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Mein Boss, die Memme

Mein Boss, die Memme

Titel: Mein Boss, die Memme
Autoren: Patrick D. Cowden
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noch eine ganze Menge von den anderen. Den Memmen. Einige spezielle Typen der Mem­men-Bosse möchte ich Ihnen im Folgenden vorstellen.
    Bosse, die mit der Tatsache, dass sie mit uns mehr als ein Arbeitsverhältnis verbindet, nicht zurechtkommen oder dieses sogar missbrauchen. Bosse, die von Mitarbeitern schnell als das erkannt werden, was sie in Wahrheit sind: Memmen. Jammer-Memmen und Macho-Memmen, bemitleidenswerte wie hinterhältige Memmen, die eines gemeinsam haben: Sie frustrieren uns. Denn das, was uns mit ihnen verbindet, das ist kein Arbeitsverhältnis.
    Das ist ein Beziehungsdesaster.

1. Auf Abstand: die Sozialallergiker
    Sobald es auf der Karriereleiter für Euch aufwärts geht, müssen die neuen Frauen und die neuen Männer an der Spitze eines Teams, einer Abteilung, eines Bereichs – eine Frage für sich beantworten: Wie gehe ich damit um, dass ich nicht mehr auf der gleichen Stufe stehe wie die meisten anderen – wie flach die jeweilige Firmenhierarchie auch sein mag? Entferne ich mich ein Stück weit von meinen Mitarbeitern, meinen Kollegen? Oder muss ich jetzt erst recht nah dran sein? Bleibe ich auf Augenhöhe, oder blicke ich von nun an von oben auf die anderen herab?
    Ein Großteil der deutschen Führungskräfte findet darauf eine Antwort. Leider ist es meist die falsche, wie ich oft genug selbst erleben musste. Zum Beispiel bei meinem Dienstantritt als Service Director eines großen deutschen Unternehmens:
    Hello to everybody
    Als man mich, den neuen Service Director, an meinem ersten Arbeitstag durch die Firma führte, machte ich mir die Freude, mich in allen Zimmern vorzustellen. Ich schüttelte an die 400 Hände – ja wirklich! Selbst für einen kontaktfreudigen US-Amerikaner eine beachtliche Zahl. Ich meinte es ernst mit dem persönlichen Draht. Ich wollte die Firma kennenlernen, und die bestand für mich aus allen Mitarbeitern. Natürlich war mir klar, dass es mit dem Händeschütteln nicht erledigt sein würde. Was mich aber erstaunte, war die Reaktion der anderen Führungskräfte.
    Sie freuten sich zunächst darüber, dass ich mich jedem von ihnen persönlich vorstellte. Als ich aber ihren Sekretärinnen und Assistenten ebenfalls die Hand reichte und ein paar Worte mit ihnen wechselte, schauten die meisten ungläubig, fast be­leidigt. Ihre Gedanken waren leicht zu erraten: Was soll das denn jetzt? Setzt uns der Neue mit den einfachen Mitarbeitern gleich?
    Diejenigen, die das dachten, hatten damit auf jeden Fall Recht. Ich rede mit Chefs genauso gerne wie mit Mitarbeitern. Da gibt es für mich keinen Unterschied. Warum aber war das für diese Führungskräfte ein Problem?
    Im alltäglichen Umgang fiel mir auf: Sie begrenzten ihre unmittelbaren Kontakte mit den Mitarbeitern auf das Nötigste. Da wurden Anweisungen ins Telefon genuschelt oder kurzerhand zwischen Tür und Angel in den Raum geraunzt. Manchmal musste auch ein bloßes Handzeichen reichen. Wenn in einem Aufzug zu viele Mitarbeiter mitfuhren, warteten die Führungskräfte auf den nächsten. Saßen mittags in einem Restaurant zu viele aus dem eigenen Team, suchten sie ein anderes Restaurant auf. Als würde jeder zu enge Kontakt, der keine soziale Abgrenzung ermöglichte, bei ihnen eine allergische Reaktion auslösen.
    Eine Sozialallergie – gibt es eine solche Krankheit? Auf den Führungsetagen vieler Unternehmen jedenfalls scheint sie regelrecht zu grassieren.
    Auch die Mitarbeiter zeigten nicht die geringste Sehnsucht nach einem intensiveren Austausch mit den eigenen Chefs. Dabei hätte es nicht geschadet, den einen oder anderen kontaktunwilligen Chef mal direkt anzugehen und wachzurütteln. Aber wer will schon Menschen zu nahetreten, die mit jedem Wort, jedem Blick und jeder Geste sagen:
    Â»Abstand bitte! Wir beide sind nicht vom selben Stamm. Wir leben in unterschiedlichen Welten. Gebe ich dir meine Hand, dann ziehst du mich womöglich noch hinab in die Niederungen deiner Welt.«
    Die Sozialallergie unserer Bosse: eine Distanz des Unbehagens, die mit jeder Beförderung zuzunehmen scheint.
    Gefangen in der linken Gehirnhälfte
    Zweifellos handelt es sich bei den sozialallergischen Chefs, die wort- und grußlos durch die Büroflure schleichen und uns dabei manchmal grenzautistisch vorkommen, sehr oft um hochintelligente, fachlich kompetente Experten. Schließlich hieven wir in
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