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Mein Afrika-Tagebuch

Mein Afrika-Tagebuch

Titel: Mein Afrika-Tagebuch
Autoren: Bill Bryson
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Sisalplantagen (aus S i sal m acht m an Seil, erfuhr ich) zu dem kleinen Ferienort Wata m u.
    Wata m u war friedlich bis apathisch. Es gab einige ansehnliche Hotels und dazugehörige Geschäfte – Taucherläden und dergleichen –, aber einen eindeutigen Mangel an F erien g ästen. »Der Tourismus hat hier wirklich einen herben Rückschlag erlitten«, sagte Nick. »Besonders die Ferienorte an der K üste. W enn die Leute L öwen und Giraffen sehen wollen, müssen sie immer noch nach Kenia kom m en, aber wenn sie nur Strandurlaub m achen wollen, dann können sie in Dutzende anderer Länder fahren.«
    Bis Mitte d er Neunzi g er w a r Kenia zehn Jahre lang ein begehrtes Reiseziel und die Zahl der ausländischen Besucher stieg 1995 bis auf 850.000. Doch schon 1997 war sie nach einer F l ut schlechter Nachrichten unter 500.000 gesunken. Alle W elt erzählt einem Gruselgeschichten über das unseli g e Ende von Keniabesuchern. Schon bevor ich überhaupt dorthin flog, hatte ich drei verschiedene Versionen des Abenteuers eines deutschen Touristen gehört, der entweder am Strand spazieren ging, draußen vor einem Café saß od e r in einem Auto an einer A m pel anhielt und den A r m aus d e m Fenster hängen ließ. Jeden f alls h ackte ihm je m a nd m it der Machete den Arm ab und rannte m it der Rolex daran weg. Die Geschichte stim m t nicht, aber d as i s t ei n erlei. W as zä h lt, ist, dass d ie Menschen sie glauben.
    » W enn die Leute so was hören und dann noch je m and sagt: ›Ach und übrigens, ihr m ü sst auch Malariatabletten m itneh m en‹, entscheiden sich viele, nach Spanien zu fahren«, sagte Nick. » E ine Schande, denn es spricht so vieles für Kenia: wunderschöne Landschaften, nette Menschen, irrsinnige Flora und Fauna, hervorragendes Kli m a, tolle Strande. Schauen Sie sich doch das nur an!« Mit weit ausholender Geste deu t e t e er auf e i ne Szene unvergleichlicher Herrlichkeit: weiter Strand, wippende Pal m en, strahlende Sonne, glitzerndes Meer.
    Auf ein e m knarzenden, von zwei eifrigen jungen Männern gesteuerten Boot m it Glasboden fuhren wir hinaus zu dem Riff etwa eine Vi e rtel m eile vor der Küste und bewunderten eine Stunde lang die großen, bunten Fischschwär m e.
    »Prakti s ch d i e ga n ze K ü ste b este h t aus e i nem Riff wie diesem hier«, sagte Nick. »Und die Kenianer küm m ern sich richtig gewissenhaft daru m . Sie m ögen ja vieles falsch m achen, aber ihre Tier- und Pflanzenwelt h egen und pflegen sie.« Er zuckte ein wenig bedauernd m it den Achseln. »Diese W oche werden Sie viel Schlim m es sehen. Deshalb dachte ich, es wäre gut, wenn wir auch was Schönes anschauen.«
    »Danke«, sagte ich.
    »Und was jetzt kom m t «, fuhr Nick fort, »ist wirklich schön. Haben Sie schon m al von den Ruinen von Gedi gehört ? «
    »Nein«, sagte ich und musste nicht ein m al nachdenken.
    »Da sind Sie nicht der einzige. Ich glaube, Sie werden sehr beeindruckt sein.«
    Die Ruinenstadt Gedi befindet sich von W atamu aus i m Landesinneren, am Ende eines kurvenreichen Wegs durch dichtes Gestrüpp. Vom 13. bis zum 17. Jahrhundert war Gedi eine blühende, aber selt s am gehei m nisvolle S t adt, versteckt in ein e r dschungelüber w ucherten Umgebung in einem d a m a ls vollkommen abgelegenen Nie m andsland an der Küste zwischen Malindi und Mo m basa. Die Bewohner waren Musli m s und trieben Handel m it aller W elt. Archäologen fanden außer v i elem anderen Perlen a u s Venedig, M ünzen aus China, eine eiserne Lampe aus Indien und eine Schere aus Spanien. Aber nirgendwo, in keinem sch r i f tlic h en B e ric h t, in keiner Spr a ch e , tauc h en Gedi oder seine fleißigen Menschen auf. Aus irgendeinem Grunde verkehrten sie 400 Jahre lang m it der Welt, ohne be m erkt zu werden, und kei n er weiß, warum es ihnen gelang, sich der Auf m erks a m keit zu entziehen, oder warum sie es überhaupt wollten.
    Erst in d en zwanziger Jahren wurde die Stadt wiedere n tdeckt. Da war sie vollkom m en üb e rwachsen, doch m ittlerweile hat man auf einer Fläche von 45 Morgen bei Ausgrabungen Moscheen, Grabstätten, H äuser und einen prächtigen Palast freigelegt. Auf den Mauerruinen laufen Aff e n herum und behalten die Besucher diskret im Auge. Im m e r noch scheint die Stätte halb dem Dschungel zu gehören, m ächtige Affenbrotbäu m e recken sich dort e m por, wo si ch ein m al eine belebte Straße oder je m andes Wohnz i mmer befand. Als abends lange Sonnenstrahlen durch den Wald fielen, war
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