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Mein Afrika-Tagebuch

Mein Afrika-Tagebuch

Titel: Mein Afrika-Tagebuch
Autoren: Bill Bryson
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»Aber es gibt keine Arbeit und so m it kein Geld. Und ohne Geld kann m an seine Kinder nicht zur Schule schicken. W enn m an aber in der Stadt hart arbeitet und Glück hat, kann m an seinen Kindern eine Ausbildung geben und ihnen vielleicht ein besseres Leb e n ermöglichen. Alle sind wegen ihrer Kinder hier.«
    » W irklic h ? «
    »O ja, die meisten jeden f alls.«
    Kentice hatte zugehört und nickte zustim m end. »Gleich dort«, sagte sie und deutete über ein paar Dächer, »ist die Oly m pic-Grundschule. Und wissen Sie, es ist die beste Grundschule in ganz Kenia.«
    »Tatsächlich ? « Ich war beeindruckt.
    Sie nickte ernst. »Drei der acht besten Grundschulen im Land sind hier in Kibera. Leute außerhalb Kiberas versuchen ihre Kinder in d i ese Schulen zu kriegen, weil sie so gut sind.«
    Sie hörte gar nicht auf zu nicken. »Die Leute hier tun alles Menschen m ögliche, da m it ihre Kinder ein besseres Los haben als sie.«
    »Dann ist es nicht vollkom m en hoffnungslos?«, fragte ich.
    Kentice la c hte la u t. » Nein, nein, in Kenia haben wir im m er Hoffnung«, sagte sie.
    D a m it der Kontrast zu Kibera auch vollends zur Geltung ka m , f uhren wir nach m ittags an den W estrand der Sta d t – durch einen Baum bestandenen Vorort nach dem anderen, und alle erinnerten m ehr an Guildford oder W eybridge als an Afrika. Unser Ziel war ein fr ü her ein m al nur W eißen vorbehaltenes Gebiet na m ens Karen, dessen bekannteste Bewohnerin, wenn auch zufällig, e b enfalls Karen hieß. Ich m eine natürlich Karen B lixen, die mit Je n seits von Afrika berüh m t geworden ist.
    W ir besuchten den Karen Blixen Coffee Garden, der um ein altes F ar m haus angelegt ist, das ein m al zu ihrer Kaffeeplantage gehörte und nun e i n beliebtes Ausflugsziel für Sonntags m ittagsgäste ist. Nach Kibera hätte m an wahrscheinlich alles schön gefunden, aber das hier war beinahe sch m erzlich schön. Im Fa r m haus war ein opulentes, abwechslungsreiches Büfett gedeckt, draußen standen auf einer großen schattigen Rasenfläche Tische all e r Größe n , an denen sich haupt s ä c hlich weiße Fa m ilien gütlich taten. Zu Kolonialzeiten konnte es kaum anders gewesen sein.
    Nach d e m Lunch schlenderten wir ein paar hundert Meter die Straße hoch zu Blixens Haus, in dem ein Großteil von Jenseits von Afrika gedreht wurde. Die Privat g eschichte K a ren Blixens i n tere s si e rte m ich zwar nicht sonderlich, aber m an bek a m einen interessanten Einblick in den Lebensstil der Privilegierten in der Kolonial z eit – die nicht zu f ällig n ur kurz währte, et w a sechzig J ahre. Blixen selbst v e rbr ac hte le d iglich siebzehn Jahre in Kenia, kaum ei n Fünftel ihres Lebens. W i e d e m auch sei, das Haus und die Anlagen waren herrlich und m an hatte weite Blicke auf Blixens geliebte, blaue Ngong-Berge. Mein aufregendstes Erlebnis aber war, dass ich auf dem Rückweg zum Au t o m einen ersten Ma s ai sah. Ein junger Mann m it einem langen Spazierstock, eine rote Stoffbahn um Taille u n d Schulter geschlunge n , lief m i t großen Schritten auf der anderen S t raßenseite vorbei. E s war grotesk irreal, das Urbild eines Afrikaners durch diese kleine, abgelegene E cke der Grafschaft Surrey schreiten zu sehen.
    » W as m acht er denn da?«,fragte ich verblüfft.
    Kentice schaute m i ch leise verwundert an. »Er lebt hier«, sagte sie. »Es ist sein Land.«
     

Montag 30, September
     
    A Kentice wusste, dass ich m i ch (wegen ein e s Buches, an dem ich arbeitete) für Vor- und Ur m enschen int e res s ie r te, hatte sie einen Besuch im National m use u m arran g iert. Dort re d et e n w i r m it Dr. Em m a Mbua, der zierlichen, fröhlichen Che f -Paläanthropologin. Hauptsächlich dank der Bemühungen zweier Generationen der Fa m ilie Le a key besitzt das Muse u m die beste Kollektion früh m enschlicher Überreste, die es gibt.
    Es geschieht extrem selten, dass ein m en s chlicher Knochen fossiliert – nur e i ner von einer Milliarde – und noch seltener findet m an einen. Man könnte alle Knochen der e rsten M enschen, d ie m an je ent d eckt h at, l e i c ht in den Laderaum eines kleinen Lie f erwage n s packen. Wenn m an auch noch den letzten Zahn oder alten Knochensplitter m itzählt, tragen n u r etwa 5 0 00 Indi v i d uen zum m enschlichen Fossilienbestand bei. 500 davon befinden sich im Keniani s chen National m useum in einem zu Recht so genannten Tresorraum, der ein wenig überdi m ensional geratenen Version eines
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