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Mein Afrika-Tagebuch

Mein Afrika-Tagebuch

Titel: Mein Afrika-Tagebuch
Autoren: Bill Bryson
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lang frühe Menschen der nicht unerheblichen Mühe, große Brocken Quartz und Obsidian zu sammeln, sie m eilenweit durch eine brütend heiße Landschaft zu transportieren u n d auf diesem zehn Morgen großen Gelände Faustkeile daraus zu schlagen. Ja, m ehr noch, bei den Ausgrabungen stellte sich heraus, dass es einen Bereich gab, in d e m die Keile hergestellt und einen anderen, in dem die stu m pf gewordenen wieder g eschärft w urden. Es war alles picobello organisiert.
    Heute liegen Tausende und Abertausende dieser Steinwerkzeuge überall in Olorgas a ilie einzeln oder in Haufen heru m , liegengelassen vor H underttausenden von Jahren von Vorfahren, die von uns so w e it entfernt sind, dass m an sie noch nicht ein m al als Homo sa p iens bezeichnet. Eine erstau n l iche Stätte. E i g enartig ist überdies, dass dort nie m enschliche Überreste gefunden wu r den. W i r können nur raten, wer diese frühen Menschen w aren.
    Das alles weiß ich, w e il uns ein sehr kluger, enthusiastischer junger Mann vom Ken i anischen National m useum dort h e rumführte. Obwohl Jillani Ngalla offenbar alles wusste, was m an über Olorgasailie, Acheuléen-Faustkeile, den Ostafrikanischen Graben und die frühen Ho m i niden wissen m uss, wirkte er schrec k lich jung für eine Autorität auf d e m Gebiet. Ich fragte ihn, wie lange er schon Paläontologe sei.
    »Ich bin g a r kei n er«, s agte e r f rö h lich. » Ich will e r s t einer werden. Ich habe auch schon die Zulassung für die Universität von Pretoria«, fuhr er nicht ohne Stolz fort, »aber leider fehlt m i r das notwendige Geld.«
    » W ieviel k o stet es denn?«, fragte ich.
    »10.000 US-Dollar.« E r schaute m i ch so entschuldigend an, als hätte er zehn Millionen gesagt.
    »Und haben Sie die Hoffnung, dass Sie das Geld irgendwie auftreiben ? «, fragte ich.
    »So wie es im Mo m e nt aussieht«, erwiderte er und dachte eine Minute nach, »nein.«
    Am frühen Abend begaben wir uns zu dem eher bescheidenen Hauptbahnhof in N a irobi, um m it dem Schlafwagenzug nach Mombasa zu fahren. Kenya Railways pflegt die Tradition, ihre Fahrgäste u m zubringen. Bei Unfällen m i t ihren Zügen sind allein in den vergangenen zehn Jahren m ehr als 200 Menschen u m gekom m en. 1999 ereig n ete si c h das M a lh e ur, das in l e tzt e r Zeit a m meisten Aufsehen erregt hat. Der Nachtzug Nairobi-Mo m basa sprang im Tsavo National Pa r k, an einer Stelle m it dem vielsagenden N a m en »Menschenfresserknotenpunkt«, aus den Gleisen und 32 Menschen starben.
    Das Personal m achte Bre m sversagen verantwortlich. Kenya Railways m achte das Personal verantwortlich. Keiner weiß, was wirklich geschah. Im Jahr darauf verloren innerhalb von vier Tagen noch ein m al über 30 Leute bei zwei Unfällen ihr Leben; beide Male hatten sich die Züge selbststän d ig g e m acht. Bei der aller s c h lim m sten Katastrophe stürzte 1993 ein Zug von Nairobi nach Mo m basa von einer Brücke in den Krokodil verseuchten Fluss Ngai Ndeithay und 140 Fahrgäste starben. Ngai Ndeithay b e deutet in Swahili »Gott steh uns bei«, was eigentlich kein ungeeignetes Motto für Kenya Railways selbst wäre. Jedenfalls wurde dieser Zug fast von Anfang an Irrenexpress genannt. Ich weiß gar nicht, warum.
    Der Menschenfresserknotenpunkt heißt übrigens so, weil während des Baus der Strecke 1898 etwa 140 indische Arbeiter von zwei Löwen geschnappt und gefressen wurden (und »Indisches Essen zum Mitneh m en« eine völlig neue Bedeutung erhielt). D e r Chefingenieur der Eisenbahngesellschaft, ein Ex-Militär na m ens Lt. Col. John H. Patterson, versuchte m o natelang, die Löwen in eine Falle zu locken (wobei er oft – v e rständlicherweise zögernde – Inder als Köder benutzte), schaffte es aber nic h t. Bei einer denkwürdigen Gelegenheit saß ein kleiner Angestellter, C. H. Ryall, die ganze Nacht in einem offenen W aggon, das Gewehr auf einen riesigen Köder davor gerichtet, nickte aber leider ein. D i e Löwen ignorierten den Köder und nah m en stattdessen den ar m en Ryall.
    Nach neun Monaten vergeblichen B e m ühens brachte Patterson Anfang Dezember endlich eine der Bestien z u r Strecke. Drei W ochen später scho s s er die zweite an und verwundete sie, doch sie entkam in den Busch. Be i m ersten Tage s lic h t am nächsten M o rgen folgte Patterson der Blutspur bis zum Untersch l upf des Löwen. Obwohl der schwer verwundet war, griff er an. Patterson feuerte beide Läufe seiner Büchse auf ihn ab, doch zu
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