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Meckerfritz - 3: Bissige und ironische Betrachtungen des Alltags. (German Edition)

Meckerfritz - 3: Bissige und ironische Betrachtungen des Alltags. (German Edition)

Titel: Meckerfritz - 3: Bissige und ironische Betrachtungen des Alltags. (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lutz Spilker
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in allem den Vortritt, also auch beim Baden. Schmutzig, im Sinne von dreckig, wurden wir eigentlich nicht. Wovon auch. Damals wohnten wir in Duisburg und ein gekacheltes Bad mit Wanne stand bei vielen Leuten bloß auf dem Wunschzettel.

Mit beiden Händen hielt ich mich links und rechts am Rand der Zinkwanne fest. Unter mir war der Wannenboden, ich saß schließlich auf ihm, aber das Festhalten gab mit so etwas wie zusätzliche Sicherheit. Niemals schwankte mein „Schiff“ und niemals ging ich „über Bord“. Aber ich hielt mich fest. Manchmal rutschte ich ab und meine Fingernägel glitten an der Wannenwand herab.
     
    Nur der Gedanke daran, lässt heute noch diese für mich unangenehmen Schauer über meinen Rücken laufen. Es sind diese Erinnerungen an diese Momente, an denen man lieber nicht dort gewesen wäre. Überall wäre man lieber gewesen, bloß nicht mit den Fingernägeln an der Wand einer Zinkwanne, in der man mehr oder weniger wehrlos saß. Wahrscheinlich hielt ich mich ob der vermeintlichen Wehrlosigkeit links und rechts fest. Eine Demonstration meiner Autarkie, die man als Dreikäsehoch für sich beansprucht.

Die vorherige Nutzung des Wassers durch meinen Bruder machte mir nichts aus und rückblickend stelle ich fest, dass es nie in mein Bewusstsein trat. Demzufolge habe ich ihn auch nie gefragt, ob er jemals ins Wasser gepinkelt hat. Dieses Defizit löst weder Panik noch Ekel bei mir aus, damals rannte man nicht mit einer Probe des Badewassers zum nächsten Labor. Kleopatra badete in Eselsmilch. Nomen est omen…

Meine vermeintliche Wehrlosigkeit erlebte ihren Höhepunkt, als ich mir mit einem Waschlappen die Augen zuhalten sollte. Die Reste, die vom Waschen meiner Haare an Shampoo oder Seife zurück geblieben waren, wurden nun rausgespült und diese Zeremonie flößte mir immer wieder Respekt ein.
     
    Zum einen musste ich meine Hände vom Rand nehmen und mir den zu einer chinesischen Frühlingsrolle geformten Waschlappen vor die Optik pressen, und zum anderen entsprach die Temperatur des Wassers, welches jetzt zum Einsatz kam, nie den Erwartungen meiner Kopfhaut. Überdies empfand ich wieder dieses scheußliche Gefühl der Wehrlosigkeit, da ich in dem Augenblick nichts sah und dieser Moment scheinbar nicht enden wollte. Heißes Wasser strömte über mein Haupt und schien die Kopfhaut lösen zu wollen. Der Waschlappen arbeitete verlässlich und wahrscheinlich hielt ich die Luft an.
     
    Entweder sprach man zu mir oder ich merkte es an irgendwelchen Geräuschen, es war vorbei, ich war sauber, ich durfte vorsichtig aufstehen und wurde in ein Badetuch eingewickelt. Auch meine beiden Arme steckten in diesem Tuch und machten – rein optisch – aus mir eine Mumie. Mein Bruder saß schon da, irgendwo, ich weiß es nicht mehr. Mich pflanzte man daneben und wir klapperten mit den Zähnen um die Wette.

Es war nicht kalt und wir froren nicht, aber mit den Zähnen konnten wir klappern. Die Haare waren gekämmt und die Arme waren wie gefesselt im Badetuch eingewickelt. Wehrlos kam ich mir schon wieder vor. Ich habe meinen Bruder nie gefragt, ob er sich auch wehrlos fühlte, als wir zähneklappernd nebeneinander saßen und unsere Arme unter dem Badelaken nicht bewegen konnten.

Dick werden und bleiben
     
    Wie man schlank wird, liest man täglich und die Diät-Rezepte überschlagen sich an Vielfalt. Ob man nach einer Schlankheitskur auch schlank bleibt, findet man nicht so gerne beschrieben, hier liest man etwas von Jojo-Effekt. Es soll jedoch Menschen geben, denen diese nicht enden wollende Schlankheitswahn-Kampagne zum Halse heraus hängt und dick werden und bleiben wollen.

Wo sind die Bestseller mit den Dickmach-Rezepten? Wo sind die DVD’s mit den gymnastischen Anleitungen, den ganzen Tag regungslos auf dem Sofa zu liegen, um bloß keine Kalorie zu verbrennen? Gähnende Leere in den Regalen, Konsumverweigerung der besonderen Art. Hier wird der Gürtel nicht enger, sondern etliche Loch weiter geschnallt, hier wird die Badezimmerwaage zum begehrten Objekt für eBay.

Dicke Berta oder Vetter Fritz.
     
    Dicke sind lustig, fühlen sich wohl, haben gesunden Appetit und regelmäßigen Stuhlgang, sind sexuell keineswegs abstinent, können ihre Zehen nicht sehen, aber sind rundherum zufrieden. Sagen sie jedenfalls. Sie passen nicht immer durch jede Türe und Rolltreppen bleiben manchmal stehen, Fahrstühle neigen bei derlei Stresstest auch zur Funktionsverweigerung, aber Dicke fühlen sich keineswegs

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