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Mein bestes Stuck

Mein bestes Stuck

Titel: Mein bestes Stuck
Autoren: Hepburn Lucy
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Kühlfach übergeben, bis zum letztmöglichen Moment. Dann werde ich, ganz wie ein Ritter sein Schwert dem Schaft, es dem Kühlschrank entreißen und dir zu Ehren an meine männliche Brust heften.«
    Julia kicherte.
    »Meine Schwester hat noch nie etwas dem Zufall überlassen!«, fuhr Quinn fort. »Noch nie. Die Frau wird noch zu ihrer eigenen Beerdingung zu früh erscheinen.«

    »So sind sie eben, die Anwälte. Wahrscheinlich würde es gar nicht auffallen, wenn ich selbst nicht einmal da wäre, wenn nicht jemand das weiße Kleid anziehen müsste, ›Ja, ich will‹ sagen und die Torte anschneiden. Und dann liegt es bei mir nicht zu vergessen, vor Mitternacht zu verschwinden, ehe die Kutsche sich wie bei Cinderella wieder in einen Kürbis verwandelt. Allerdings reicht mir das als Verantwortung schon völlig aus.«
    »Ich bete nur zum Himmel, dass sie ihre Drohung nicht wahrmacht und meinem Gesteck aus blütenweißer Erika nur ein winziges bisschen Schleierkraut hinzufügt. Mich dünkt, das wäre einfach too much. Too much, Schätzchen.«
    Etwa zehn Minuten nach dem Take-off erklang der verheißungsvolle Gong, und Julia löste ihren Anschnallgurt und streckte sich. Quinn drückte sogleich den Serviceknopf, während Julia sich nach ihrer Tasche bückte, um ihr Buch herauszuholen. Nicht, dass sie sich wirklich auf ihre Lektüre hätte konzentrieren können. Es gab viel zu viel anderes, über das sie nachdenken musste. Vielleicht sollte sie sich noch ein paar Notizen zur Abfolge der Feier am Samstag machen. Auch wenn ihre Mutter mit Sicherheit ihr Veto zu den meisten von Julias Vorschlägen erheben würde. Doch auch diese Vorstellung konnte Julias Laune nicht trüben. Familie, Tradition und Abstammung bedeuteten ihr alles. Schon als kleines Mädchen hatte sie von einer Hochzeit auf ihrem geliebten, leicht verfallenen Familienanwesen Frean Hall geträumt. Ihre ältere Schwester Kathy hatte bereits vor knapp zehn Jahren dort geheiratet, und die Feier hatte Julias Fantasien über ihre eigene
Hochzeit nur noch beflügelt. Damals war ihr zukünftiger Ehemann nicht mehr als ein mysteriöser Traummann gewesen, eine gepunktete Linie mit einem Fragezeichen dahinter.
    Als naives sechzehnjähriges Schulmädchen mit vagen Plänen für ein Kunststudium hatte sie wohl kaum geahnt, dass sie heute, nur zehn Jahre später, in Paris leben, Handtaschen für eines der angesagtesten Labels der Welt entwerfen und einen attraktiven Italiener, den bezaubernden, kultivierten Lorenzo Landini, Controller bei Guccis Muttergesellschaft PPR, heiraten würde. Und dennoch – genau so war ihr Leben verlaufen.
    Zugegeben, es mochte für Lorenzo ein Leichtes sein, eine Bottega-Veneta-Tasche aus der limitierten Kollektion zu bekommen, dachte Julia, während sie ihr Schmuckstück unter dem Sitz hervorzog. Aber es war der Gedanke dahinter, der zählte.
    Als sie das weiche, geflochtene Leder unter ihren Fingern spürte, musste sie unweigerlich lächeln. Jede einzelne dieser herrlichen Taschen aus der hundertprozentig echten Bottega Veneta Limited Edition, auf liebevolle Weise handgefertigt, trug die Spur ihres Machers, wie wenn sie ihrer Besitzerin zuzuflüstern schien: »Ich bin so viel mehr als nur eine aus der Limited Edition . Ich bin ganz und gar einmalig.« Versonnen ließ Julia ihre Hand einen Moment lang auf dem Leder ruhen. Schließlich öffnete sie die Tasche und begann darin zu wühlen.
    Zwischenzeitlich war es Onkel Quinn zu ihrer Rechten gelungen, den Steward herbeizuwinken.
    »Einen Cognac, bitte, ohne Eis.«

    Der hübsche junge Mann mit dem fast orangefarbenen Sonnenteint lächelte milde.
    »Sir, in einer Minute komme ich mit dem Getränkewagen …«
    »Entschuldigen Sie bitte«, Onkel Quinns Stimme klang zuckersüß, »aber ich kann mich nicht erinnern, nach dem Getränkewagen gefragt zu haben. Nur einen Cognac, wenn Sie so reizend wären.«
    Neben ihm war Julia plötzlich zur Salzsäule erstarrt. Irgendetwas war hier furchtbar, furchtbar schiefgelaufen. Sie fühlte Übelkeit in sich aufsteigen, spürte, wie ihre Hände zitterten.
    »O... Onkel Quinn?«
    »Sir«, warf der Flugbegleiter ein, »wir werden gleich sämtliche Passagiere mit Getränken versorgen, wenn Sie nur einen Moment … Oh, ist die von Prada?«
    Er hatte Onkel Quinns Herrentasche erspäht und starrte sie mit begehrlichem Blick und weit geöffnetem Mund an.
    »Oh, das alte Ding?« Onkel Quinn hielt die Tasche in die Höhe, so dass der Steward einen genaueren Blick darauf
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