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Medicus von Konstantinopel

Medicus von Konstantinopel

Titel: Medicus von Konstantinopel
Autoren: C Walden
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kam Wolfhart sein Klang vertraut vor. Er konnte aber nicht sagen, wieso.
    »Bald tot«, sagte Theofanos.
    »Ja«, murmelte Wolfhart.
    Theofanos führte ihn durch einen engen Durchgang zwischen zwei Säulen. Dann fuhren sie durch eine Art Tor, das so niedrig war, dass man sich bücken musste. Sie gelangten in ein Gewölbe, dessen Wände mit Fresken versehen waren, deren Farbe abblätterte. Ein uraltes Bad, das anscheinend seit langer Zeit überflutet war. Schließlich kamen sie an eine Treppe, die halb unter Wasser stand. An einem in die Wand eingelassenen Eisenring, der ursprünglich wohl als Haltegriff gedient hatte, war die Barke vertäut worden, mit der Timon und Cagliari hierhergekommen waren.
    »Hier!«, sagte Theofanos und fügte noch ein paar Worte hinzu, die Wolfhart nicht verstand.
    Sie machten ihr Boot ebenfalls an dem Ring fest und stiegen aus. Mit den Fackeln in der Hand gingen sie die Treppe hinauf und kamen zu einer offen stehenden Tür. Im Inneren des Raumes, der dahinter lag, brannten Fackeln. Öllampen hingen an Seilen von der Decke herab. Man konnte ihre Höhe mithilfe von Flaschenzügen verändern, um die Helligkeit zu regulieren. Sie beleuchteten einen Tisch, an dem Meister Cagliari mit Tinte und Feder vor einem Codex saß, in dem er offenbar genauestens über alles Buch führte, was hier gelagert wurde. Ungezählte mit Pech versiegelte Behälter standen in Regalen. Seit Jahren musste der große Medicus hier seine Präparate aufbewahrt und katalogisiert haben. Neben den Behältern für die Pestflöhe fielen Wolfhart auch Gefäße aus Glas auf, deren Inhalt ihn schaudern ließ. In Öle eingelegte Organe von sezierten Pesttoten, so vermutete er.
    Der entstellte Timon stand auf einer Leiter schon beinahe unter der Decke. Er musste offenbar die neuen Behälter an ihren Ort bringen.
    Als Cagliari Wolfhart und Thefanos bemerkte, schnellte er hoch. »Was soll das? Wer hat Euch erlaubt hierherzukommen?«
    »Ich selbst habe es mir erlaubt!«, erwiderte Wolfhart. Er nahm die Axt und zerschlug die mit Öl gefüllte Schale einer der Lampen. Sofort breitete sich Feuer aus und kroch über den Boden.
    »Wahnsinniger!«, rief Cagliari, während Wolfhart einen Satz machte und die nächste Schale zertrümmerte. Der Meister-Medicus zog das lange Messer, das er am Gürtel trug, und wollte sich auf Wolfhart stürzen. Doch Theofanos warf sich mit einem Schrei auf Cagliari und warf ihn zu Boden. Die Kleidung beider fing Feuer, während sie sich durch das brennende Öl wälzten. Sie schrien gleichermaßen vor Wut und Schmerz.
    Der entstellte Timon war inzwischen die Leiter herabgestiegen. Mit einem Wutschrei stürmte der unglaublich kräftige Mann auf Wolfhart zu. Dieser hatte unterdessen die Regale erreicht. Er riss an ihnen und brachte eines davon zum Einstürzen. Timon wurde darunter begraben.
    Mittlerweile brannten Theofanos und Meister Cagliari lichterloh. Ihre Körper waren kaum noch zu unterscheiden, dann bewegten sie sich nicht mehr. Im Tode hatte Theofanos den Hals des Medicus umklammert gehalten und nicht mehr losgelassen, während ihm von seinem Gegner das Messer in den Leib gerammt worden war.
    Der Rauch biss Wolfhart in den Augen. Er konnte kaum noch atmen. Einen Moment blickte er noch zurück, dann lief er davon, taumelte schließlich hustend die Treppe hinunter und löste das Seil, mit dem seine Barke vertäut war.
    Während Wolfhart zwischen den Säulen hindurchruderte und versuchte, sich ohne Theofanos’ Hilfe zu orientieren, dröhnte der dumpfe Donnerschlag der Geschütze und ließ die gesamte Zisterne in ihren Grundfesten erzittern.
    Rauch waberte über das Wasser. Nicht mehr lange, und die Brände, die Wolfhart gelegt hatte, würden die Unterwelt dieser Stadt in einen wahrhaften Höllenort verwandeln. So habe ich in gewisser Weise gemäß Cagliaris Überzeugung gehandelt, wonach die Hölle mit den Mitteln der Hölle bekämpft werden muss!, ging es Wolfhart schaudernd durch den Kopf.
    Mehr einer Ahnung oder einem vagen Gefühl folgend, fand er schließlich den Eingang zum Verlies der zum Tode Verurteilten, die Fausto Cagliari für seine Versuche gedient hatten.
    Irgendwie hatte Wolfhart das Gefühl, er müsse nachsehen, wer hier so verzweifelt geschrien hatte. Er legte an. Der Bottich, den die Zwillinge nach der Reinigung der Räume zurückgelassen hatten, stand noch immer dort.
    Wolfhart steckte seine Fackel in einen der Eisenringe im Mauerwerk und versuchte, die verriegelte Tür zu öffnen, was
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