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McCreadys Doppelspiel

McCreadys Doppelspiel

Titel: McCreadys Doppelspiel
Autoren: Frederick Forsyth
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gesehen?«
    »Aber nein, ich glaube nicht«, sagte sie sanftmütig.
    »Ich erlaube mir, das anzuzweifeln, ma’am. Sie haben nämlich eine. Den alten Dienstrevolver Ihres verstorbenen Ehemannes. In der Vitrine dort drüben. Und ich muß ihn leider als wichtiges Beweisstück sicherstellen.«
    Er wandte sich ab und ging zu der Glasvitrine. Alles war da - die Orden, die Rangabzeichen, die lobenden Erwähnungen in Tagesbefehlen, die Insignien. Allerdings war die Anordnung verändert. Hinter ein paar von diesen Erinnerungstücken waren ganz schwach Ölspuren an der Stelle zu erkennen, wo früher ein anderer Gegenstand gehangen hatte. Hannah drehte sich um.
    »Er ist verschwunden - wohin, Lady Coltrane?« fragte er, mühsam beherrscht.
    »Lieber Mr. Hannah, ich weiß wirklich nicht, wovon Sie sprechen.«
    Es war schlimm für ihn, wenn er einen Fall nicht lösen konnte, und er spürte, daß ihm dieser langsam entglitt. Der Revolver oder ein Zeuge; er brauchte entweder das eine oder das andere. Weit draußen vor den Fenstern dunkelte die See im vergehenden Licht. Irgendwo dort draußen lag, das stand für ihn fest, in der Tiefe des Meeres geborgen ein Webley 4.55. Mit Ölspuren ließ sich kein Prozeß gewinnen.
    »Er war dort, Lady Coltrane. Am Donnerstag, als ich Sie besuchen kam. Dort in der Vitrine.«
    »Nein, Sie müssen sich getäuscht haben, Mr. Hannah. Ich habe nie einen. Wembley gesehen.«
    »Webley, Lady Coltrane. Wembley - dort wird Fußball gespielt.«
    Er hatte das Gefühl, daß er dieses Spiel mit null zu sechs verlieren werde.
    »Mr. Hannah, wessen verdächtigen Sie mich eigentlich?« fragte sie.
    »Ich verdächtige niemanden, ma’am. Ich weiß, was sich abgespielt hat. Der Beweis ist eine andere Sache. Am vergangenen Donnerstag, ungefähr um diese Zeit, hat Firestone Sie mit Ihrem Rollstuhl in den Transporter gehoben, so wie am Sonnabend zu Ihrer Einkaufsexpedition. Ich dachte vorher, daß Sie vielleicht nie das Haus verlassen, aber mit Firestones Hilfe können Sie es natürlich.
    Er hat Sie hinunter in die Gasse hinter der Botschafterresidenz gefahren, aus dem Wagen gehoben und mit seinen Pranken das Schloß von der Stahltür abgerissen. Ich hatte gedacht, dazu wären ein Landrover und eine Kette nötig gewesen, aber natürlich hat Firestone es geschafft. Ich hätte das sehen müssen, als ich ihn kennenlernte. Es ist mir entgangen. Mea culpa.
    Er hat Sie durch die offene Tür geschoben und Sie dann allein gelassen. Vermutlich hatten Sie den Webley im Schoß liegen. Er mag eine Antiquität gewesen sein, aber er war die Jahre über immer wieder geölt worden, und er war geladen. Mit einem kurzen Lauf hätten Sie Sir Moberley nie getroffen, nicht einmal, wenn Sie die Waffe mit beiden Händen gehalten hätten. Aber der Webley hat einen sehr langen Lauf, ist sehr zielgenau.
    Und Revolver waren für Sie nicht gerade etwas Neues. Sie haben, sagten Sie, Ihren Mann im Krieg kennengelernt. Er war verwundet worden, und Sie pflegten ihn. Und das war in einem Lazarett der Resistance im besetzten Frankreich. Er war beim britischen SOE, und Sie, nehme ich an, beim amerikanischen OSS.
    Der erste Schuß ging daneben, und die Kugel schlug in die Mauer ein. Die zweite Kugel hat ganze Arbeit geleistet, blieb dann aber in einem mit Lehm gefüllten Blumenkorb stecken. Darin habe ich sie gefunden. London hat sie heute identifiziert.
    Sie ist nicht zu verwechseln. Eine solche Kugel konnte nur aus einem Webley 4.55 kommen, wie Sie ihn in dieser Vitrine hatten.«
    »O je, mein armer Mr. Hannah. Es ist eine wunderbare Geschichte, aber können Sie sie beweisen?«
    »Nein, Lady Coltrane, das kann ich nicht. Dafür würde ich die Waffe oder einen Zeugen brauchen. Ich wette, Sie und Firestone sind von mindestens einem Dutzend Leute in dieser Gasse gesehen worden, aber keiner von ihnen wird auspacken. Nicht auf Sunshine. Nicht gegen Missy Coltrane. Aber zwei Dinge gehen mir im Kopf herum. Warum diesen unsympathischen Gouverneur umbringen? Wollten Sie die Polizei hier haben?«
    Sie schüttelte lächelnd den Kopf.
    »Die Medien, Mr. Hannah. Die Schnüffelhunde mit ihren ewigen Fragen, ihrer ewigen Suche nach Hintergründen. Immer voll Argwohn gegen alle, die in der Politik tätig sind.«
    »Ja, natürlich, die Spürhunde von den Medien.«
    »Und was geht Ihnen noch im Kopf herum, Mr. Hannah?«
    »Wer Sie gewarnt hat, Lady Coltrane. Am Dienstagabend haben Sie den Revolver wieder in die Vitrine gehängt. Er war am Donnerstag noch an seinem
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