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Mein Amerika: Erinnerungen an eine ganz normale Kindheit

Mein Amerika: Erinnerungen an eine ganz normale Kindheit

Titel: Mein Amerika: Erinnerungen an eine ganz normale Kindheit
Autoren: Bill Bryson
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dass sie bei weitem keine so schlechte Köchin ist, wie sie ihr nichtsnutziger Sohn in diesem Buch hartnäckig schildert, und gern stelle ich hier fest, dass sie natürlich absolut Recht hat.
    Über die anderen Menschen, mit denen ich die ersten Jahre meines Lebens zu tun hatte und die auf den Seiten dieses Buchs vorkommen, kann ich schwer etwas sagen, ohne zu viel von ihnen preiszugeben.
    Doug Willoughby verbrachte vier rege – könnte man sagen – Jahre am College. Es war ein Zeitalter der Exzesse – dabei will ich es bewenden lassen –, doch danach kam er zur Ruhe. Er lebt nun ruhig und angesehen in einer kleinen Stadt im Mittleren Westen, wo er ein guter, liebevoller Vater und Gatte ist, ein hilfsbereiter Nachbar und ein überaus netter Mensch. Schon seit vielen Jahren hat er nichts mehr in die Luft gesprengt.
    Stephen Katz stürzte sich nach der Highschool kopfüber in eine Welt der Drogen und des Alkohols. Er war ein, zwei Jahre an der University of Iowa, kehrte dann nach Des Moines zurück, wo er neben dem Timber Tap wohnte, einer Kneipe in der Forest Avenue, die sich dadurch auszeichnete, dass sie jeden Tag um sechs Uhr früh öffnete. Katz wurde oft gesehen, wie er sie um diese Stunde in Schlappen und Bademantel betrat, um seinen »Augenöffner« zu sich zu nehmen. Ungefähr 25 Jahre stopfte er seinen Körper so gut wie mit allem voll, was an bewusstseinserweiternden Substanzen zu haben war. Eine Zeit lang war er einer der nur zwei Opiumsüchtigen in Iowa (der andere war sein Dealer) und bei seinen Freunden wegen seiner bemerkenswerten Fähigkeit bekannt, spektakulär Autos zu Bruch zu fahren und grinsend und unversehrt aus dem Wrack zu steigen. Nachdem er eine Hauptrolle in einer Abenteuerreise mit dem Titel Frühstück mit Kängurus (die er als »in der Hauptsache fiktiv« beschreibt) übernommen hatte, wurde er ein respektierliches und im Allgemeinen diszipliniertes Mitglied der Anonymen Alkoholiker, ergatterte einen Job in einer Druckerei und fand eine engelsgleiche Lebensgefährtin namens Mary. Als ich dieses Buch schrieb, feierte er gerade eine stolze Leistung: Er war seit drei Jahren trocken.
    Jed Mattes, mein schwuler Freund, zog bald, nachdem er mir einen Besuch des Stripperinnenzelts auf der State Fair spendiert hatte, mit seiner Familie nach Dubuque, und ich verlor den Kontakt zu ihm. Etwa zwanzig Jahre später suchte ich einen Literaturagenten und bat einen befreundeten Verleger in New York um eine Empfehlung. Er nannte mir einen klugen jungen Mann, der gerade aus der Literaturagentur ICM ausgeschieden war und sich selbstständig machte. »Er heißt Jed Mattes«, sagte mir der Freund. »Weißt du, ich glaube sogar, er kommt aus deiner Heimatstadt.«
    Also wurde Jed für die nächsten zehneinhalb Jahre mein Agent und enger neu-alter Freund. 2003 ist er nach einem langen Kampf gegen den Krebs gestorben. Ich vermisse ihn sehr. Jed Mattes ist übrigens sein richtiger Name – der einzige meiner Jugendfreunde, glaube ich, dem ich kein Pseudonym gegeben habe.
    Buddy Doberman verschwand nach der Hälfte der Zeit im College spurlos. Wegen eines Mädchens ging er nach Kalifornien und ward nie wieder gesehen. Nichts ist auch über das Schicksal der Gebrüder Kowalski bekannt, Lanny und Lumpy. Arthur Bergen wurde ein steinreicher Anwalt in Washington, DC. Der Butter-Clan ging eines Frühlings weg und kehrte nie mehr zurück. Milton Milton ging zum Militär, wurde etwas ziemlich Ranghohes und starb bei einem Hubschrauberunfall während der Vorbereitungen zum ersten Golfkrieg.
    Dank meiner beruflichen Tätigkeit komme ich manchmal überraschend mit Leuten von früher wieder in Kontakt. Nach einer Lesung in Denver kam zum Beispiel eine Frau zu mir und stellte sich als die frühere Mary O’Leary vor. Sie trug eine große Brille an einer Kette um den Hals und wirkte fröhlich und glücklich und überraschend kompakt. Nach einer anderen Lesung kam dagegen einmal eine Frau, die ich als schüchtern und mäuschenhaft in Erinnerung hatte, zu mir und sah aus wie ein Filmstar. So ist das Leben eigentlich ziemlich großartig, finde ich.
    Thunderbolt Kid wurde groß und ging seinen Weg. Bis vor kurzem vaporisierte er manchmal sogar noch Leute, normalerweise, wenn sie gerade durch eine Tür gegangen waren, die er ihnen aufgehalten hatte, und nicht Danke schön gesagt hatten, doch schließlich hörte er auf, Leute zu eliminieren, weil er nicht wusste, welche von ihnen Bücher kauften.
    Den mottenzerfressenen,
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