Führungskräfte, die ihre Unsicherheit, ihren Frust, ihr verletztes Ego an ihren Mitarbeitern auslassen würden. Ich sah Chefs, die sich leise empörten, aber dennoch vor ihren Mitarbeitern kein böses Wort über die eigene Führung verlieren sollten – aus Angst und falscher Loyalität nach oben. Ich sah Manager, die es gewohnt waren, dass man sie entmündigte, ihnen nicht vertraute, ihnen den Respekt verweigerte. Und die oft nicht wussten, wie sie selbst Mitarbeiter richtig führen sollten.
    Dass auch ihr Vorstand eine Memme war, die sich hinter ihrer kühlen Sachlichkeit versteckte und nur Zahlen, nicht aber Menschen vertraute, das schien von den davoneilenden Managern niemand zu erkennen.
    So überraschte es mich nicht, als man um mich herum begann, eine bekannte Melodie anzustimmen. Eine Art Singsang, den ich seit meiner Ankunft in Deutschland immer wieder in den Büros von Führungskräften vernommen hatte. Es war der monotone, jammervolle Sound des Selbstmitleids. Die Mittelmemmen um mich herum hatten ihren Kanon angestimmt: die Hymne der vielen kleinen und großen Memmen-Chefs in deutschen Unternehmen.
    Zeit für Helden
    Nicht alle Chefs summen mit bei diesem Lied. Wo die Umstände Menschen zu Memmen machen, gibt es immer wieder auch Helden. Solche, die versuchen, gegen alle Widerstände ihren eigenen Weg zu gehen. Die sich für ihre Mitarbeiter einsetzen. Die Rückgrat zeigen, Haltung an- und Verantwortung übernehmen.
    Sie sind Helden, weil sie in einer Welt der Memmen hervorstechen. Die sich dagegen wehren, von ihren Chefs, von ihrem Unternehmen in das Memmen-Panoptikum eingereiht zu werden. Auch und gerade von diesen Helden, die mit vollem Risiko aufbegehren, handeln die folgenden Seiten.
    Und es handelt von den Mitarbeitern, die ihre Memmen-Chefs weit besser kennen und entlarven, als die sich das vorstellen können oder wollen.
    In den vergangenen Jahren ist vieles in der Welt der Wirtschaft in einen rasanten Wandel geraten. Eine technische Revolution jagt die nächste. In globalisierten Märkten verschärft sich der Wettbewerbsdruck. Unternehmenslenker reagieren hektisch mit immer neuen Ideen und dem Drang zur ständigen Veränderung.
    Dabei haben sie es mit einer neuen, hochdynamischen Generation von Mitarbeitern zu tun, die jede Veränderung in ihren Anfängen erspürt. Wir, diese Mitarbeiter, sind bestens ausgebildet. Wir haben die neuen Zeiten verinnerlicht, wir kennen uns aus in der digitalen Welt. Wir kennen unseren Wert und gehen bestens informiert und mit wachen Augen durch die Unternehmen.
    Mehr denn je durchschauen wir, was sich in unseren Büros und Produktionshallen abspielt. In den neuen sozialen Medien tauschen wir uns frei aus über das, was wir erleben. Wir können vergleichen und eins und eins zusammenzählen. Durch Machtspielereien oder Beschwichtigungen kann man uns kaum mehr täuschen.
    Wir sind wahrscheinlich die mündigste und selbstbewussteste Mitarbeitergeneration, die je ihre
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